Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1176 - Der unheimliche Leichenwagen

1176 - Der unheimliche Leichenwagen

Titel: 1176 - Der unheimliche Leichenwagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
zielte in die anderen Räume, aber der Junge war verschwunden.
    Schließlich kehrte der Mann wieder zurück, um in der Mitte des Raumes auf die Knie zu fallen. In dieser Haltung wirkte er wie ein reuiger Sünder, der beten wollte, um von seinen Sünden befreit zu werden.
    Er betete nicht.
    Ich sah, wie er die rechte Hand anhob, den Mund öffnete und den heißen Waffenlauf hineinsteckte.
    Dann drückte er ab.
    Es war eine schreckliche Szene. Die Revolverkugel zerfetzte noch einen Teil des Hinterkopfs. Blut und Knochensplitter sprühten hervor, als der Selbstmörder zur Seite sackte, schwer auf den Boden fiel und dort liegen blieb.
    Sein Kopf war so zur Seite gerollt, dass er mich anschauen konnte, aber wir sahen uns nicht, denn wir waren in zwei verschiedenen Zeitebenen gefangen.
    Ob überhaupt Zeit verging, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls drückte nach einer Weile jemand die Tür auf. Es war der etwa zehnjähriger Junge, der in das Zimmer schaute.
    Er trug noch immer seinen kleinen Leichenwagen, und sein Blick fiel auf die drei Toten.
    Er schrie. Er hörte wieder nichts, aber ich sah seinen Bewegungen an, wie durcheinander er war. Es traf auch niemand ein, um ihm zu helfen. Er hatte sich irgendwann wieder gefangen, lief zur Tür und verschwand.
    Noch immer stand ich auf dem Fleck, ohne mich bewegen zu können. Aber ich hatte die schlimmen Szenen auch nicht vergessen. Sie kehrten immer wieder zurück. Da war die Erinnerung wie ein Räderwerk, und ich sah mit einem Mal, dass sich die Zeiger der Uhr erneut bewegten. Sie liefen nicht mehr in dieser rasenden Geschwindigkeit zurück, sondern wieder nach vorn, unserer normalen Zeit entgegen.
    Bis zu einem Punkt, wo sie stehen blieben. Die Vergangenheit war zurückgetreten, aber nicht ganz verschwunden, denn noch immer hatte das Zimmer diese seltsame Krümmung.
    Wir hatten unsere Zeit noch nicht erreicht. Ich wusste, dass noch etwas Wichtiges bevorstand, und zwar in einer Zeit, als die jetzige Einrichtung schon vorhanden gewesen war.
    Die Tür war wieder geschlossen. Aber sie wurde geöffnet, und es betrat eine andere Person das Zimmer.
    Ich hatte den Mann nie gesehen, aber ich kannte ihn von den Beschreibungen her.
    Es war Rio Redcliff!
    ***
    Die Überraschung erwischte mich wie ein Faustschlag. Wenn es mir schon so ergangen war, was musste erst Carina Thomas durchmachen, die ja das Gleiche zu sehen bekam wie ich.
    Ich konnte sie nicht fragen. Zwar standen wir zusammen, waren aber trotzdem getrennt. Die andere Zeitschiene ließ keine normale Kommunikation zu, und auch Rio sah uns nicht. Er betrat die Wohnung und blieb für einen Moment nachdenklich hinter der Schwelle stehen. Er wirkte wie ein Grübler, der über etwas Bestimmtes nachdachte. Irgendwann hob er den Kopf und schaute sich suchend um. Er hatte sein Ziel gefunden. Direkt ging er auf seine Freundin zu, ohne sich um sie zu kümmern. Er sah sie nicht, und ich stellte mir schon vor, dass er durch sie hindurchging, was er jedoch nicht tat.
    Stattdessen bückte er sich und zog in der unteren Küchenzeile eine Tür auf. Mit beiden Händen griff er in das Fach. Ich war gespannt, was er daraus hervorholte.
    Der Gegenstand war viereckig, grau. Er hatte einen Deckel, der mit Schnappverschlüssen an der unteren Hälfte angebracht worden war. Ein Griff auf dem Deckel diente zum Transportieren.
    Das tat Rio auch. Er schnappte sich den Kasten - für mich war er mit Werkzeugen gefüllt - und ging davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Es war nichts zu hören gewesen und auch jetzt nicht, als er die Tür hinter sich zuzog.
    Dann war der Spuk vorbei. Für mich war es ein Spuk gewesen, aber er wurde fortgeführt, denn wieder drehten sich die Zeiger meiner Uhr. Sie liefen jetzt nach vorn, so rasch, dass ich mit den Augen kaum nachkam.
    Aber die Zeiger wurden wieder langsamer, und mir fiel auf, dass sich die seltsame Krümmung des Zimmers allmählich verflüchtigte. Die ovale Form trat zurück und die Wände bekamen wieder ihre normalen Maße. Starr und viereckig. Auch die Luft veränderte sich. Sie verlor ihre Dichte, der normale Atem strömte wieder aus meiner Lunge, und ich nahm den Wind wahr, der durch das Fenster fuhr.
    Ein Blick auf die Uhr.
    Es war genau fünfzehn Minuten nach vierzehn Uhr. Der Mittag war vorbei, der frühe Nachmittag hatte bereits eingesetzt, und unsere Zeit hatte uns wieder.
    Auch ich war kein Supermann und musste mich erst zurechtfinden, aber mir ging es besser als Carina, die sich nicht mehr auf den

Weitere Kostenlose Bücher