1167 - Bettler des Vakuums
übersetzte.
Sira war fassungslos, aber dann stürzte sie ans Mikrophon, und zwischen ihr und dem Fremden entspann sich ein seltsamer Dialog: Keiner von beiden konnte vorerst verstehen, was der andere ihm mitteilen wollte, aber beide warteten stets höflich, bis ihr Gesprächspartner ausgeredet hatte.
Cobanor wußte aus Erfahrung, daß es sehr lange dauern würde, bis Sira und der Fremde einen Weg der Verständigung gefunden hatten. Daran konnte auch der Translator nichts ändern, der die Laute des Giganten speicherte und auswertete. Körperform, Metabolismus und Lebensweise dieses Wesens waren so fremdartig, daß es fast keine Gemeinsamkeiten zwischen dem Giganten und den Raumfahrern gab. Der Arkonide beschloß daher, die Zeit zu nutzen, indem er ein paar Stunden schlief.
Cobanor gehörte nicht zu jenen beneidenswerten Menschen, die überall und jederzeit binnen weniger Sekunden einzuschlafen vermochten. Er hatte jedoch schon vor langer Zeit gelernt, sich in eine Art Trance zu versetzen, indem er die Kontrolle über seine Gedanken und damit das bewußte Denken an sich ausschaltete und sich jenen Bildern überließ, die das nun von der Kandare des Verstandes befreite Hirn auf Cobanors Netzhäute zauberte. Anfangs pflegten diese Bilder wild durcheinander zu purzeln; dann wurden sie statisch und zogen in langsamem Wechsel vorüber, bis eines von ihnen scheinbar zum Leben erwachte und zu einem Traum wurde. Diese Übung gedachte Cobanor auch jetzt zu absolvieren, und darum legte er sich hin und schloß die Augen.
Das wirre Kaleidoskop sich überschlagender Bilder in der ersten Phase ging vorüber, die statischen Bilder kamen, und Cobanor ließ sie an sich vorüberziehen, ohne den Versuch zu unternehmen, sie zu deuten oder sonst über sie nachzudenken. Er war dem Schlaf schon sehr nahe - und unvermittelt versank er in einen Traum.
Er schwamm im Weltraum, wie ein Fisch im Wasser schwimmt, und sein Verstand wisperte ihm zu, daß das unmöglich war und daß er Furcht empfinden sollte. Aber er fühlte sich wohl in dieser Leere und schwamm im Meer der Sterne glücklich dahin. In ihm war die Erinnerung an Not, Leid, Trauer und Zerstörung, aber er wußte, daß das vorbei war. Er war frei, und er genoß seine Freiheit. Allmählich wurde ihm bewußt, daß er nicht alleine War. Andere von seiner Art waren bei ihm, und diese anderen waren ebenso frei wie er. Übermütig begannen sie ein Spiel, und Cobanor nahm an diesem Spiel teil.
Manchmal sah er Sonnen, die sich aufblähten und ihre Planeten samt deren Bewohnern zu Schlacke und Asche verbrannten, und er empfand Mitleid und das Bedürfnis zu helfen, aber er konnte nichts tun, und so verdrängte er derartige Gefühle und empfand Schuld bei dem Gedanken an seine eigene Freiheit. Dann sah er etwas, das düster und gefährlich war, und er wich diesem Etwas aus. Er beobachtete es aus der Ferne, sah, wie es wuchs und immer stärker wurde, und wich furchtsam zurück. Seine Freiheit schmolz dahin, und mit ihr verging das Glück. Das Meer der Sterne, in dem er schwamm, verlor seinen Glanz, denn düstere Strahlen schnitten hindurch. Diese Strahlen erfaßten die belebten Inseln im Sternenmeer, die Planeten, auf denen andere, fremdartige Intelligenzen jener Freiheit entgegenstrebten, die er und seine Artgenossen erreicht hatten. Die düsteren Strahlen jedoch griffen auch nach denen, die frei waren, und aus dem glücklichen, freien Spiel wurde eine verzweifelte Flucht, ein endloses Versteckspiel, bis einer der düsteren Strahlen einen von Cobanors Artgenossen erfaßte.
Von da an war dieser eine nicht mehr frei, sondern ein Sklave, und dieser Sklave vergaß seinen Ursprung und sein Mitleid für all jene, die noch nicht imstande waren, seine Art von Freiheit zwischen den Sonnen zu erleben. Er wurde zum Mittelpunkt einer Horde von Dingern, die ihm zwar entfernt ähnlich sahen und teilweise auch Spuren von Leben in sich trugen, selbst jedoch tot waren und denen, die ihren Weg kreuzten, auch nichts anderes als den Tod zu bringen vermochten. Dem Ding am Ursprung der düsteren Strahlen gefiel das, denn so nützliche Sklaven ließen sich selten finden. Es wollte mehr davon haben, und so fingerte es geschäftig nach Cobanors Artgenossen und auch nach ihm selbst, und schließlich bekam dieses düstere Etwas einen Namen: Seth-Apophis.
Cobanor erinnerte sich nur selten an den ersten Traum, der der Prozedur der Entspannung folgte, denn normalerweise glitt er anschließend in tiefen Schlaf, und
Weitere Kostenlose Bücher