1174 - Blut für Ludmilla
kümmern. Ich fahre jetzt nach Ogonin und nehme mit dem Popen Kontakt auf.«
»Das ist gut.«
»Wo befindet sich Ludmilla?«
»Das weiß ich nicht!« flüsterte Marek.
»Sie werden sie irgendwo hingestellt haben. Vielleicht in ein Versteck, wo man sie so leicht nicht findet. Kann sein, dass sie es auch schon längst verlassen hat, um sich die ersten Opfer zu holen. Deshalb musst du damit rechnen, dass dir in Ogonin auch andere Blutsauger begegnen.«
»Danke für den Rat.« Ich stand auf. »Und sieh zu, dass du wieder auf die Beine kommst, alter Freund.«
Marek musste lachen. »Alt ist gut. Da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen. Ja, ich bin inzwischen verdammt alt geworden. Vielleicht sogar untauglich für die Zukunft.«
Ich winkte scharf ab. »An so etwas darfst du gar nicht mal denken. So kleine Niederlagen werfen dich doch nicht um. Du wirst auch noch in den folgenden Jahren die Blutsauger jagen, davon bin ich überzeugt.«
Marek lächelte nur versonnen. Ich sah, dass er müde geworden war. Das Gespräch zwischen uns hatte ihn angestrengt. Ihm fielen allmählich die Augen zu. Ich wusste nicht einmal, ob er meinen Abschiedsgruß gehört hatte, denn eine Antwort erhielt ich nicht.
So schlich ich mich auf leisen Sohlen aus dem Zehnbettenzimmer zurück in den Gang, in dem sich nichts verändert hatte. Auch dort saßen die Menschen noch immer auf den Bänken. Die hübsche Krankenschwester lief mir nicht mehr über den Weg. Ohne angesprochen zu werden, verließ ich den Bau und ging zu meinem Leihwagen, der auf dem Parkplatz stand. Den Wagen hatte ich auf den Flughafen bekommen. Es war ein älterer Ford Scorpio, der mich aber nicht im Stich gelassen hatte.
Das tat er auch jetzt nicht. Der Motor sprang nach der ersten Umdrehung des Zündschlüssels an, und ich fühlte mich wie in einer Sauna, denn das Auto hatte in der Sonne gestanden.
Die Hitze hier war ebenfalls ein Problem. Nicht zu vergleichen mit den kühlen Londoner Sommertemperaturen.
Hier in den Tälern stand die Luft. Ich befand mich im Gebirge und damit auch in einem Landstrich, der früher mal Transsylvanien geheißen hatte und durch die Gestalt des Grafen Dracula zu schauriger Berühmtheit gelangt war.
Die Luft war heiß, aber nicht klar. Aus den tiefen Wäldern an den Hängen in der Umgebung stieg die Feuchtigkeit in mächtigen Schwaden. In der Nacht hatte sie sich angesammelt und wurde erst jetzt - gegen Nachmittag - weggedampft.
Bis Ogonin war es nicht weit. Knapp 40 Kilometer. Die Strecke waren die beiden Helfer noch in der Nacht gefahren, um Marek ins Krankenhaus zu bringen.
Zwei Tage waren seitdem vergangen. Ich hoffte, nicht zu spät zu kommen…
***
Es war für mich eine Fahrt durch Hitze und Staub gewesen. Ich hätte mir so sehr eine Klimaanlage gewünscht, stattdessen konnte ich davon nur träumen. Zum Glück tat der Ford seine Pflicht, und ich brauchte auch keine Pässe zu fahren, denn das Tal war lang genug. Ich hatte einige Orte gesehen. In der grellen Sonne waren sie menschenleer. Da hatten sich die Bewohner in die Häuser verzogen, die allesamt grau und leicht baufällig im Licht der Sonne standen und manchmal auch von ausgetrockneten Gärten umgeben waren.
Bäche hatte ich auch gesehen. Viel Wasser führten sie nicht, obwohl in der Nacht, als es Marek erwischt hatte, ein Unwetter über das Tal niedergegangen war. Doch die heiße Sonne hatte die Gegend schon wieder ausgetrocknet. Zumindest dort, wo kein dichter Wald zu sehen war.
Die Straße war breit. Ein Vorteil. Aber sie war nicht an allen Stellen asphaltiert, und so war sie manchmal schon eine Holperstrecke.
Ich überholte Pferdefuhrwerke, auch zwei alte und hoch beladene Lastwagen. Mir kamen manchmal auch Autos in halsbrecherischer Fahrweise entgegen, ansonsten hatte ich keine Probleme mit dem hier ablaufenden Verkehr.
Und dann lag Ogonin vor mir!
Es war keine Überraschung für mich, diesen Ort zu sehen. Ich hatte mich schon öfter in Rumänien aufgehalten und auch in dieser Umgebung. Die kleinen Orte glichen sich. Da gab es die Häuser, da stand die Kirche mit ihrem Turm, und da gab es auch den Friedhof, zu dem ich nicht hinfuhr, denn zunächst wollte ich mit dem Popen reden, dem Mann, der neben Marek wohl als einer der wenigen die Dinge durchschaut hatte.
Die frommen Männer wohnen zumeist nicht weit von ihren Arbeitsplätzen, den Kirchen, entfernt, und so lenkte ich den Wagen auch in die entsprechende Richtung. Verfehlen konnte ich die Kirche nicht. Ihr Turm
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