1176 - Die Nichtwelt
Informationen der von dir kontrollierten Virochips zugänglich sind, aber diese neue Fähigkeit..."
„Es ist nicht nur eine", korrigierte ihn Stein Nachtlicht. „Du kennst mehrere. Aber es gibt noch eine ganz besondere Fähigkeit!"
Ellert zuckte zusammen, als sein Unterbewußtsein ihm die betreffende Information übermittelte.
„Nein!" protestierte er. „Ein Mensch sollte diese Fähigkeit nicht haben! Ich will sie nicht!
Nimm sie von mir!"
„Ich kann die Programmierung nicht rückgängig machen", flüsterte der Ordensmann.
„Aber das ist pervers", klagte Ellert verbittert. „Wozu soll es gut sein, daß ich meinen Körper in die Myriaden von Viren auflösen kann, aus denen er besteht? Weshalb sollte ich als Wolke unsichtbarer, mikroskopisch winziger Stäubchen herumschweben und durch Türritzen sickern? Soll ich etwa in alten Schlössern als Geist herumspuken?"
Stein Nachtlicht kicherte.
„Diese Vorstellung ist überwältigend. Verzeih mir, mein Gebieter. Ich war geschmacklos.
Außerdem wirst du durch die Anwendung dieser Fähigkeit nicht immateriell. Du bleibst also verwundbar, wenn auch in sehr eingeschränktem Maß."
„Aber warum das?"
„Ich habe keine Ahnung, Gebieter. Aber Vishna und Taurec werden schon ihre Gründe dafür gehabt haben."
„Ihre Gründe?" echote Ellert ahnungsvoll. „Ich hätte es mir denken können, daß es nicht reine Dankbarkeit war."
„Sei nicht verbittert, Ernst!" flüsterte Stein Nachtlicht. „Zieh deine Kombination aus! Ich habe etwas für dich."
„Was soll ich?" fragte Ellert.
„Vertraust du mir?" fragte der Ordensmann.
„Wenn nicht dir, wem sonst!" erklärte Ellert und begann damit, seine Kombination auszuziehen.
Stein Nachtlicht bückte sich und holte etwas ans Licht, das bisher im Schatten verborgen gewesen war: eine Art Koffer. Er öffnete ihn und nahm eine lindgrüne Kombination heraus und alles, was noch zu einer vollständigen Bekleidung gehörte wie Unterzeug, Socken und Stiefel.
„Was ist das?" fragte Ellert verwundert.
„Deine Virenmontur", flüsterte Stein Nachtlicht. „Du wirst äußerlich keinen Unterschied zu deiner bisherigen Kleidung feststellen, aber sie besteht aus spezialisierten Viren, deren Formen, Farben und Funktionen du willentlich verändern kannst. Wenn du einen kompletten SERUN brauchst, wird sie ein SERUN sein. Die Virenmontur ist wie dein Körper weitgehend resistent gegen Strahlwaffenbeschuß. Noch wichtiger aber ist eine andere Eigenschaft. Wenn du deinen Körper in Viren zerfallen läßt, wird auch deine Montur sich auflösen - und wenn du deinen Körper neu zusammenfügst, wird sie ihn so unversehrt bekleiden, wie es zu sein hat."
„Aber ich will meinen Körper niemals auflösen!" protestierte Ellert.
„Nicht hier und heute", erwiderte der Ordensmann. „Aber irgendwann und irgendwo wird dein Leben und noch viel mehr davon abhängen - und du wirst es tun, denn du bist ab jetzt der Metamorpher."
„Metamorpher", flüsterte Ernst Ellert unbehaglich, dann griff er entschlossen nach der Virenmontur.
3. HEIMKEHR
Stronker Keen stand aufrecht auf seinem Jet, die Beine leicht gespreizt, in den Knien federnd und sein Schwergewicht nach Bedarf verlagernd.
Mit ironischem Lächeln dachte er daran, daß er sich früher oft gewünscht hatte, jeden Tag auf seinem Surfbrett zu verbringen und auf den Wellen des Ozeans zu reiten.
Auf der anderen Erde hatte sich dieser Traum nur an den Wochenenden und während der Ferien verwirklichen lassen. Erst hier, auf dieser Erde, die eigentlich keine war, hatte er sich voll verwirklicht, wenn auch auf höchst bizarre Art und Weise.
Anstatt auf seinem Surfbrett, stand er auf einem Virengebilde, das statt über Meereswellen über Informationsströme glitt - und er genoß keine Freizeitfreuden, sondern verrichtete schwere und verantwortungsvolle Arbeit.
Er verlagerte seinen Schwerpunkt, um den Jet in eine andere Richtung zu lenken. Dort hatte er zwei Informationsströme entdeckt, die aufeinander zutrieben, sich aber auf keinen Fall vereinigen durften. Falls sich ihre Informationen vermischten, würde das Virenimperium nichts mit ihnen anfangen können.
Der Fahrtwind zerrte an seiner flexiblen Rüstung aus schwarzen Viren, als er den Jet mit hoher Geschwindigkeit in den freien Raum zwischen den Informationsströmen trieb. Dort angekommen, verlagerte er abermals sein Gewicht. Der Jet schleuderte und drehte sich um hundertachtzig Grad, dann ritt Keen am von rechts heranbrandenden
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