1182 - Halloween Man
Die Dunkelheit deckte ihn, und er tat mir auch nicht den Gefallen, sich durch Geräusche zu melden. Er lachte nicht und ich hörte keine Schritte.
Hinter mir stand der Bus. Er war auch in der Dunkelheit nicht zu übersehen. Er wirkte wie eine riesige Kiste, die geöffnet werden musste, um die Beute herauszupflücken.
Der Halloween Man hatte Zeit genug gehabt, seinen Standort zu wechseln. Es war ihm durchaus möglich gewesen, in die Nähe des Busses zu gelangen.
Er trieb ein Spiel mit mir. Er trieb dieses Spiel mit allen Menschen in der Nähe, und er fing damit an, es zu beweisen, denn plötzlich sah ich das Feuer!
Es schwebte vor und über mir. Es schien in der Luft zu stehen, umschmeichelt von den dünnen grauen Schwaden.
Wie aus dem Nichts erschienen ein zweiter, ein dritter und auch ein vierter Flammenherd.
Es war kein Feuer, das einfach nur so brannte. Wie in einem Kamin oder in einer Schale. Es loderte im Freien, aber man hatte es trotzdem in ein Gefängnis gesteckt. Das fiel mir erst bei genauerem Hinsehen auf, denn die Flammen zuckten in großen, hohlen, runden Köpfen, die sie von innen erhellten.
Es waren Kürbisse.
Die alten Insignien des Halloween. So wie das Urfest einmal gefeiert worden war. Ohne den modernen Schnickschnack, den es in jedem Supermarkt um Halloween herum zu kaufen gab.
Der Killer baute seine Kulisse auf.
Vier Köpfe. In einer Linie und trotzdem unterschiedlich verteilt. Ich ging davon aus, dass sie auf der breiten Kante einer alten Mauer standen, die nicht gleich hoch war, sondern verschiedene Höhen besaß, denn auch die Köpfe befanden sich nicht auf einer Ebene.
Ein sagenhaftes Bild. Trotz des Nebels recht klar zu erkennen. So sah ich auch die in die Kürbisse eingeschnittenen Fratzen. Münder. Nasen. Augen. In ihnen schimmerte das Licht der Kerze oder der Kerzen, die im Innern standen.
Ich hatte mich an den Anblick gewöhnt. Er war sicherlich auch von den Leuten im Bus gesehen worden. Noch wurde kein Tür geöffnet. Wahrscheinlich hielt Jane die Fahrgäste unter Kontrolle.
Der Halloween Man inszenierte seine Auftritte wirklich. So hatte auch der Tote auf dem Tisch gewirkt. Das war nichts Natürliches mehr gewesen. Er war drapiert worden. Ich ging davon aus, dass auch seine nächsten Opfer mehr ritualisiert werden würden, aber so weit wollte ich es nicht kommen lassen.
Zunächst mal war ich nur der Beobachter. Ich stand in der nebligen Luft, schaute auf die Köpfe und glaubte, dort oben eine Bewegung zu erkennen.
Nebel, der mir einen Streich spielte?
Nein, das musste nicht sein. Es konnte sich durchaus dieser Killer dort aufhalten.
Und er sprach. Laut, grell. Hell und dunkel zugleich. Es war eine mehr künstliche Stimme, mit der er mich begrüßte.
»Willkommen zu meinem Fest. Herzlich willkommen auf der Straße des Todes…«
Diesmal war es anders als bei seiner Lache. Die Worte hinterließen keinen Schauer bei mir. Ich hatte so etwas erwartet. Dabei wollte ich nicht unbedingt von Routine sprechen, aber ich kannte diese schwarzmagischen Wesen, die sich stets damit brüsteten, die besten zu sein und darstellen wollten, wie hoch sie letztendlich den Menschen überlegen waren.
Er sagte nichts mehr. Anscheinend wartete er auf eine Antwort, und die bekam er von mir. Zu sehen war er nicht. Ich hielt mich an die vier erleuchteten Kürbisse und schrie meine Worte in diese Richtung.
»He, Halloween Man! Endlich höre ich dich. Ich habe dich gesucht. Aber du könntest mir einen Gefallen tun. An deinem Grab bin ich bereits gewesen. Nur habe ich dich dort nicht gefunden. Jetzt höre ich dich nur. Wann endlich kann ich dich sehen?«
Ich breitete die Arme aus. Vielleicht konnte er mich ja sehen. »Warum zeigst du dich nicht? Bist du so feige? Hast du Angst vor einem Menschen, der dir entgegentritt und keine Furcht zeigt?«
Er gab Antwort. Sie bestand aus einem Lachen. Es hörte sich scharf an, irgendwie splitternd, als würde es stückweise meine Ohren erreichen.
Und während ich horchte und auch weiterhin auf die Reihe der Köpfe schaute, die wirklich ein makabres und unheimliches Bild in Dunkelheit und Nebel bildeten, bekam ich ihn zum ersten Mal zu Gesicht.
Nein, nicht genau. Auch nicht deutlich. Er war nicht mehr als ein Schatten, der zwischen seinen verdammten Köpfen von einer Seite zur anderen glitt.
Eine Gestalt mit menschlichen Umrissen. Aber auch eine Gestalt, die eine besondere Kleidung trug, denn ich sah, dass er an gewissen Stellen glänzte wie ein Spiegel
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