118 - Urzeitdämonen greifen an
und her.
Vasmo schob die Steine beiseite und packte sein Spielmonster am Arm, aber der
Junge reagierte eine Zehntelsekunde zu spät. Der plötzlich aufkommende Wind
fuhr gegen das Gummitier und riss es mit sich. Geistesgegenwärtig griff er noch
danach, aber die Windböe war heftiger und schneller.
Die prall
aufgeblasene Figur wurde wie ein überdimensionaler, eigenartig geformter
Luftballon vom Wind mitgerissen. Vasmo streckte die Arme aus und schrie. Er
lief ungeachtet der Tatsache, dass die Felsenzunge zu Ende war, in die See
hinein, dass das Wasser an seinen Beinen hoch spritzte. Nach zwei Schritten
schon reichte ihm das Wasser bis zu den Waden. Enttäuscht und verärgert blieb
er stehen. Der Gummi-Godzilla wurde durch die Luft geschleudert und von Wind
und Regen kurzfristig heruntergedrückt, so dass er über die Wellen hüpfte und
im nächsten Moment acht bis zehn Meter von dem Jungen entfernt war. Vasmo
erkannte, dass er keine Chance hatte, das Gummitier noch zu erreichen. Es hatte
auch keinen Sinn mehr, weiter in die See zu waten. Vasmo wusste, dass der
Meeresboden in dieser Bucht tückisch war und plötzlich steil abfiel. Tränen
schimmerten in den Augen des Jungen, er wischte sie mit dem Handrücken ab. Das
Gummimonster war schon weit entfernt, tanzte wie ein selbständiges Wesen auf
den Wellen und wurde immer weiter davongetragen. Vasmo starrte ihm so lange
nach, bis er nichts mehr sah. Dabei war er so sehr auf die Figur konzentriert,
dass ihm etwas anderes entging. Nur wenige Schritte entfernt, weiter links,
bewegte sich lautlos ein massiger Schatten im Wasser. Aus der Flut hob sich
dunkel und glitschig ein Teil eines ausladenden wuchtigen Schädels. Die Wellen
spülten über den Echsenkopf hinweg, der sich zeigte, ohne von dem Jungen
wahrgenommen zu werden. Der Schädel hob sich weiter heraus, und die dicken
Augenwülste wirkten hart und grob wie die Felsensteine. Das unfassbare Wesen,
von dem man wie von einem Eisberg zuerst nur die Spitze wahrnahm, drang durch
die Wasseroberfläche. Vasmo wusste nicht, dass der Blick auf ihn gerichtet war.
Der Junge sah seine Gummifigur als verloren an und stiefelte aus dem Wasser.
Aus dem anfänglichen Tröpfeln entwickelte sich in wenigen Sekunden ein heftiger
Regenguss, und Vasmo begann zu rennen. Von weitem hörte er seine Mutter rufen.
Aus den Stiefeln lief ihm das Wasser, als er durch die Tür kam. Saika Taimasu
schnappte nach Luft. Bevor sie etwas sagen konnte, kam Vasmo ihr zuvor. „Es
ging ganz plötzlich los“, sagte er kleinlaut. „Im Nu waren die Stiefel voll.“
„Es sieht mir
eher danach aus, als hättest du einen Spaziergang ins Meer gemacht.“
„Nee. So
etwas tut man nicht, hast du mir mal gesagt. Und daran halte ich mich natürlich
...“
„Wo ist denn
das Gummivieh?“, fragte die Mutter, während sie Vasmo schon die nassen Kleider
abstreifte und ihn mit einem trockenen Handtuch rubbelte. „Hast du die Luft
rausgelassen und es zusammengefaltet in die Tasche gesteckt?“
„Wollte ich,
Mama ... Aber der Wind kam schneller ... Er hat Godzilla davongeweht... Er wird
uns nicht mehr beschützen können, wenn die Monster aus dem Meer angreifen und
...“
„Es werden
keine Monster kommen, Vasmo. Verlass dich da ganz auf mich.“ Als sie das sagte,
ahnte sie nicht, dass ein Ungeheuer aus rätselhafter Tiefe nur knapp fünfzig
Schritte entfernt in dem vom Wind aufgepeitschten Wasser der Bucht schwamm und
sie längst mit seinen scharfen Augen entdeckt hatte. Rakkat, der schrecklichste
aller Urdämonen, ragte halb mit dem Oberkörper aus dem Meer. Im trüben
Tageslicht, dem Grau des Himmels und der See hob er sich kaum ab. Aber - er war
anwesend, und eine tierische Gier erfüllte ihn. Er hatte Hunger
...
●
Der Mann, der
am späten Nachmittag mit der aus New York kommenden , Maschine auf dem Tokioer
Flughafen eintraf, trug einen eleganten Anzug, Hemd und Krawatte und hatte ein
Bordcase aus dunkelbraunem, weichem Leder dabei. Der Amerikaner, blond,
rauchgraue Augen, ein sportlicher Typ, der den Frauen sofort ins Auge fiel,
wurde normal abgefertigt. An der Sperre standen viele Menschen, die ihre
Angehörigen erwarteten. Larry Brent alias X-RAY-3 hatte in Japan keine
Angehörigen und wurde trotzdem erwartet. Von einem kleinen, untersetzten Mann,
der gemütlich wirkte und mit aufmerksamem Blick die Umgebung beobachtete. X-RAY-3
war einer der wenigen Nicht-Asiaten und fiel dem Wartenden deshalb sofort ins
Auge. „Willkommen in Tokio, Mister
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