1184 - Die Satanszahl
denken, Jack«, fiel ihm Suko ins Wort. »Es sind zwei scheußliche Morde passiert, das wissen wir beide. Sicherlich wollen wir auch, dass der Täter gefasst wird.«
»Ja, bestimmt.«
»Dann sind wir uns einig. Aber du bist ein Zeuge. Du musst etwas gesehen haben, sonst hättest du dich nicht versteckt.«
Es war, als hätte Suko durch seine Worte einen Damm aufgerissen, der die Gefühle des jungen Mannes bisher zurückgehalten hatte. Das Blut schoss ihm in das bleiche Gesicht, er selbst zitterte plötzlich und suchte dabei krampfhaft nach Worten. In seine Augen traten Tränen, und er brachte nicht mehr als ein Nicken zu Stande.
Das war immerhin ein kleiner Fortschritt, auch wenn Suko die Sprachblockade noch nicht durchbrochen hatte.
»Sehr gut«, sagte er. »Du hast also etwas gesehen.«
Es waren wohl die falschen Worte gewesen, denn Doring schlug die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen. Der Schock musste ihn hart erwischt haben. Suko gab ihm auch Zeit. Er ging zum Regal und holte von dort eine noch zur Hälfte gefüllte Flasche mit Whisky und ein Glas. Er schenkte etwas Whisky ein und schob das Glas Doring zu.
»Nimm einen kräftigen Schluck. Danach werden wir sicherlich reden können.«
»Ja, ich muss…« Er griff mit zitternden Fingern zu und kippte den Whisky.
Dann musste er husten, schüttelte sich und rang nach Luft. Suko wartete, bis sich der Mann wieder beruhigt hatte.
»Können wir jetzt sprechen?«
»Will es versuchen.«
»Dann würde ich gern von dir hören, was geschehen ist.«
Jack musste sich zunächst noch sammeln. »Ich war ja hier… und doch nicht hier«, begann er stockend, »als er kam…«
»Er?«
»Ja, der Mörder. Der Tote…«
»Wieso der Tote?«, hakte Suko nach. »So wie er aussah, können nur Tote aussehen. Er muss aus einem Grab oder aus einem Sarg gestiegen sein. Er sah furchtbar aus. So bleich, so leer, wie Frankensteins Monster, und auf seiner Stirn leuchteten drei Zahlen.«
»Dreimal die Sechs?«
»Ja, so ist es gewesen.«
»Wo hast du ihn gesehen?«
»Ich war hinter dem Vorhang. Ich hatte dort zu tun. Er kam in das Büro hier. Eric saß am Tisch. Er wollte etwas schlafen. Hatte 'ne harte Nacht hinter sich, und dann ist es passiert.« Die Erinnerung übermannte ihn und Doring konnte einfach nicht mehr sprechen. Suko ließ ihm Zeit, und Doring erholte sich auch wieder. »Ich stand hinter dem Vorhang. Ich habe durch die Lücke alles gesehen, aber ich will nicht darüber sprechen. Es war zu schlimm.«
»Das brauchst du auch nicht. Ich kann mir alles sehr gut vorstellen. Eine andere Frage. Seid ihr hier nur zu dritt gewesen?«
»Ja.« Er stammelte die Namen. »Eric, Kundro und ich. Kundro war vorn. Er ist auch tot, nicht?«
»Leider.«
»O Scheiße! Und ich…«
»Du hast verdammt viel Glück gehabt, Jack. Sogar mehr, als man in einem Leben erwarten kann.«
»Es war Zufall. Ich habe ja auch damit gerechnet, dass er mich holt. Aber er kam nicht. Ich traute mich auch nicht hervor. Ich blieb dort hocken. Ich wollte einfach nicht. Dann hörte ich die Geräusche und auch die Schritte. Plötzlich sah ich Sie. Ich… ich… musste einfach etwas tun. Ich war wie von Sinnen. Ich habe Sie für einen Komplizen von ihm gehalten, verstehen Sie?«
»Ja, ja, das habe ich verstanden. Da hast du eben zum zweiten Mal Glück gehabt.«
Er lachte schrill. »Und die anderen sind tot!«, schrie er dann. »Es ist alles vorbei. Scheiße, wir wollten doch nur Spaß mit unserer Zeitung haben. Wir haben nie geglaubt, dass so etwas passieren könnte. Wie kommt das nur?«
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Suko und wartete ab, bis Jack das Glas wieder abgesetzt hatte. Er schluckte den Rest und atmete keuchend. »Dieser Mörder ist ja von dir beschrieben worden. Mir ist das zu wenig. Kannst du mir sagen, wie er genau aussieht?«
»Nein, nicht.«
»So ungefähr.«
»Wie ein Toter.«
»Ist ein bisschen wenig«, sagte Suko. »Kannst du dich nicht an Einzelheiten erinnern?«
Jack wand sich. Suko wusste, dass er von Jack viel verlangte, aber das hier war kein Spaß. Jedes Detail konnte für die Aufklärung wichtig sein, und Suko wollte sich keine Vorwürfe machen, etwas Falsches getan zu haben.
Er half Doring. »War er groß? War er klein?«
»Eher groß.«
»Du hast Frankensteins Monster erwähnt«, fuhr der Inspektor fort. »Sah er vielleicht so ähnlich aus, oder hast du dir das einfach nur eingebildet?«
»Nein, er hat so ausgesehen. Er war so bleich. Er war auch
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