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1170 - Abgrund unter schwarzer Sonne

Titel: 1170 - Abgrund unter schwarzer Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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der Masse, die vom Innenrand der Akkretionsscheibe ständig in das Schwarze Loch stürzte, erweiterte sich dessen Ereignishorizont unaufhörlich. Wie weit waren wir von der kritischen Grenze, vom Rand des Abgrunds, entfernt?
    Meine Messungen waren nicht schlüssig. Die Instrumentation des Beiboots war wesentlich anspruchsloser als die des großen Raumschiffs. Aber soviel erkannte ich dennoch: Der Ereignishorizont war nicht mehr als ein paar tausend Kilometer -vielleicht zwölf, sicherlich nicht mehr als vierzehn - von uns entfernt. Distanzen dieser Größenordnung bedeutete wenig im Vergleich mit den Aktivitäten eines Schwarzen Loches. Es war nicht so, daß wir im Handumdrehen hätten verschlungen werden können. Der Absturz der Akkretionsmassen erfolgte kontinuierlich. Die kritische Grenze wuchs in derselben Weise, nicht etwa sprunghaft, nach außen.
    Was aber, wenn ein katastrophales Ereignis eintrat? Die Legende sprach von einem zerfallenden Schwarzen Loch. Ich wußte nicht, was ich mir darunter vorzustellen hatte, aber war es in einer Lage wie der unseren nicht einfach ein Gebot der Vernunft, unerwartete Entwicklungen in unsere Überlegungen miteinzubeziehen? Es genügte ein kleiner, scheinbar unbedeutender Zwischenfall, und wir verschwanden für immer hinter dem Ereignishorizont.
    Ich sprach Vajtti darauf an. Er ließ mich kaum zu Wort kommen. „Freiheit und Gerechtigkeit! Sie sind ganz in der Nähe. Ich kann es spüren. Ich sehe ihre Diademe leuchten ..."
    Da war kein Durchkommen. Eines der Orterbilder zeigte die restlichen Schiffe des Kreuzzugs und die zwanzigtausend Einheiten der Galaktischen Flotte, wie sie sich in respektvollem Abstand halbkugelfömig um das Schwarze Loch verteilten. Es war gut, sie in der Nähe zu wissen. Aber wenn der Höllenschlund sich plötzlich aufzublähen begann, würden auch sie uns nicht mehr helfen können. „Vergiß nicht", versuchte Sato Ambush mich zu beruhigen, „daß wir uns in einer Zone akut verschobener Wirklichkeit befinden. Du darfst nicht daran denken, daß uns ernsthafte Gefahr droht. Das Schlimmste, was uns zustoßen kann, ist, daß die zweite Pforte sich nicht vor uns öffnet."
    Auch das half mir wenig. Wenn er behauptet hätte, es drohe uns keine Gefahr, wäre ich geneigt gewesen, ihm zu glauben. Aber so wählte er seine Worte nicht, der schlaue Fuchs. Du darfst nicht daran denken, daß uns ernsthafte Gefahr droht, sagte er. Welch ein Trost!
     
    *
     
    Wir schwebten in wenigen Metern Höhe über die schwarzgraue Geröllwüste. Im Innern eines SERUNS hätte ich mich sicherer gefühlt, aber das war in diesem Augenblick eine rein akademische Überlegung. Wir hatten die Feldschirme eingeschaltet, die uns gegen die Hitze, die Übergröße Helligkeit und vor allen Dingen gegen den Hagel kosmischer Strahlung schützten. Ich trug eine suwische Waffe, deren Wirkungsweise auf dem Prinzip des Desintegrators beruhte, und ein Kommunikationsgerät, das Vajtti mir aufgedrängt hatte. Der Pararealist führte ein identisches Gerät mit sich, aber auf Bewaffnung hätte er verzichtet.
    Vor dem Aufbruch hatte ich auf Sato Ambushs Rat eine Denkpause eingelegt. „Du hast keine Zeit mehr, das Meditieren zu erlernen", hatte er gesagt. „Aber versuche immerhin, der Sache so nahe wie möglich zu kommen. Setz dich in irgendeine ruhige Ecke, schließ die Augen und gib dir Mühe, an nichts zu denken."
    „An nichts?" war meine erstaunte Reaktion gewesen. „An nichts", hatte er bestätigt.
    Ich war seinem Rat gefolgt. Es war mir nicht leichtgefallen. Mit geschlossenen Augen irgendwo zu sitzen und alle bewußten Gedanken zu verdrängen, ist eine anstrengende Sache.
    Man möchte sich bewegen, weil man nicht bequem sitzt und dieser oder jener Muskel zu schmerzen beginnt, aber das, hatte Sato gesagt, war strikt verboten. Es kommen einem alle möglichen Dinge in den Sinn, ob man will oder nicht, und es bedarf erheblicher Mühe und Konzentration, der Verstand „leer" zu halten, wie Sato es verlangt hatte. Aber schließlich ergriff eine Art aufsässiger Lethargie von mir Besitz. Ich hatte mich nun einmal auf diese närrische Idee eingelassen, und es wäre unfair gewesen, den Versuch vorzeitig abzubrechen.
    Ich vergaß die schmerzenden Muskeln, und die Gedanken, die ich ursprünglich nicht hatte fernhalten können, verschwammen in einer See der Gleichgültigkeit. Ich wurde ruhig. Ich hörte nicht einmal mehr den Lärm, den die aufbrechenden Suwi verursachten. Als Sato Ambush mich schließlich

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