1177 - Der Weg in die Unterwelt
Kopf. »Nein.«
Bill und ich schauten uns an. Beide dachten wir das Gleiche, aber nur ich sprach es aus und wandte mich dabei direkt an Melody. »Du könntest uns den Weg also erklären, wenn du fest schläfst und wir dich trotzdem zum Reden bekommen?«
»Ich glaube, ja.«
»Das ist doch super.«
»Nein, ist es nicht.« Sie sperrte sich plötzlich. »Ich… ich… will nicht schlafen. Ich kann das nicht. Ich… ich… bin nämlich gar nicht müde.«
»Das musst du auch nicht sein, Melody«, sagte ich mit sanfter Stimme. »Es ist gar nicht nötig. Wir werden dich in einen besonderen Schlaf versetzen lassen. Es ist eine Hypnose, die du dann erleben wirst. Und denke immer daran, dass es einzig und allein um deine Mutter geht. Du willst sie doch gesund zurückerhalten.«
»Aber wenn sie tot ist…«
»Sie ist nicht tot, glaube mir.«
Wir hörten das Räuspern der Lehrerin und dann ihre Stimme. »Glauben Sie wirklich, dass es gut ist, wenn Sie Melody hypnotisieren? Ich bin da skeptisch, was gerade diese Dinge angeht, die man nicht so recht fassen kann.«
»Keine Sorge, Mrs. Ross. Nicht wir werden Melody hypnotisieren, das überlassen wir Experten, die sich damit auskennen. Glauben Sie mir, wir haben beim Yard einige Spezialisten, die unter anderem auch an der Uni arbeiten.«
»Trotzdem kann sie Schaden an ihrer Seele nehmen.«
»Hat sie den nicht schon bekommen?«, fragte Bill. »Denken Sie nur an die Sorgen, die sich die Kleine um ihre Mutter macht. Noch glaubt sie, dass sie tot ist. Davon sind wir nicht überzeugt. Wir müssen es herausfinden, und das geht eben nur auf diesem Weg. Einen anderen kann ich mir nicht vorstellen.«
Claudia Ross nickte und strich über ihr Haar. »Ich sehe das ein und habe trotzdem meine Bedenken. Ich möchte sie nicht so direkt loslassen, wenn Sie verstehen. Ich bin zwar nicht ihre Mutter, und trotzdem fühle ich mich für sie verantwortlich.«
»Das können wir nachvollziehen, Mrs. Ross.«
Die Pädagogin rang sich ein Lächeln ab, das ihr sichtlich schwer fiel. »In diesem Fall sind Sie beide die Fachleute. Ich hätte mich auch nicht an Mr. Conolly gewendet, wenn alles glatt gelaufen wäre. Sehen wir also weiter.« Sie wandte sich an Melody. »Hast du dich entschlossen, mit den beiden Polizisten zu gehen?«
Die Antwort erhielten wir postwendend. »Ja, das habe ich. Ehrlich, ich will mit Ihnen gehen.«
»Das ist prima.«
»Wann denn?«
»Da wir deine Mutter so schnell wie möglich finden wollen, sollten wir keine Zeit verlieren«, meinte Bill.
»Und wenn sie tot ist?«
»Sie ist nicht tot, Melody. Daran darfst du nicht mal denken. Sie lebt, glaube es mir.«
»Sie ist aber in die Wand gefahren. In den Nebel.«
»Und dann?«
»Hörte mein Traum auf. War das die Hölle, wo der Teufel wohnt?«
Ich bekam nicht mit, was Bill antwortete, weil ich damit beschäftigt war, die Rechnung zu begleichen. Der junge Mann bedankte sich für das Trinkgeld und verschwand.
Melody war aufgestanden und hielt ihre Lehrerin umarmt. »Es wird alles gut, mein Kind«, sagte Claudia Ross. »Du musst nur Vertrauen haben. Da oben im Himmel sitzt jemand, der dich beschützt.«
Es waren tröstende Worte, die in diesem Fall einer Zwölfjährigen galten und ihr gut taten. Das war nicht bei allen Kids so. Ich kannte welche, die mit ihren zwölf Jahren schon verdammt abgebrüht waren und so manchen Erwachsenen durch ihre Antworten ins Staunen versetzten, einschließlich der Eltern. Melody aber lächelte nach diesen Worten, und ich hörte noch, wie die Lehrerin zu ihr sagte: »Deine liebe Mutter wirst du bestimmt bald zurückhaben.«
»Ich wünsche es mir.«
»Keine Sorge, das klappt schon.«
Ich stand auf und entfernte mich vom Tisch, da ich über Handy mit jemand sprechen wollte. Es war Sir James, mein Chef, der sich wunderte, dass sich das Treffen mit Bill zu einem echten Fall entwickelt hatte. Als ich ihm meine Bitte vortrug, einem Experten für Hypnose Bescheid zu geben und uns anzumelden, stimmte er sofort zu. Er versprach auch, zurückzurufen.
Melody hielt sich bei Bill Conolly auf. Er hatte ihre Hand genommen, und sie ließ es zu.
Claudia Ross verabschiedete sich. Als sie das tat, schimmerten Tränen in ihren Augen…
***
Die Sache mit dem Rückruf hatte gut geklappt. Wir waren zu einem Professor Jameson gefahren, der einer der großen Experten auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Hypnose und zugleich eine Kapazität auf dem Gebiet der Psychoanalyse war.
Normalerweise hätten wir lange
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