1176 - Der unheimliche Leichenwagen
ich… mag ihn nicht. Ich lebe jetzt und nicht in der Vergangenheit. So, wollen Sie noch etwas wissen, meine Herren? Ich habe es nämlich eilig.«
»Wo jagen Sie denn?«
Er nannte uns den Namen eines Gebiets, mit dem wir nichts anfangen konnten.
»Ist das hier in der Nähe?«
»Nein, Inspektor. Ein Stück weiter weg.«
»Also nicht zwischen Langster und Beckton?«
»Auf keinen Fall.«
»Dann Waidmannsheil.«
»Waidmannsdank.«
Als er zu seinem Geländewagen ging, einem Jeep, der pechschwarz lackiert war, fragte Suko:
»Glaubst du ihm?«
»Warum nicht?«
»Ich für meinen Teil habe ein komisches Gefühl, aber das ist auch egal.«
Rossiter fuhr vom Hof, und wir blickten dem Jeep nach. Wir waren wieder von Beckton nach Langster gefahren, aber wir hatten auf der kurzen Strecke nichts Ungewöhnliches erlebt. Abgesehen davon, dass nicht viel Verkehr herrschte, doch das konnte man durchaus als eine positive Überraschung ansehen.
Wir hatten hier nichts mehr verloren. Außerdem mussten wir uns auf den Abend vorbereiten und konnten sogar davon ausgehen, dass auch die Nacht noch interessant werden würde. Als wir fahren wollten, erschien noch eine Person, die wir kannten.
Es war die grauhaarige Frau, die uns in dem Sarg- und Urnenladen empfangen hatte. Wie es aussah, hatte auch sie Feierabend gemacht. Bei ihrem Erscheinen kam mir eine Idee.
»Warte mal«, sagte ich zu Suko und stieg wieder aus.
Die Frau blieb stehen, als ich ihr den Weg abschnitt. Begeistert war sie über mein Auftauchen nicht.
»Ach, Sie schon wieder!«
»Stört es Sie?«
»Nicht direkt. Ich kann Ihnen gleich sagen, dass der Chef nicht mehr hier ist.«
»Schade. Wann kommt er denn wieder?«
»Heute nicht mehr.«
»Hat er jetzt schon Feierabend gemacht?«
»Ja, wie Sie sehen.«
»Wo wollte er denn hin?«
Misstrauisch und kopfschüttelnd schaute sie mich an. »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht. Schließlich ist Mr. Rossiter kein Verbrecher.«
»Das stimmt schon«, gab ich zu. »Aber auch wir haben unsere Fragen, Madam.«
»Ich muss auch nach Hause.«
»Eine Frage noch. Sie wissen nicht, wo wir ihn finden können?«
»Nein.«
»Er sprach bei unserem ersten Erscheinen noch von einer Jagd.«
»Heute…?«
»Das weiß ich nicht.«
»Nein, nein, auf keinen Fall. Die Jagdsaison hat noch nicht begonnen. Er hatte auch nicht vor, wegzufahren, aber nach dem Anruf war alles anders.«
»Wer rief an?«
»Ich weiß es nicht. Aber Victor ist plötzlich sehr nervös gewesen.«
»Vielleicht hing es mit den verschwundenen Leichen zusammen«, vermutete ich.
»Nein, keinesfalls. Damit haben wir nichts zu tun. Da müssen Sie schon woanders suchen. So, und jetzt lassen Sie mich bitte in Ruhe. Ich muss noch etwas erledigen.«
»Danke für Ihre Hilfe.«
Die Frau warf mir einen schrägen Blick zu und machte sich auf den Weg. Ich stieg wieder zu Suko in den Rover. Mein Freund schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Na, was Neues?«
»Ja.« Ich schnallte mich an. »Rossiter fährt nicht zur Jagd. Hätten wir uns auch denken können. Die Saison hat noch nicht begonnen.«
»Ach, und wo ist er hingefahren?«
»Das konnte oder wollte mir die Frau auch nicht sagen. Tut mir leid. Aber okay ist das nicht. Ich habe das Gefühl, dass wir ihn noch mal sehen werden.«
»Möglich.«
Ich startete. »Dann schauen wir uns die Strecke noch mal genauer an.«
***
Victor Rossiter lief der Schweiß in Strömen übers Gesicht. Er beeinträchtigte sogar seine Fahrt, und er musste mehrmals über die Augen wischen, um wieder klar sehen zu können. Dabei beschrieb er mit seinem Jeep Schlangenlinien auf der Straße.
Den Weg kannte er im Schlaf. Die Straße zwischen den beiden Ortschaften führte durch die Einsamkeit. Es gab hier nichts, abgesehen von der reinen Natur.
Mal Wald, mal Buschwerk, Wiesen, die in leichten Wellen die Landschaft zeichneten. Alles war ihm so vertraut. Egal, zu welcher Jahreszeit, und er war die Strecke stets locker gefahren. Ob nüchtern oder schon mal betrunken, passiert war ihm nie etwas.
Zum ersten Mal hatte er Angst!
Diese Angst war wie eine Peitsche, die immer wieder gegen seinen Rücken schlug und ihn vorantrieb.
Er dachte an den Anruf!
Es konnte nicht sein. Es war jemand aus der Vergangenheit. Der Anruf eines Toten oder eines Scherzkekses. Er wäre auch nicht auf ihn eingegangen, hätte der andere ihn nicht erpresst. Der wusste genau, was mit den Leichen geschehen war. Dass er, Rossiter, es gewesen war, der über
Weitere Kostenlose Bücher