1176 - Der unheimliche Leichenwagen
an. »Erfinder?«, fragte er nach. »Sie sehen ihn als Erfinder?«
»Ja«, erwiderte ich. »Für mich kann er durchaus ein Erfinder gewesen sein.«
»Und was sollte Rossiter erfunden haben?«
»Kein technisches Gerät, denke ich mir. Er kann sich mit Phänomenen beschäftigt haben. Es ist ihm dann gelungen, sie in die richtige Reihenfolge zu bringen. Er hat die Theorie in die Praxis umgewandelt. Ich denke da an die Manipulation der Zeit.«
Das war für Ross Thomas eine gewagte These. Für Suko und mich weniger, denn wir hatten in Rios Wohnung die beiden Ströme erlebt, als sie aufeinandergeprallt waren.
»Was soll das denn heißen?«
»Ganz einfach, obwohl es kompliziert ist und ich nicht logisch darüber nachdenken kann. Es trafen sich die Vergangenheit und die Gegenwart. So kann man es sehen.«
»Aber ich nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Wie kommen Sie darauf? Sind Sie nebenbei auch ein kleiner Einstein?«
»Nein, obwohl ich nichts dagegen hätte. Mir ist nur ein Satz des Schriftstellers Thomas Elliot eingefallen. Er sagte: Die Vergangenheit und die Zukunft sind in der Gegenwart gegenwärtig, und die Zukunft ist in der Vergangenheit enthalten. Daher ist jede Zeit untilgbar. So sind wir zum Leben und zum Sterben in der Zeit verurteilt.«
Thomas und seine Tochter wussten nicht so recht, was sie sagen sollten. Schließlich rückte der Mann mit einer Äußerung heraus. »Auch wenn dieser Mensch ein Namensvetter ist, verstanden habe ich das trotzdem nicht.«
»Keine Sorge, ich auch nicht. Aber man kann es hinnehmen. Man kann sich damit auseinandersetzen und es schließlich als Erklärung akzeptieren. Ein Physiker könnte Ihnen das unter Umständen beweisen. Abstrakt, durch Formeln, aber die zu begreifen, ist mein Gehirn nicht fähig. Ich halte mich lieber an die konkreten Dinge, die in Rio Redcliffs Wohnung geschehen sind.«
»Ist es dort zu dieser Zeitüberlappung gekommen?«
»Ja, das wissen Sie.«
»Ich kann es nicht fassen!«, rief Thomas. »Sie haben die Morde gesehen. Und das geschah in der Vergangenheit!«
»Ja.«
»Und ich auch, Dad.« Carina hatte lange Zeit nur zugehört, jetzt musste sie etwas sagen. »Wenn du Mr. Sinclair und Suko als Lügner darstellen willst, kann ich dir sagen, dass auch ich daran beteiligt bin. Ich habe das Gleiche gesehen wie sie. Wir haben uns nichts vorgemacht und auch nichts abgesprochen, und wir sind auch keine Lügner. Alles, was du gehört hast, ist tatsächlich so auch passiert. Das sagen wir nur dir. Wenn sich das herumsprechen würde, dann hielte man uns womöglich für geistesgestört.«
»Und nicht zu Unrecht«, erwiderte Thomas. Dann trank er wieder. »Es ist alles ein wenig viel für mich, verstehen Sie? Ich weiß auch nicht, was ich machen soll.«
»Sie nichts«, erklärte Suko. »Überlassen Sie alles andere uns. Sie sind nur für Ihre Tochter verantwortlich. Was sie erlebt hat, reicht. Sorgen Sie für einen Schutz, das ist am besten, auch wenn Carina schon erwachsen ist.«
»Wovor soll ich sie denn schützen?«, rief er. »Bitte, ich weiß es nicht. Vor der Vergangenheit?«
»Ja.«
»Und was kann ich dann tun?«
»Bleiben Sie in Ihrer Nähe.«
Er lachte, obwohl es ihm schwer fiel. »Bisher habe ich die Vergangenheit immer abgehakt, und das ist auch gut gewesen. Nun kommen Sie mir mit derartigen Dingen. Da kann ich nur den Kopf schütteln.« Er sah uns direkt an. »Glauben Sie denn, dass sich Carina in einer unmittelbaren Gefahr befindet?« Fürsorglich legte er einen Arm, um die Schultern seiner Tochter.
Ich schüttelte den Kopf. »Sie befindet sich in keiner unmittelbaren Gefahr. Doch mit ihrem Freund ist etwas passiert, was Carina durchaus auch betreffen könnte.«
»Klar, verstehe. Dabei habe ich dich immer vor diesem komischen Elvis-Verschnitt gewarnt.«
»Das hast du bei allen getan, mit denen ich gegangen bin. Ich weiß selbst, was ich tue.«
»Und du hast gesehen, was dabei herausgekommen ist.«
»Damit konnte keiner rechnen!«, mischte ich mich ein. »Die beiden sind eben an einem ungünstigen Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle gewesen und gerieten eben in diese Zeitfalle.«
»Auf der Straße zwischen Langster und Beckton?«
»Genau.«
Daran hatte Ross Thomas zu schlucken. Danach stellte er eine berechtigte Frage. »Muss ich denn von einer Zeitfalle ausgehen? Kann das dort jedem passieren?«
»Es könnte.«
»Warum?«
»Weil er wieder unterwegs ist«, sagte Suko. »Aus welchen Gründen auch immer.«
»Im
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