1172 - Die Macht des Kreuzes
zurückgeblieben. Er war in diesen Momenten nicht mal Herr über sich selbst.
Glenda wusste, was ich vorhatte. Trotzdem fragte sie. »Du willst raus, John?«
»Was soll ich sonst tun? Es muss eine Lösung geben. Egal, wie wir zu Emily stehen, es darf ihr auf keinen Fall gelingen, uns zu ihren Geiseln zu machen.«
»Dann warte ich.«
Auch Winter hatte uns gehört. Mit einer blitzschnellen Bewegung stand er auf. Ich sah, dass er etwas sagen wollte, aber ich ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Was immer Ihnen auch durch den Kopf gehen mag, Mr. Winter, behalten Sie es bitte für sich. Es gibt Dinge, die können Sie nicht beeinflussen.«
»Ja, aber…«
»Kein Aber, Mr. Winter. Es ist mein Job, verstehen Sie?«
Erst als Glenda ihm eine Hand auf die Schulter legte, nahm er wieder seinen Platz ein.
Ich zwinkerte ihr noch kurz zu und drehte mich herum. Die Gesichter hinter den Fenstern waren geblieben. Als ich mich durch die schmale Stelle in der Mitte des Wohnwagens drückte, da fragte ich mich, was mich draußen erwartete.
Licht und Gesichter!
Aber das Licht musste den gesamten Wagen umspannen wie eine mächtige Glocke. Wenn das so war, dann hatte sich Emily White in eine strahlende Person verwandelt.
Auch im vorderen Teil des Wohnmobils gab es Fenster. Dort entdeckte ich keine Gesichter hinter den Scheiben. Auch das Licht war dort so gut wie nicht vorhanden. Es zeigte sich nur als schwacher Schein.
Klar, es war ein Wagnis, den Wagen zu verlassen. Deshalb blieb ich auch noch vor der Tür stehen und atmete zunächst tief durch. Im Kopf spürte ich das Hämmern, und ich merkte auch den leichten Druck im Magen, der immer dann auftrat, wenn ich kurz vor einer entscheidenden Situation stand.
Die Türklinke bestand aus leichtem Metall. Ich drückte sie behutsam nach unten.
Ein kurzer Ruck, und die Tür schwang nach außen!
Das Licht war da. Es lag rechts von mir. Ich drehte den Kopf in diese Richtung. Für mich sah es aus wie ein großes und feingesponnenes Netz, das sich aus der Dunkelheit gelöst hatte und nun über dem Wohnmobil lag. Aber nur über ihm und nicht über den anderen Gebieten in der Nähe.
Wo steckte Emily?
Sie war weder rechts, ich sah sie auch nicht an der linken Seite. Mit einem etwas längeren Schritt verließ ich das Fahrzeug und drückte die Tür wieder zu. Glenda und auch Winter würden dort bleiben. So hatte ich keine Probleme mit ihnen und konnte mich voll und ganz um Emily kümmern.
Nicht nur sie war wichtig. Es gab auch noch andere Dinge, die mir auffielen. Der Platz, auf dem hier alles stand, kam mir wie ausgestorben und von allen Menschen verlassen vor. Die Wagen standen noch auf den gleichen Plätzen. Nicht weit entfernt hob sich der mächtige Schatten des Zeltes ab. Jetzt, wo so gut wie kein Licht mehr leuchtete, da erinnerte mich das Zelt an eine gewaltige Woge, die aus dem Meer gestiegen, dann erstarrt und nicht mehr zurück ins Wasser gefallen war.
Ein paar Lampen schaukelten am Zelt im Wind. Es war nicht mehr als eine Notbeleuchtung.
Die Mitarbeiter hatten sich regelrecht verkrochen. Es war keiner mehr unterwegs. Ich sah die Eingänge der künstlichen Gassen, und ich war froh, allein zu sein. Wären irgendwelche Menschen in der Nähe gewesen, hätte ich Angst um sie haben müssen. So aber konnte ich die Dinge etwas lockerer angehen.
So weit wie möglich drehte ich mich nach rechts und schielte dann hoch zum Himmel. Zwangsläufig nahm ich einen großen Ausschnitt wahr, aber mich interessierte nicht seine nächtliche Schönheit, sondern die Quelle, die das Licht absonderte.
Und die war nicht weit entfernt. Meine Theorie, die ich im Wagen gesponnen hatte, verdichtete sich nun.
Über dem Fahrzeug schwebte tatsächlich eine Lichtglocke. Sie bildete so etwas wie einen Trichter, der seine dünnste Stelle weit oben hatte und das breite Licht nach unten strahlte, wobei es sich auf ein einziges Ziel konzentrierte.
In der Quelle stand sie.
Emily war die Lichtgestalt, die über dem Wagen schwebte. Eine Person, die halb Engel und halb Mensch war. Die ich nicht richtig einschätzen konnte, die mich nicht als Feindin sah.
»Da bist du ja wieder, John…«
»Freust du dich?«
»Ja.«
Es hatte ehrlich geklungen. Sie schwebte als Geist über dem Wagen, der alle beherrschte. Sie war es, die hier kontrollierte, und die Helligkeit bildete ein gewaltiges Gewand.
Ich stellte eine weitere Frage. »Hast du dein Ziel jetzt erreicht? Bist du zu einem Engel geworden?«
»Noch nicht ganz. Wäre
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