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1177 - Der Junge von Case Mountain

Titel: 1177 - Der Junge von Case Mountain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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letzte, der den Globus gesehen hat. Der Globus hat achtzig Dollar gekostet - also gut, wenn ich ihn zu irgendeinem Pfandleiher bringe, kriege ich vielleicht noch fünfzehn dafür. Fünfzehn Dollar, stell dir vor! Dafür könnten sich die Washingtons womöglich ein Radio kaufen!"
    Perry schüttelte heftig den Kopf. Er wollte ein paar unangenehme Gedanken loswerden.
    „Du hast den Globus nicht genommen?" wollte er wissen.
    Leroy ballte die Faust.
    „Wenn du noch einmal den Mund aufmachst, kriegst du..."
    „Ja oder nein?"
    Leroy ließ die Faust sinken.
    „Nein", sagte er. „Ich habe ihn nicht genommen."
    „Also hat ihn sonst jemand geklaut. Er muß gewußt haben, daß die Tür zum Lehrerzimmer offen ist. Es muß jemand sein, der im Bereich der Schule Bescheid weiß."
    Perry dachte ein paar Sekunden lang nach. „Wenn solche Dinge passieren, muß man sich an einen Bestimmten wenden."
    „Wen hast du im Sinn?" fragte Leroy Washington unsicher.
    „Tin Can", antwortete Perry.
     
    *
     
    Vince Tortino, genannt Tin Can, wohnte mit seiner Mutter in einem alten, halb zerfallenen Haus an der Ferguson Road. Seinen Spitznamen hatte Vince daher, daß er mit einem Eifer, der an Besessenheit grenzte, leere Konservendosen sammelte. Das war während der letzten Kriegsjahre eine zugleich einträgliche und patriotische Beschäftigung gewesen, weil die Industrie das Zinn brauchte und anständige Preise für leere Dosen zahlte. Aber jetzt, mehr als zweieinhalb Jahre nach Japans Kapitulation, gab niemand mehr was für Konservendosen. Vince jedoch sammelte unbeeindruckt weiter, und in dem ungepflegten Garten hinter dem Haus türmten sich die Früchte seiner Sammeltätigkeit zu wahren Bergen.
    Vince war achtzehn Jahre alt. Er hätte längst in die High School gehört, aber infolge häufiger Abwesenheit und einer tiefverwurzelten Abneigung gegen alles, was mit Lernen zu tun hatte, trieb er sich immer noch in der achten Klasse der Grundschule herum. Vince und seine Mutter lebten von den Almosen eines Wohlfahrtsprogramms und dem Mitleid der Nachbarn. Das alte Haus bewohnten sie mietfrei. Gerüchten zufolge sollte es früher mal einen Mr. Tortino gegeben haben, aber der hatte längst das Weite gesucht. Die jüngeren Schulkinder sahen in Vince eine Art Idol. Er tat alles, was ein wohlerzogener Junge von Hause aus nicht tun durfte: Zigaretten rauchen, über Nacht ausbleiben, zwei Wochen lang dasselbe Hemd tragen, Mädchen poussieren und was der Dinge sonst noch waren. Vince genoß die Aufmerksamkeit, die man ihm zollte. Er war ein wenig großsprecherisch, aber im großen und ganzen kam man gut mit ihm aus. Wenn es in ganz Manchester - außer dem Dieb selbst, versteht sich - irgend jemand gab, der über den verschwundenen Globus Bescheid wußte, dann konnte es nur Vince „Tin Can" Tortino sein.
    Die beiden Jungen, Perry und Leroy, marschierten die staubige Straße entlang, Perry sein Fahrrad neben sich herschiebend. Sie sprachen nur wenig; Leroys Geschwätzigkeit, ausgelöst durch die bevorstehende Katastrophe, war fürs erste verronnen. Es war eine gute halbe Meile bis zum Tortino-Haus; die Sonne meinte es gut, und die Ungewißheit, ob Vince ihnen wirklich werde helfen können, drückte auf die Gemüter.
    Das Brummen eines Motos war zu hören. Leroy blieb stehen und wandte sich um.
    „Schau hin", sagte er mit rasch erwachender Begeisterung: „Das ist einer von den neuen Buick Eights."
    Das schnittig gebaute, große Fahrzeug kam mit bemerkenswerter Geschwindigkeit näher. Es war schwarz. Die Sonne spiegelte sich im glänzenden Lack und brachte die Stromlinienform der Karosserie in einer Weise zur Geltung, die selbst Perry, der sich mehr für Raumschiffe als für Autos interessierte, das Herz höher schlagen ließ.
    „He, paß auf!" rief Leroy zornig, als der Wagen Schotter verspritzend vorbeischoß.
    Bremsen quietschten. Staub wallte auf. Der Buick hielt an. Eine Tür flog auf. Eine zornige Männerstimme war zu hören. Durch den Staub war eine Gestalt zu sehen, die, offenbar von Kräften jenseits ihrer Kontrolle angetrieben, in hohem Bogen durch die offene Tür geschossen kam. Der Motor heulte auf. Die Tür schloß sich von selbst unter dem Ruck des Anfahrens. Steine spritzten. Sekunden später war der große Buick jenseits der nächsten Kurve verschwunden. Zurück blieb die Gestalt, die sich mühsam aus dem Staub erhob.
    Leroy und Perry eilten hinzu.
    „Tin Can", staunte Leroy. „Was ha'm sie mit dir gemacht?"
     
    *
     
    Stöhnend

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