1184 - Die Satanszahl
Suko an ihm vorbei auf das Fenster schaute. Endlich schaffte er die Drehung im Sessel.
Er sah das Fenster - und war entsetzt.
Dort zeigte sich die Fratze mit der Satanszahl!
***
Moira Green und ich hatten nach Soho fahren wollen und wollten es noch immer. Aber wir steckten im Stau.
Vor den Scheiben des Rovers lief der graue Tag vorbei wie ein trüber Film.
Es regnete nicht, aber es wurde diesig, und die Wolken sanken immer tiefer, als wollten sie die Hausdächer küssen. Das war ein typisches Herbstwetter, und es gab keinen Grund, sich darüber aufzuregen. Wir änderten doch nichts daran und mussten uns einfach fügen.
Moira rauchte zwei Zigaretten. Sie hatte das linke Seitenfenster geöffnet, damit der Rauch abzog.
Schon bei der Abfahrt hatte sie nachdenklich gewirkt.
Meiner Ansicht nach dachte sie auch jetzt über etwas nach. Sie beschäftigte sich mit Problemen.
Mehrmals - so kam es mir vor - schien sie zum Sprechen ansetzen zu wollen, doch es drang kein Wort über ihre Lippen.
Als sie die zweite Kippe im Ascher ausgedrückt hatte und ich wieder in einem Stau halten musste, stellte ich ihr die Frage. »Welche Probleme haben Sie, Moira?«
Sie saß starr wie eine Puppe neben mir und blickte ebenso starr durch die Scheibe auf das Heck eines kleinen Lastwagens, auf dem ein großer knallbunter Papagei zu sehen war. Vor seinem Schnabel baute sich eine Sprechblase auf. Mit dem Text warb er für Vogelfutter.
»Sie haben Probleme, Moira, das sehe ich Ihnen an.«
»Ach - meinen Sie?«
»Ja.«
»Kann sein, die hat jeder.«
Beide Antworten hatte sie mit spröde klingender Stimme gegeben, was meinen Verdacht nur erhärtete.
»Wenn die Probleme mit dem zusammenhängen, was wir erlebt haben, dann sollten Sie sie nicht für sich behalten. Möglicherweise kann ich Ihnen helfen.«
»Das bezweifle ich.«
»Sie vergessen, wer ich bin. Das soll nicht überheblich klingen, sondern Ihnen nur klar machen, dass ich mich nicht vor Dingen fürchte, die nicht in das normale Regelwerk hineinpassen.«
»Das weiß ich.«
»Dann raus damit.«
Moira schaute mich noch immer nicht an. »Ich weiß nicht, John, aber ich möchte Sie nicht belasten. Sie sind Polizist und müssen sich an die Fakten halten, doch in diesem Fall…«
Moira ließ den Satz unausgesprochen. Ich kam darauf zurück. »Ja, ich halte mich an die Fakten und auch an solche, die verdammt schwer zu begreifen sind. Oder überhaupt nicht.«
Jetzt blickte sie mich von der Seite her an. »Ach, meinen Sie das wirklich?«
»Ich schwöre.«
Sie gönnte uns beiden eine kleine Pause. »Auch wenn es gegen die Naturgesetze läuft?«
»Ja.«
»Dann sind Sie ein besonderer Mensch, der sich von allen anderen abhebt.«
»So würde ich das nicht sehen, Moira. Ich bin niemand Besonderes, sondern nur jemand, der in all den Jahren einen etwas anderen Weg gegangen ist. Sonst hätte uns Kollege Tanner nicht alarmiert. Das sollte schon Beweis genug für Sie sein.«
»Ja, aber mir fällt es verdammt schwer.«
»Dann springen Sie einfach über den eigenen Schatten, Moira. Das kann auch Erleichterung bedeuten. Ich weiß, Sie haben einen Kollegen verloren, das war ein Schock, und das ist auch schwer genug, aber deshalb sollten Sie das Leben nicht aus den Augen verlieren. Mit allen Vor- und Nachteilen.«
Ich hörte sie durchatmen. Dann hoben sich ihre wohlgeschwungenen, sehr dunklen Augenbrauen, und zugleich zuckte sie die Achseln.
»Sie können sehr überzeugend reden, John. Ich aber mache mir Vorwürfe.«
»Müssen Sie das denn?«
»Ich für meinen Teil schon.«
»Warum?«
»Ich denke, dass Carlos Rossiter noch hätte leben können, wenn ich nicht so auf den Besuch bei Robson gedrängt hätte.«
»Die Logik ist menschlich zwar verständlich, trotzdem kann ich sie nicht so recht begreifen. Es hätte Sie ebenso erwischen können wie Ihren Partner.«
»Wir hätten es beide wissen müssen.«
»Was?«
»Dass er gefährlich ist.«
Ich konnte endlich wieder starten und fuhr an. »Ja, das glaube ich Ihnen gern. Aber es ist auch ziemlich allgemein, was Sie mir da gesagt haben, wenn ich ehrlich bin.«
»Er ist verdammt gefährlich gewesen. Er war kein Mensch mehr. Zumindest nicht in seinem Innern. Er hat zu ihnen gehört, und wer zu ihnen zählt, der hat alles Menschliche ausgeschaltet. Der ist zu einem Tier geworden und agiert auch im Zeichen des Tiers. Der geht über Leichen, der tötet, weil er töten muss.«
»Sie kennen sich aus, Moira.«
»Ja, bestimmt. Ich habe mich
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