117 - Die Pranke der Sphinx
Larrys Augen wurde es dunkel. Ein ungeheurer Lärm
entstand. Etwas traf Brents Schädel, schwer und hart wie Eisen.
Die Mumie trat zurück, als das Gold erneut ins Rutschen
kam.
X-RAY-3 war zwischen den Vasen und Statuen gefangen und
zur Bewegungslosigkeit eingeklemmt. Sein Bewußtsein schwand.
Was er als letztes wahrnahm, waren die gellenden Schreie
Franca Centis'. Sie hörten sich an, als hätte die junge Frau den Verstand
verloren.
Die Italienerin hatte alles mit angesehen. Sie wähnte
Larry tot und lief um ihr eigenes Leben. Kopflos stürzte sie in den
stockdunklen Gang zurück, aus dem sie gekommen war und lief immer an der Wand
entlang.
Entkommen! Nur nicht dieser schrecklichen Mumie in die
Hände fallen...
Aber dieser Wunsch erfüllte sich nicht.
Yson-Thor kannte hier jeden Winkel und jede Ecke. Für ihn
war dieser Irrgarten kein Geheimnis.
Franca wußte nicht, wohin sie lief. Schon einmal waren
sie im Kreis geflohen und hatten es nicht bemerkt.
Das sollte nicht wieder vorkommen.
Doch hier in der Dunkelheit fiel ihr jede Orientierung
schwer. Schon sehr bald erkannte sie nicht mehr, ob sie nach links oder rechts
abgebogen war, ob sie noch geradeaus lief oder bereits wieder den Weg zurück.
Sie wußte nicht, woher sie die Kraft nahm, noch auf den Beinen zu stehen und zu
laufen, aber sie merkte: ich torkele mehr und schleppe mich dahin, als daß ich
renne.
Sie konnte keine Kräfte mehr mobilisieren, weil sie keine
mehr hatte.
Plötzlich prallte sie gegen eine Wand.
Morsch knisterte es vor ihr. Dieser faulige, unangenehme
Geruch!
Eine eisige Hand schien plötzlich ihr Herz zu umfassen.
Sie warf den Kopf hoch und sah das unheimliche Glosen in
den Augen eines Wesens, dem sie genau in die Arme gelaufen war ...
Die Mumie! Sie stand vor ihr!
Franca Centis' Körper schien zur Salzsäule zu erstarren.
»Nicht.. .. nein ...«, gurgelte sie. »Tu' mir nichts ...
du bist doch mein Vater!«
Schreien konnte sie nicht. Ihre Stimme war wie ein Hauch.
Die schöne Italienerin erinnerte sich an das, was sie mit Larry Brent
besprochen hatte. Die Seele ihres Vaters war in diesem schrecklichen Leib
gefangen. Diese Seele aber mußte sie doch erkennen.
Erneut in der Gewalt der Mumie! Franca Centis war es, als
bliebe ihr Herz stehen.
Das alles war zuviel für sie.
Sie verdrehte die Augen, und die bandagierten, modrigen
Arme fingen sie auf...
Ja, ich bin dein Vater, dachte die Mumie. Die Seele des
gefangenen Mario Centis litt Höllenqualen.
Er wollte nicht tun, was er tun mußte. Er wehrte sich
dagegen, er kämpfte. Aber alles war zwecklos.
Die Mumie, der Wille Yson-Thors, der die Jahrtausende
überdauert hatte, zwangen ihn zum Handeln.
Ich will es nicht tun, ich muß. Franca, fieberte es in
ihm... Er fand alles, aber er konnte seine Gedanken nicht zum Ausdruck bringen.
Und das andere, das böse Magische, war so stark und überschwemmte wieder seine
Empfindungen und Absichten.
Ich muß heraus und die Ketten sprengen, die mich
gefesselt halten!
Aber wie?!
Wie ein Vampir hatte der Gott-König, der sich den
magischen Künsten verschrieb, seine Lebenskraft in sich eingesogen.
Er ließ ihn nicht mehr frei. Es sei denn — und dieser
Gedanke war gar nicht so absurd — Yson-Thor würde sich entschließen, die Seele
eines anderen Körpers zu übernehmen.
Konnte er, Centis, irgendeinen Einfluß darauf ausüben?
Dieser Gedanke wurde wieder überflutet von der Welle
bösen Einflusses, dem er sich nicht entziehen konnte. Die schrecklichen,
haßerfüllten Überlegungen Yson-Thors waren übermächtig, und die gefangene Seele
Centis' war nur ein winziges Schiff, das auf diesem Ozean der dunklen Gedanken
schaukelte.
Töten! Yson-Thors Leben war eine einzige Blutorgie
gewesen. Auch jetzt mußte er wieder töten, er konnte nicht anders, auch Centis'
Seele war dazu verdammt.
Nach Philip Owl und Larry Brent war nun Franca Centis an
der Reihe.
●
Der Mann hinter dem Schreibtisch in dem sachlich
eingerichteten Büro, das auffiel durch eine Vielzahl technischer Geräte und
Apparaturen, trug eine dunkle Brille.
Er war blind. Das graue, fast weiße Haar war gepflegt
gekämmt und die Haut war von jugendlicher Spannkraft, so daß X-RAY-1 und nur um
ihn handelte es sich —
jünger wirkte, als er in Wirklichkeit war.
Vor ihm auf dem Schreibtisch war ein Mikrofon
eingelassen, hier war verdeckt die Armatur untergebracht, welche die in
Blindenschrift gestanzten Folien ausstieß. Die beiden großen Hauptcomputer der
PSA
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