1172 - Die Macht des Kreuzes
denn diesen Wagen brauchte er mit keinem Kollegen zu teilen. Da hatte er alles, was er brauchte, sogar eine später eingebaute winzige Dusche, und eine chemische Toilette stand ihm ebenfalls zur Verfügung. Bett, Tisch, zwei Stühle, ein schmaler Schrank, mehr brauchte er nicht. Und natürlich eine Lampe unter der Decke und eine zweite Leuchte, die er an den oberen Rand des Schranks geklemmt hatte.
Mirko dachte auch an die beiden Fremden, mit denen er kurz gesprochen hatte. Sie waren ihm sympathisch gewesen. Sowohl der Mann als auch die Frau hatten auf ihn einen vertrauenerweckenden Eindruck gemacht. Sie spielten nicht falsch, und er war froh, sie im Wagen seines Chefs zu wissen.
Er blieb in seinem.
Mirko saß auf dem Bett. Es bildete praktisch den Abschluss und stand quer. Über ihm zeichnete sich das einzige Fenster des Wagens ab. An der Rückseite war es angebracht und mehr breit als hoch. Gewissermaßen ein breiter Schlitz, der eine gute Sicht nach draußen zuließ.
Vor allen Dingen war der Winkel zu den beiden Raubtierwagen günstig.
Zwar konnte Mirko bei seinen Beobachtungen nicht liegen, aber es reichte ihm, wenn er kniete.
Er tat das, was man im Bett niemals tun sollte. Er rauchte eine dünne Zigarre. Dass hin und wieder Asche auf das Bett fiel, machte ihm nichts aus. Es störte ihn auch nicht der Qualm, den er produzierte. In seinem Reich fühlte er sich auch so wohl.
Es war nicht ruhig, auch wenn es so aussah. Über dem Platz lag eine seltsame Spannung. Die konnte man nicht sehen, man musste schon eine Nase dafür haben, und die hatte Mirko.
Er beobachtete seine Kollegen, wenn er sie mal sah und sie zu ihren Wagen gingen. Die meisten von ihnen hatten nichts mehr zu tun, beim Finale waren nur die Hauptakteure dabei. Später musste noch abgeräumt und etwas verändert werden, dann würden sie wieder hervorkommen.
Sie bewegten sich anders. Sie gingen zwar normal, aber sie schauten sich öfter um, als wären sie dabei, nach jemand Ausschau zu halten.
Was passiert war, hatte sich blitzartig herumgesprochen. Die ganze Wahrheit nicht, die kannten wohl nur wenige Personen, aber Gerüchte können manchmal schlimmer sein.
Mirko interessierte sich nur für Emily. Er suchte sie. Er wartete auf sie. Er hoffte, dass sie in seinen Sichtbereich geriet, damit er sie ansprechen oder auch nur verfolgen konnte.
Die Zeit verging, und sie zeigte sich nicht. Mirkos dünne Zigarre wurde immer kleiner, aber er war ein Mensch, der es gelernt hatte, Geduld zu haben, und so machte er sich wegen dieser Dinge keinen Kopf. Es würde etwas passieren, denn die Nacht war noch jung.
Emily war im Zelt aufgetaucht, doch niemand wusste, wohin sie verschwunden war. Sie war nicht wieder durch den offiziellen Eingang herausgekommen. Es gab sie praktisch nicht mehr. Sie war ein Phantom mit einem weiblichen Namen.
Plötzlich sah er sie!
So schnell, dass er sich selbst erschreckte und zusammenzuckte, wobei Asche von seiner dünnen Zigarre nach unten fiel, aber genau im Aschenbecher landete.
Er warf auch den Rest der Zigarre hinein, stellte den Blechtopf auf den Boden und brachte sein Gesicht wieder dicht an die Fensterscheibe.
Ja, sie war noch da!
Zwar hatte Emily ihren Standort gewechselt und hielt sich jetzt dicht neben einem Geländewagen auf, aber sie stand dabei den beiden Käfigwagen genau gegenüber.
Ihr Blick galt den Tieren. Das sah Mirko selbst in der Dunkelheit.
Licht erreichte Emily nicht. Es schwebte über ihrem Kopf hinweg und wurde von der Dunkelheit verschluckt.
Mirko verließ das Bett. Es brachte ihn nicht weiter, wenn er darauf hocken blieb. Er musste etwas unternehmen, aber er durfte nicht eingreifen. Zumindest nicht sofort.
In seinem Wagen brauchte er kein Licht zu löschen. Er hatte im Dunkeln gesessen und sich dabei sehr wohl gefühlt. Jetzt aber waren andere Dinge wichtig.
Sehr vorsichtig öffnete er die Tür. Nur einen schmalen Spalt. Gerade so weit, dass er nach draußen schauen und auch noch Emily White sehen konnte.
Sie stand noch immer am gleichen Platz. Der Blick war nach wie vor auf die Käfigwagen gerichtet, hinter deren Gittern sich die Körper der Tiere abzeichneten. Ihr Fell war dunkel. Sie gingen wie lebende Schatten. Ihre Augen leuchteten in verschiedenen Farben, und wenn sie ihre Pfoten aufsetzten, war es kaum zu hören.
Mirko behielt auch seine vierbeinigen Freunde im Auge. Er kannte sie gut. Er wusste, wann sie nervös und wann sie ruhig waren. Manchmal kam es vor, dass der Boss nicht
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