1183 - Visionen der Hölle
Sie?«
»Ja, ein Teil von ihr. Mit ihrem Geruch. Vielleicht sogar mit ihrer Seele bestückt.«
Dem Mann war nicht zu helfen. Suko ließ ihn deshalb stehen und machte sich auf den kurzen Weg zu mir. Mit Augen unter hochgezogenen Brauen schaute er mich an. »Jetzt bist du an der Reihe, Geisterjäger.«
»Was willst du hören?«
»Alles.«
»Sie gehört zur anderen Seite.«
»Das hatte ich mir beinahe gedacht.« Er zeigte ein scharfes Lächeln. »Es ist schon beinahe unmenschlich, was sie da geleistet hat. Wahnsinn.«
»Du hast die Szenen im Spiegel gesehen?«
»Was sonst?«
»Erotic Mirror«, sagte ich.
»Stimmt. Und weiter?«
»Nichts weiter. Allerdings frage ich mich, wo da die Erotik geblieben ist. Wenn ich den Spiegeln etwas zuordnen soll, dann hat dies sicherlich nichts mit Erotik zu tun, sondern mit dem, was wir bekämpfen. Das muss ich klarstellen.«
»Die Mächte der Finsternis. Die Schatten im Spiegel, die sich nicht lösen konnten.«
»Genau.«
»Und warum haben sie das nicht geschafft?«
Mein Lächeln fiel dünn und schief aus. »Das ist ganz einfach. Sie konnten es nicht schaffen, weil ich dagegengehalten habe. Und zwar mit meinem Kreuz.«
»Das hast du nicht gezogen.«
»Stimmt. Es erwärmte sich trotzdem. Es muss etwas aufgebaut haben, das die Schatten in den Spiegeln ließ. Es versperrte ihnen den Weg nach außen.«
»Und wie reagierte Doria?«
»Vor ihrem letzten Tanz trat sie noch mal dicht an mich heran. Sie wollte meine Wünsche erfahren, was das Ausziehen der verbliebenen Kleidungsstücke anging. Dazu kam es nicht mehr. Ich habe von ihr verlangt, die Wahrheit zu sagen. Daraufhin zog sie sich zurück und begann ihren letzten Tanz.«
»Sehr schön, denn jetzt sitzt sie zum Greifen nahe für uns und denkt nicht daran zu verschwinden. Diese Chance werden wir uns doch nicht entgehen lassen. Zudem ist dieser komische Ray noch nicht erschienen. Das hier ist alles mehr als merkwürdig.«
»Du hast doch einen Vorschlag, Suko.«
»Ja, habe ich auch.«
»Lass hören.«
»Ich werde dir den Rücken frei halten. Du kannst dich dann um unsere Freundin kümmern. Ich bin gespannt, wie sie reagiert, wenn du direkt bei ihr bist.«
»Ich auch.«
»Dann geh hin.«
Es war noch nicht so weit, denn der Mann mit der Perücke meldete sich. »He, sie kann hier nicht länger sitzen bleiben. Man muss ihr helfen. Sie ist erschöpft und…«
»Ich erledige das«, sagte Suko und war mit wenigen Schritten bei dem Sprecher.
Ich blieb an meinem Platz stehen. Wie nebenbei hörte ich, dass Suko mit beiden Gästen sprach, während ich mich auf Doria konzentrierte.
Sie war eine besondere Frau und sicherlich nicht einfach nur eine Tänzerin, auch wenn sie darin topp war. Ich war davon von überzeugt, dass sie ein Geheimnis mit sich herumtrug und wollte auch nicht behaupten, es mit einer Dämonin zu tun zu haben. Auch keine Hexe. Sie war etwas anderes und möglicherweise noch nicht bereit.
Ich musste das Bein heben, um mit einem hohen und auch langen Schritt die Tanzfläche zu betreten.
Niemand störte mich, und ich nahm mir die Zeit, den Boden zu betrachten, der tatsächlich aus Metall bestand und an manchen Stellen aussah, als sei er von silbrigen Fäden durchzogen.
Ob Doria mich bemerkt hatte, war nicht festzustellen. Ihre Haltung jedenfalls hatte sie nicht verändert und auch nicht den Kopf angehoben, so konnte sie mich nicht sehen.
Was ich tat, war nichts Besonderes. Ich ging schlichtweg auf eine Frau zu, die auf dem Boden hockte. Nur dass sie eben wenig bekleidet war.
Und doch war es anders, weniger normal. Mein Gefühl sagte mir, dass ich mit Doria noch einigen »Spaß« bekommen würde, denn sie verhielt sich außerhalb der Norm.
Ich blieb etwa eine halbe Schrittlänge von ihr entfernt stehen und schaute auf sie nieder. Etwas zwang mich, die Umgebung zu vergessen. In diesen Momenten gab es nur sie und mich.
Mein Blick fiel nach unten und damit auf ihr rotblondes Haar. Es war nicht zu erkennen, ob sie es gefärbt hatte. Möglicherweise die rötlichen Strähnen hinein, denn nicht überall schimmerte die Farbe.
Sie rührte sich nicht.
Ich ließ einige Sekunden verstreichen, bevor ich sie mit leiser Stimme ansprach.
»Doria, hören Sie mich?«
Tatsächlich, sie nickte. Ohne dass sie allerdings den Kopf aus ihren Armen wegnahm.
»Bitte, wir sollten miteinander reden.«
»Nein, lass mich. Lass mich in Ruhe. Ich bin im Werden, verstehst du? Ich bin im Werden!«
Im Prinzip hatte ich mir keine
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