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1188 - Wartesaal zum Jenseits

1188 - Wartesaal zum Jenseits

Titel: 1188 - Wartesaal zum Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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auch wenn es die Stimme meiner eigenen Mutter ist. Sie ist tot, sie liegt im Sarg, und ich will endlich meine Ruhe haben. Deshalb bleibe ich auch nicht länger.« Die Stimme war immer lauter geworden. Schließlich verstummte sie und drehte sich ruckartig um. Es war ihr dabei egal, dass sie zwei Menschen zur Seite stoßen musste, um freie Bahn zu haben, aber dann rannte sie weg und konnte endlich anfangen zu weinen.
    Weniger aus Trauer als aus Angst, denn Tessa ahnte, dass ihr noch etwas Furchtbares bevorstand…
    ***
    In ihrem Auto fand sie sich schließlich wieder und war endlich in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, obwohl es hinter ihrer Stirn noch pochte und hämmerte.
    Aber sie konnte denken und setzte ihre geistigen Worte in eine Überschrift.
    WAHNSINN!
    Es war einfach Wahnsinn, was sie auf dem Friedhof erlebt hatte. Tessa wusste keine Erklärung, und ihr fiel auch keine ein, als sie darüber nachdachte, aber sie hatte keinen Traum erlebt, obwohl ihr das am liebsten gewesen wäre.
    Es war die Stimme ihrer Mutter gewesen. Aus Tausenden hätte sie die hervorgehört. Eine Tote hatte zu ihr gesprochen. Tessa wollte sich das nicht vorstellen, doch es war so.
    Eine Tote!
    Sie drehte sich nach links und trommelte mit den Fäusten auf den Beifahrersitz. Dabei hörte sie sich schreien. Auch das musste sein, um zu sich selbst zu finden. Es ging einfach nicht anders.
    Den kleinen Polo hatte sie relativ versteckt abgestellt. Hinter dem Lagerhaus eines Gärtners, der sein Geschäft nicht weit vom Friedhof entfernt betrieb. Sie war dann zu Fuß gegangen, um sich praktisch an die Leichenhalle heranzuschleichen. Doch auch das hatte keinen Sinn gehabt, denn sie anderen Trauergäste waren schon vor ihr dort gewesen.
    Tessa lehnte sich zurück. Sie stieß den Atem gegen die Decke, die Augen waren leicht verdreht. Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt, als wollte sie etwas beschwören.
    Es kann nicht wahr sein!, schoss es ihr durch den Kopf. So etwas gibt es nicht. Es muss an mir gelegen haben, denn ich war einfach nicht mehr fit.
    Der Geistliche. Die Trauergäste. Es kam ihr wie ein Spuk vor. Als wären sie gar nicht wirklich vorhanden gewesen, sondern nur Gespenster, die eine andere Welt verlassen hatten. Wie normale Menschen jedenfalls hatten die sich nicht verhalten. Während Tessa daran dachte, bekam sie wieder eine Gänsehaut. Sie drückte sich etwas zur Seite und konnte dorthin schauen, wo der Hauptweg zum Friedhof führte. Sie sah ihn, aber sie sah ihn leer. Eigentlich hätten die Trauergäste dort entlanggehen müssen.
    Es war niemand da.
    Komisch, dachte sie. Es konnte allerdings auch sein, dass sie einen anderen Weg genommen hatten.
    Tessa wusste nicht, was sie noch tun sollte. Was sie auch unternahm, war vielleicht falsch. Sie spielte mit dem Gedanken, noch mal zum Grab zurückzugehen, doch auch davor hatte sie Angst. Abermals die Stimme der Mutter zu hören, würde sie nicht verkraften.
    Tessa Tomlin stand vor einem Problem, und sie wusste nicht, wie sie es lösen sollte. Ihr war nur klar, dass sie es allein nicht schaffen konnte. Was sie vorhin erlebt und durchlitten hatte, war so einschneidend in ihrem Leben gewesen, dass die Furcht sie wieder durchschüttelte.
    Hilfe!
    Genau das. Tessa war an einem Punkt angelangt, an dem sie Hilfe brauchte. Zugleich lachte sie auf, als ihr dieser Gedanke kam. Wer würde ihr schon helfen?
    Sie kannte keinen. Zudem würde ein Fremder sie auslachen oder für verrückt erklären, wenn sie ihn mit derartigen Dingen überfiel.
    Nein, eine fremde Hilfe konnte sie nicht verlangen. Außerdem kannte sie keinen Menschen.
    Oder doch?
    Plötzlich hatte sie das Gefühl, wieder normal denken zu können. Es gab da tatsächlich jemand, der sie nicht auslachen würde, wenn sie ihm das Problem erzählte.
    Dieser Jemand war eine Frau.
    Sie hieß Glenda Perkins. Sie arbeitete bei Scotland Yard. In der Freizeit besuchte sie hin und wieder ein Fitness-Studio. Da hatten sich die beiden Frauen auch kennen gelernt. Nach dem Sport hatten sie hin und wieder bei einem alkoholfreien Drink an der Bar der Muskel-Bude gesessen. Sie waren ins Plaudern gekommen. Dabei hatte Glenda manchmal von ihrem Job bei Scotland Yard erzählt. Zudem war sie jemand, der an gewisse Vorgänge mit großem Ernst heranging und auch nichts dagegen hatte, hinter die Dinge zu schauen.
    Wenn Glenda mitspielte, dann war ihr schon geholfen. Zumindest hörte sie zu.
    »Okay«, flüsterte Tessa vor sich hin. »Ich versuche es.

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