1174 - Blut für Ludmilla
Fahrbahn hing eine schwache Wolke aus Staub, die sich nur allmählich senkte.
Mirko kehrte zurück. Er hatte drei Dosen mitgebracht. Auch er trank Wasser.
Nach dem ersten Schluck sagte er: »Ich bin nicht mehr der Jüngste, aber wenn ich mir vorstelle, von einem Blutsauger gebissen zu werden, um so zu Tode zu kommen, dann ziehe ich es vor, mir eine Kugel in den Kopf zu jagen.«
»So weit wird es nicht kommen«, beruhigte ich ihn.
»Woher nehmen Sie nur Ihren Optimismus?«
»Es sind auch Erfahrungen.«
»Das muss ich Ihnen glauben.«
Mit der nächsten Frage wandte ich mich an den Popen. »Wie haben die Menschen die Nachricht aufgenommen?«
Er musste erst einen Schluck trinken, bevor er die Antwort geben konnte. »Es war nicht einfach, sie zu überzeugen. Zunächst nicht. Dann sahen sie den Toten. Und sie sahen auch sein verbranntes Gesicht. Das Kreuz malte sich noch ab. Außerdem haben mich Ivo Lasic und Daniel Vuccu unterstützt. Sie bestätigten meine Worte. Schließlich haben es alle geglaubt. Nur die Popescus nicht.«
»Wer ist das?«
»Ihr Sohn…«
»Klar, ich weiß Bescheid.«
Mirko zog sich zurück. Er erklärte uns, dass er im Haus bleiben und alles verriegeln wollte. Wir waren damit einverstanden. Wie ein Dieb schlich er davon.
Ich wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte und sprach erst dann weiter. »Was hast du den Menschen gesagt, wie sie reagieren sollen, wenn sie die Blutsaugerin zu Gesicht bekommen?«
»Ich konnte ihnen nur raten, nichts auf eigene Faust zu versuchen. Um Hilfe schreien, dass es andere hören, und diese Schreie werden dann auch zu dir dringen, denke ich mal.«
»Das will ich hoffen.«
Es dunkelte immer mehr ein. Zwar konnten wir noch die Umgebung auf der gegenüberliegenden Straßenseite erkennen, aber was sich am Ende der Straße abspielte, verschwamm bereits in der Dunkelheit. Man musste schon sehr genau hinsehen, um eine Bewegung wahrzunehmen. Vor einem Haus war jemand damit beschäftigt, Knoblauchstauden an den Fenstern zu befestigen. Das uralte Mittel gegen die Blutsauger, das auch schon vor Hunderten von Jahren angewandt worden war.
Dann fiel mir die Bewegung auf. Ziemlich am Ende der Straße und von der Dämmerung geschützt.
Dort bewegte sich ein Mann. Wenn mich nicht alles täuschte, ging er mit schnellen Schritten die Fahrbahn hinunter und würde uns wenig später erreicht haben, falls er nicht in irgendeiner Gasse verschwand.
»Da kommt jemand«, sagte ich.
»Wo?«
Ich deutete hin, und der Pope drehte sich. Auch er kannte den Mann nicht und musste warten, bis er für eine kurze Zeitspanne durch einen nach draußen fallenden Lichtbalken ging.
»Das ist Popescu, John.«
»Der Vater des Toten?«
»Genau der.« Radu senkte die Stimme. Nervös strich er über seinen Bart. »Es sieht mir ganz so aus, als hätte er sich ausgerechnet uns als Ziel ausgesucht.«
Dagegen konnte ich beim besten Willen nichts sagen. Der Mann bewegte sich mit schnellen, raumgreifenden Schritten. Er war auch allein, keiner begleitete ihn. Ich bemerkte, dass er einen länglichen Gegenstand in der rechten Hand hielt, der beim Gehen ständig auf und abwippte.
Bevor er uns erreicht hatte, hörten wir sein heftiges Keuchen. Aus dem schnellen Schritt heraus blieb er stehen. Mit bösen Blicken starrte er uns an.
Jetzt sahen wir auch, was er mitgebracht hatte. Es war ein Gewehr. Der Mann hatte noch kein einziges Wort gesprochen, er hob aber seine Waffe an und zielte auf mich. Ruhig war er dabei nicht. Er stand zitternd auf der Stelle und schwitzte wie wahnsinnig. Nervöse Menschen sind oft gefährlicher als welche, die sich unter Kontrolle haben. Eine falsche Bewegung, und die Kugel jagte in meinen Körper.
Er schrie mich an.
Der Mann steckte voller Hass. Obwohl ich so gut wie kein Wort verstand, war dies zu spüren. Er gab mir die Schuld am Tod seines Sohnes. Als seine Stimme überschnappte und er eine Pause einlegen musste, übersetzte Radu seine Worte.
»Er will dich tot sehen. Ebenso tot wie sein Sohn. Er gibt dir die Schuld.«
»Weiß er denn, was sein Sohn in der letzten Zeit gewesen ist?«
»Er war dabei, als ich es erklärt habe.«
»Dann sag es ihm noch mal!«
Der Pope reagierte gut. Bevor Popescu wieder zu schimpfen und zu schreien begann, trat der Kirchenmann nach vorn und stellte sich zwischen uns beide. Jetzt zeigte die Mündung des Gewehrs auf ihn, und Popescu war so überrascht, dass er seine Schusswaffe sinken ließ.
In die Bewegung hinein fielen die
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