1174 - Blut für Ludmilla
weiß es besser.«
Das Reden hatte Marek angestrengt. Ich sah auf seiner Stirn den Schweiß und riet ihm, eine Pause einzulegen.
»Nein, nein, bleib ruhig hier. Ich bin ja nicht todkrank oder schwer verletzt.«
»Für dich ist Ludmilla ein Vampir.«
»Ja. Und sie heißt Ludmilla Marek!«
Das hatte er mir schon am Telefon mitgeteilt, doch ich hatte bewusst nicht weiter gefragt. »Bist du denn sicher?«
»Hundertprozentig.«
»Woher?«
Er verzog seine Lippen zu einem Lächeln. »Woher schon?«, fragte er leise. »Ich sitze hier in meinem Land und jage Vampire, wenn ich sie entdecke. Aber sie laufen nicht herum wie Füchse oder Rehe. Sie sind rar, sehr rar. Aber es gibt sie. In den Zwischenzeiten, in denen mich keine Nachricht erreicht, habe ich viel Zeit, um nachdenken zu können. Ich lese auch viel, und ich bin über die Geschichte der Ludmilla Marek gestolpert. Sie gehörte zu meinem Clan, der vor langer Zeit aus Tschechien eingewandert ist, wie das Land heute heißt. Sie war auch dabei. Meine Ahnen haben das Land wegen der Armut verlassen, in der sie lebten. Hier in der neuen Heimat konnten sie sich eine bäuerliche Existenz aufbauen. Davon war Ludmilla sehr weit entfernt. Sie schaffte den Sprung auf die andere Seite. Kannst du dir vorstellen, John, was das für mich bedeutet? In der Ahnenreihe eines Vampirjägers gibt es selbst eine Blutsaugerin?«
»Ja, da brauche ich nicht viel Phantasie!«
»Ich bin leider erst vor kurzem darauf gestoßen und auch auf die Legenden, die sich um Ludmilla ranken. Dass sie nicht verwesen würde, was sie selbst gesagt hat. Dass sie irgendwann wiederkommen würde und noch so schön aussehen würde wie zu den normalen Lebzeiten. Es ist eingetreten, John. Es war keine Sage oder Legende, sondern die ganze verfluchte Wahrheit.«
»Man hat sie damals nicht vernichtet?«
»Nein.«
»Warum lag sie in einem Grab?«
»Weil sie es so wollte. Ja, Ludmilla wollte es. Sie ist plötzlich gestorben oder hat zumindest so getan, als würde sie sterben. So ganz glauben kann ich das nicht. Nun ja, es hat sich auch bewiesen, dass ich Recht hatte. Sie ließ sich begraben. Fast alle dachten, dass sie eine normale Tote war, bis man ihre Unterlagen fand, die sie als Erbe hinterlassen hatte. Dort schrieb sie dann von einem neuen, einem zweiten Leben, das sie irgendwann wieder ans Tageslicht treiben würde, und so ist es gekommen. Die Menschen haben nur in den Schriften gelesen, dass sie nicht verwesen würde, und genau das wollte man genau wissen. Deshalb hat man sie exhumiert.«
Ich wusste jetzt besser Bescheid und gab Marek zunächst die Chance, sich zu erholen. Er bekam wieder einen Schluck zu trinken. Danach meinte er: »Jetzt haben wir ein Problem.«
»Irrtum!«, widersprach ich. »Das Problem habe ich. Denn ich werde nach Ogonin fahren und mir die Person oder Unperson mal aus der Nähe anschauen.«
»Das habe ich gehofft.«
»Und du bleibst hier. Wenn alles erledigt ist, werde ich bei dir vorbeikommen und berichten, wie es mir ergangen ist.«
Marek überlegte. Ich gab ihm die Zeit und hörte seine Frage. »Glaubst du mir eigentlich, John?«
»Warum sollte ich das nicht tun?«
»Du hast so wenige Fragen gestellt. Außerdem kann ich dir nicht mit Sicherheit sagen, ob es tatsächlich so eingetroffen ist, wie ich es mir vorgestellt habe.«
»Was meinst du damit?«
»Ich besitze keinen Beweis, dass Ludmilla eine Blutsaugerin ist. Zwar habe ich sie unversehrt im Sarg lagen sehen, aber wie eine Vampirin sah sie nicht aus.«
»Hast du die typischen Merkmale vermisst?«
»Leider.« Er hüstelte. »Ich hätte gern gesehen, dass sich ihr Mund öffnet, doch es passierte nicht. Deshalb fehlt mir der endgültige Beweis. Aber ich bin überzeugt, dass diese Ludmilla eine Blutsaugerin ist. Und du wirst den Beweis erbringen und sie töten. Ich hätte es gern selbst getan, aber ich bin zu schwach. Denk auch daran, dass du, wenn du nach Ogonin fährst, auf verlorenem Posten stehst. Du wirst kaum Hilfe erwarten können. Nur einem Menschen kannst du vertrauen. Es ist der Pope. Er heißt Radu. Er steht auf meiner Seite, aber die meisten Menschen sehen das anders.«
»Gibt es jemand, der sie anführt?«
»Ja - eigentlich zwei. Merk dir die Namen Ivo Lasic und Daniel Vuccu. Sie und zwei weitere Helfer haben den Sarg auch ausgegraben. Sie glauben fest daran, es mit einer Heiligen zu tun zu haben, aber das kann ich nicht nachvollziehen.«
»Okay, Frantisek, dann werde ich mich mal um die Dinge
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