1182 - Halloween Man
bleiche Strahl huschte wie ein Gespenst durch den Bus. Er traf bleiche Gesichter, angsterfüllte Augen, ließ Splitter wie Eis schimmern oder tastete sich über den Stoff der Sitze hinweg.
»Was ist mit euch?«, rief ich in den kleinen Bus hinein. »Seid ihr in Ordnung?«
»Ja!« antwortete eine zaghafte Frauenstimme.
»Alle?«
»Wir leben.«
»Okay, Freunde.« Ich wollte keine lange Rede halten, aber ich musste ihnen einiges sagen. »Ich will euch nicht hier in Panik versetzen, aber ich möchte auch nichts beschönigen. Der Halloween Man hat uns reingelegt. Er wollte nicht, dass ihr verschwindet. Er ist in der Nähe und versteckt sich im Nebel. Ihr müsst leider davon ausgehen, dass euch das gleiche Schicksal bevorsteht wie eurem Freund Mirco. Wenn es nach ihm geht. Gemeinsam allerdings können wir dafür sorgen, dass es nicht nach ihm geht, sondern nach uns und dass wir ihn vernichten können. Dafür sollten wir kämpfen.«
»Der zündet doch den Bus an!« schrie jemand.
»Ich will es nicht hoffen.«
»Deshalb müssen wir raus.«
»Kann man denn noch fahren?«
Auf die letzte Frage gab es keine Antwort.
Natürlich konnten wir nicht fahren. Ich hatte mir den Bus von außen zwar noch nicht angeschaut, aber die Tatsachen sprachen einfach dagegen.
»Noch mal, Freunde. Zeigt, dass ihr auch in extremen Lagen zusammenhalten könnt. Auch wenn es euch nicht so vorkommen wird, hier ist der sicherste Platz.«
»Warum denn?«, schrie die Kleine mit den gelben Haaren.
»Weil er euch nicht einzeln holen kann. Versteht ihr? Das packt er nicht.«
Sie schwiegen.
»Verstanden?«
»Ja«, klang es zurück.
»Okay, und ich lasse euch zudem nicht ohne Schutz. Meine Partnerin bleibt hier. Sie ist bewaffnet. In ihrer Pistole stecken geweihte Silberkugeln. Sollte der Halloween Man trotz allem hier erscheinen, wird sie ihn stoppen können.« Ich hatte in meine Stimme eine gewisse Härte gelegt, weil ich auch eine entsprechende Glaubwürdigkeit rüberbringen wollte.
Ob mir dies gelungen war, stand nicht fest. Aber ich erlebte zumindest keinen Widerspruch, und das war auch etwas, das man als positiv einschätzen konnte.
Jane hatte sich einen anderen Platz gesucht. Sie kniete auf dem ersten Sitz an der Beifahrerseite und schaute über den Rand der Rückenlehne hinweg. Sie lächelte, was ich als positiv empfand, und ich hoffte auch, dass ihr Lächeln von den anderen gesehen wurde.
»Dann wünscht mir viel Glück bei der Suche«, sagte ich zum Abschluss und zog mich in Richtung Tür zurück.
Jane Collins streckte mir noch seitlich ihre Hand entgegen. »Solltest du Hilfe brauchen, John, du weißt, dass ich…«
»Alles klar.«
»Dann hol dir diesen Teufel!«
Mit diesem guten Wunsch war ich entlassen. Die Tür war nicht so verklemmt, als dass sie sich nicht mehr hätte öffnen lassen. Ich stieg an der linken Beifahrerseite aus und wurde augenblicklich von den kühlen Nebelschwaden umflort.
Die anderen blieben zurück.
Jetzt zählte für mich nur noch der Killer!
***
Ich wusste nicht, ob der Halloween Man mein Aussteigen bemerkt hatte, rechnete aber damit, dass mich innerhalb des Nebels kalte Mörderaugen lauernd beobachteten.
Zu sehen bekam ich nichts. Auch nichts zu hören.
Ich wartete nicht mehr länger vor der Tür, sondern trat vor die Kühlerschnauze des Fahrzeugs hin, die mal eine gewesen war und jetzt nicht mehr.
Der Halloween Man hatte nicht nur einen gewaltigen Stein geworfen, sondern gleich zwei. Und diese Brocken hatten die Vorderseite des Fahrzeugs regelrecht zertrümmert. Sie hatten den Bus mit immenser Wucht getroffen. Es gab keine normale glatte Fläche mehr, und auch die Scheinwerfer waren nicht zu sehen. Nur noch Trümmer und Glas, das sich auf dem Boden ausbreitete.
Auch ohne Automechaniker zu sein, war mir klar, dass dieser Bus nicht mehr aus eigener Kraft fahren konnte. Das war vorbei, und so etwas nennt man einen Totalschaden.
Die Steinbrocken hatten den Bus von vorn getroffen. Also waren sie aus einer bestimmten Richtung geworfen worden. Bei Tageslicht hätte ich alles besser erkennen können, hier aber nahmen mir die Dunkelheit und der Nebel die meiste Sicht. Ich kam mir vor wie jemand, der irgendwo umherschwamm, ohne ein Ufer zu sehen.
Trotzdem war etwas zu erkennen. Ich sah eine mächtige und querstehende Mauer in die Höhe ragen, die möglicherweise so etwas wie eine Startrampe für den verfluchten Killer gewesen war.
Er hielt sich dort auf. Da war ich mir sicher. Aber ich sah ihn nicht.
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