1169 - Pforte des Loolandre
erste Analyse. Bist du sicher, daß du ihn ausgerechnet jetzt brauchst?"
Über den Bordinterkom lief noch immer Perrys Botschaft, mit der er den Eindringling aufforderte, sich zu zeigen.
„Jetzt, in diesem Augenblick", antwortete Perry.
„Gut, du kannst ihn haben", resignierte Herth ten Var. „Irgendwann wirst du entscheiden müssen, was du notwendiger brauchst: Nachors Anwesenheit oder einen SubC-Scan."
„Ihr Ärzte denkt zu eingleisig", spottete Perry. „Die Lage ist vielschichtig, und jede Schicht verdient Aufmerksamkeit."
„Bleib mir mit deinen Schichten vom Leib", brummte der Ara und trennte die Verbindung.
Waylon Javier wurde benachrichtigt. Er sorgte dafür, daß die Suchaktion in den zwanzig Sektoren der BASIS abgebrochen und die Ausstrahlung des Aufrufs über Interkom unterbunden wurde. Außerdem ließ er die Kommandozentrale weitgehend evakuieren, so daß nur noch die wichtigsten Posten besetzt waren. Es war Perrys Absicht, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Chmekyr sich nicht beengt fühlte.
Eines ließ sich nicht verhindern: Als Perry mit seinen Begleitern in der Transmitterstation der Zentrale materialisierte, wandten sich die Köpfe. Neugierige Blicke musterten das Fremdwesen. Chmekyr indes ließ sich durch die Aufmerksamkeit, die er erregte, nicht beirren. Er sah sich ausgiebig um und bemerkte schließlich: „Recht imposant. Ein wenig altmodisch allerdings. Zuviel Substanz und zu wenig Zhakra."
Er sprach Armadaslang. Der Begriff „Zhakra" war Perry nicht geläufig. Er hätte einen Finger seiner Hand darauf verwettet, daß er ihn während der Hypnoschulung kein einziges Mal zu hören bekommen hatte. Unwillkürlich suchte sein Blick Sato Ambush. Das Gesicht des Pararealisten war steinern und undurchdringlich wie üblich.
Gucky und Fellmer Lloyd hatten sich bereits eingefunden. Chmekyr warf ihnen einen raschen Blick zu und verzog sein Gesicht zu einer jener Grimassen, die Erheiterung ausdrückten. Perry stutzte. War es möglich, daß er die besonderen Fähigkeiten der Mutanten erkannt hatte?
Waylon Javier hantierte mit gelassener, fast salopper Geschäftigkeit an seinem Abschnitt der Konsole. Die sensiblen Hände, von denen ein schwer definierbarer, bläulicher Schimmer ausging, flogen virtuos über die Kontrollen. Was um ihn herum vorging, schien Javier nicht zu beeindrucken. Er sah jedoch kurz auf und begegnete Perrys Blick. Ein kurzes, flüchtiges Nicken war das einzige Zeichen, daß er die unausgesprochene Aufforderung verstanden hatte. Die rechte Hand senkte sich auf eine Taste, durch deren Betätigung ein vorab gespeicherter Interkom-Ruf ausgelöst wurde.
Perry führte den fremden Besucher in den halbkreisförmigen Innenraum der Kommandokonsole. Chmekyr sah auf. Ein Zug der Ungeduld zeigte sich in seinem faltenreichen Gesicht.
„Ein bestimmtes Mitglied deiner Besatzung wolltest du mir vorführen", nörgelte er. „Wo ist es?"
Als hätte er mit seiner Frage ein Stichwort gegeben, erschien Nachors hochgewachsene Gestalt unter dem Ausgang der kleinen Transmitterstation. Der Einäugige bahnte sich einen Weg durch die Aggregate und Konsolen, die in konzentrischen, terrassenförmig angeordneten Stufen den Mittelpunkt der Zentrale umgaben, und schritt auf die Kommandokonsole zu.
Perry ließ Chmekyr nicht aus den Augen. Der Fremdling hatte Nachor bemerkt. Zum ersten Mal, seit Perry ihn kannte, zeigte er sich aufmerksam. Es lag eine gewisse Spannung in seiner Haltung, während er den Armadaprinzen beim Näherkommen beobachtete. Aber auch Nachor schien in dem Gnomen, aus dessen Schädel vier graue Blüten an weißen Stängeln wuchsen, etwas Besonderes zu sehen. Seine Haltung war straffer als üblich, sein Schritt gemessen. Hochaufgerichtet kam er die wenigen Stufen herauf, die in den Innenraum des Konsolenrings führten.
Ohne die übrigen Anwesenden zu beachten, trat er vor Chmekyr hin.
„Ein helles Licht beleuchtet mein Gedächtnis", sagte er. „Ich kenne dich. Du bist der Pförtner des Loolandre."
*
Chmekyr machte eine hastige Geste mit einem seiner drei Arme. Es sah aus, als wäre es ihm nicht recht, daß Nachor ihn erkannt hatte.
„Gut, so viel weißt du also", quarrte er. „Aber wie steht's mit dem Rest deines Wissens?"
„Ich weiß, daß es vier Pforten gibt, die in den Loolandre führen", antwortete der Armadaprinz. „Wir werden sie alle durchschreiten."
Perry atmete auf. Allein Chmekyrs Anblick reichte offenbar aus, um Nachors Erinnerungen zu restaurieren.
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