1183 - Visionen der Hölle
Suko.
Sie musste gespürt haben, dass sie von ihm ebenfalls keine Hilfe erwarten konnte, und was ich hörte, das war ein leiser Fluch. Ich wusste nicht, wem er galt, aber ich erlebe eine andere Reaktion direkt an meinem Körper.
Vor der Brust erwärmte sich das Kreuz!
***
Ich will nicht behaupten, dass ich darauf gewartet hatte, aber irgendwie hatte ich es vermisst. Mir war zudem nicht klar gewesen, ob wir hier überhaupt den richtigen Weg eingeschlagen hatten, aber jetzt wusste ich es.
Doria hatte sich offenbart. Sie hatte mir gezeigt, dass hinter ihrer schönen und perfekten Fassade etwas ganz anderes steckt. Sie war wie ein schöner Apfel.
Außen wunderbar und glatt, aber innerlich verfault.
Ich zeigte mit keiner Faser meines Körpers, was mich getroffen hatte, sondern blieb äußerlich ruhig.
Ganz im Gegensatz zu Doria. Sie war misstrauisch geworden. Sie hatte tatsächlich gemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmte. Sie stand auf der Tanzfläche wie jemand, der nicht weiß, ob er das Programm durchziehen oder sofort abbrechen wollte.
Die anderen Gäste drängten sie. Sie sprachen zugleich, wie abgemacht. »Weiter… weiter…«
In die Stille hinein hallte ihr Lachen. Sie hatte sich wieder gefangen. Mich bedachte sie dabei mit keinem Blick. »Weiter, habt ihr gesagt? Ja, Freunde, ich tue euch den Gefallen. Ich mache weiter. Ich werde tanzen, und ich werde einen Tanz wie nie zuvor hinlegen, das kann ich euch versprechen.«
Bei ihren letzten Worten hatte sie den Kopf gedreht und schaute zu mir hin.
Ich nickte nur…
Sie streckte beide Arme aus. Sie schnippte mit den Fingern. Sie warf den Kopf zurück, sodass ihre rote Mähne wirbelte. »Jaaa, der Tanz. Der Tanz der Wahrheit. Der Tanz der Geister, und der Tanz der Hölle. Alles trifft zusammen - alles.«
Was sie sagte, kam mir mehr als gelegen. Endlich hatte sie ihren Schutzpanzer abgeworfen und präsentierte sich so wie sie war. Ich und auch die anderen waren gezwungen, uns auf einen anderen Tanz einzustellen, den sicherlich auch Tom Harding erlebt hatte.
Es gab keine Musik mehr. Aber die brauchte Doria auch nicht. Der Rhythmus lebte in ihr. Sie brauchte ihn nur abzurufen und ihre Bewegungen darauf einzustellen.
Der Tanz begann mit zwei schnellen Schritten, die sie in meine Nähe brachten. Ich sah ihren giftigen Blick und hörte auch das leise Fauchen, das sie mir entgegenschickte. Für mich war es ein Laut des Hasses, obwohl ich bisher nichts getan hatte.
Doria zog sich wieder zurück. Kaum auf der Mitte der Plattform angekommen, begann sie mit ihren wirbelnden Bewegungen. Sie tanzte dabei auf der Stelle und drehte so schnelle und wahnsinnige Pirouetten, dass einem schon beim Zuschauen schwindlig werden konnte. Sie war nicht zu halten.
Die Fliehkraft schleuderte ihre Haare in die Höhe und hielt sie waagerecht in der Luft.
Als Mensch war Doria nicht mehr zu erkennen. Dafür als ein wirbelndes Etwas, das zwar Kontakt zum Boden hatte, aber auf mich wie schwebend wirkte.
Ich wollte sie auch nicht mehr ansehen und konzentrierte mich auf die Spiegel, in denen sich ihre kreisenden Bewegungen abzeichnen mussten.
Da war auch etwas.
Aber nicht sie.
Nein, ich sah die Schatten über die Fläche huschen, ich hörte auch Sukos warnenden Ruf und erlebte, wie sich die Schatten in den Spiegelflächen verdichteten, sodass aus ihnen Gestalten und Figuren erschienen, die normal nicht zu sehen waren.
Die Spiegel erhielten plötzlich ein Eigenleben. Etwas, das bisher tief in ihnen verborgen gewesen war, wurde nun an die Oberfläche geholt und zeichnete sich dort deutlich ab.
Es war das, was es auf unserer Welt nicht gab. Es war etwas anderes. Hervorgeholt aus den Tiefen einer anderen Dimension. Vielleicht sogar aus der Hölle, bei der Satan persönlich die Pforten und Türen geöffnet hatte.
Grauenvoll…
Dunkelheit und Helligkeit wechselten sich ab. Das Licht über uns bekam einen harten dunklen Schleier. In den Spiegeln tobten sich die Monstren aus. Sie bewegten sich leider zu schnell, sodass es mir nicht möglich war, sie zu erkennen.
Schattenwesen, hervorgeholt durch Dorias Tanz, der noch immer nicht aufhörte. Es war nicht mehr menschlich, sich so lange und so scharf zu drehen. Der Schwindel hätte jeden normalen Menschen zu Boden geschleudert und ihn fertig gemacht.
Nicht Doria.
Sie gab nicht auf. Sie kämpfte und tanzte weiter. Vielleicht forcierte sie sogar ihr Tempo. Wer konnte das schon sagen? Ich jedenfalls nicht, denn ich kam aus dem Staunen
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