1187 - Wächterin am Höllentor
Hals weg.
Vestina tat nichts dagegen. Sie ließ Jane gewähren, weil sie erst für sich Klarheit haben wollte. Es lief alles verkehrt. So hatte sie sich die Dinge nicht vorgestellt. Obwohl sie nicht zugeben wollte, dass Jane zu ihr gehörte, tobten nach wie vor Zweifel in ihr.
Jane kämpfte mit sich selbst. Sie hatte allmählich den Eindruck, von innen her zu brennen. Es hätte sie nicht verwundert, wenn plötzlich aus ihren Augen Flammen geschlagen wären, aber es blieb bei dieser stark gewordenen Kraft, die Janes Körper übernommen hatte.
Jane hatte es nie gewollt, dass die geringen Hexenkräfte in ihr zurückgeblieben waren. In dieser Lage sah sie jedoch alles mit anderen Augen und war froh darüber.
»Deine Augen«, flüsterte Vestina. »Was ist mit deinen Augen, Jane Collins?«
Sieh an, dachte Jane, sie kennt meinen Namen. Das Lächeln war kalt. »Es sind andere Augen, nicht wahr?«
»Ja, ja…«
»Welche denn?«
»Ich spüre die Verwandtschaft darin. Es gibt etwas zwischen uns, was uns verbindet.«
»Ist es der Teufel?«
»Genau!«
»Du stehst auf seiner Seite?«, fragte Vestina kreischend und lachte dazu.
»Manchmal bin ich auf seiner Seite«, gab Jane zurück. »Es kommt immer auf den Moment an…«
Vestina nickte ihr zu. Dann lachte sie brüllend. »Dann kannst du mir zur Seite stehen und mir dabei helfen, die Frauen der Reihe nach zu vernichten. Wir werden sie gemeinsam töten. Wir werden zusammen eine Stützpunkt der Hölle errichten. Das ist es doch, was ich will. Und du willst es auch.«
»Meinst du?«
»Ja, ja, ja…!«
Die Oberin war vergessen. Vestina geriet in eine Art von Euphorie. Ihre Augen leuchteten so hell auf, als würden sich darin Blitze wiederfinden.
»Lass uns gehen!«
»Warum?«
»Wir fangen an!«
»Aber hier…«
»Das will ich nicht!«, flüsterte Jane. »Josepha läuft uns nicht weg. Sie wird tun, was wir sagen. Sie wird sich davor hüten, etwas gegen uns zu unternehmen.«
»Gut, meine Freundin. Wie du meinst. Holen wir uns die Oberin des Klosters zum Schluss.«
Damit war Jane einverstanden. Sie wollte auch nicht, dass Vestina merkte, wie es in ihrem Innern aussah, denn da liefen die Gedanken in eine andere Richtung.
Sie war zu einem Phänomen geworden. Die alte Hexenkraft war erwacht. Nicht so stark wie damals, als sie noch unter dem Einfluss des Teufels gestanden hatte, doch der verbliebene Rest reichte aus, um Vestina auf eine falsche Fährte zu locken. Sie würde es nicht schaffen, das Kloster zu übernehmen, aber Jane war auch nicht in der Lage, sie zu vernichten. Sie konnte Vestina nur hinhalten, bis vielleicht John Sinclair eintraf.
Jane schritt auf eine bestimmte Stelle an der Wand. Sie war jetzt bereit für eine Demonstration, die Vestina wahrscheinlich an ihrer Welt zweifeln ließ.
Jane kümmerte sich auch nicht um die Oberin. Sie hockte auf dem Bett mit dem Rücken gegen die Wand und hielt die Hände gefaltet. Sie rief alle Heiligen an, die ihr im Moment nicht helfen konnten.
Dafür griff Jane nach dem Holzkreuz, hob es von der Wand und drehte sich mit dem Kreuz herum.
Vestina staunte sie nur an. Sie war völlig perplex. Sie wusste nicht, was sie hier erlebte. Ein Phänomen jagte das andere. Die Frage brach stockend über ihre Lippen. »Du… du… gehörst zu uns und hast trotzdem das Kreuz…«
»Manchmal muss man sie mit den eigenen Waffen schlagen!«, flüsterte Jane und ging zur Tür.
Sie ließ sich auch nicht durch Vestinas Ruf aufhalten. Als sie die Klinke vor sich sah, wechselte sie das Kreuz nur in die linke Hand. Dann öffnete sie die Tür.
»Wo willst du hin, Schwester?«
»Endlich anfangen!«
Jane hoffte, die richtigen Worte getroffen zuhaben. Denn direkt neben der Tür und dicht an die Wand gepresst, stand jemand.
John Sinclair!
***
Natürlich hatte ich es nicht mehr draußen ausgehalten. Das Kloster und die darin lebenden Nonnen waren für eine Unperson wie Vestina ungemein wichtig. Dort konnte sie ihre Zeichen setzen, und deshalb war ich ebenfalls zum Haus gelaufen.
Es würde alles klappen. Es musste klappen. Ich wollte das Kloster nicht dem Teufel überlassen.
Ich fragte mich zum Zimmer der Oberin durch und hatte es auch betreten wollen, als ich die Stimmen hörte. Aus dem kurzen Lauschen wurde ein langes, und ich wollte meinen Ohren kaum trauen, als ich den größten Teil der Unterhaltung zwischen den beiden so unterschiedlichen Personen mitbekam.
Es gab eine Mitte, wo sie sich trafen. Man konnte es als verrückt
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