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1188 - Wartesaal zum Jenseits

1188 - Wartesaal zum Jenseits

Titel: 1188 - Wartesaal zum Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihn erschüttert. Er sah wohl ein, dass für ihn eine Welt zusammenbrach, aber genau das wollte er nicht akzeptieren.
    »Nein, verdammt!«, brüllte er mich an. »Nein, so geht das nicht. Wir haben den Weg geöffnet. Marga ist uns vorangegangen, sie baute die Brücke, sie hält sie…«
    »Wir werden es sehen«, sagte ich mit ruhiger Stimme. Mein nächstes Ziel war die Erscheinung. Ich wollte endlich die Konfrontation haben. Ich wollte sie aus der Reserve locken. Sie sollte so handeln wie bei Boris Long.
    Der nächste Schritt brachte mich schon so nahe an sie heran, dass ich den Eindruck bekam, von ihr umfangen zu werden. Die Kälte fing an meiner Stirn an und sackte dann weiter nach unten, bis hin zu den Fußspitzen, sodass ich mir vorkam wie jemand, den man zusammen mit zahlreichen Toten in einen Eiskeller gesperrt hatte.
    Das Licht bewegte sich.
    Gleichzeitig strahlte mein Kreuz auf. Ich hatte nichts getan. Es kämpfte Licht gegen Licht, und mein Licht stand auf der Seite des Himmels, den Marga nie erreichen würde.
    Ihre Gestalt drängte sich wieder zusammen und verlor dabei den menschlichen Umriss. Sie wurde zu einem Stern, der plötzlich nach vier Seiten wegstrahlte und zugleich eine gewisse Ähnlichkeit mit einer riesigen Libelle aufwies.
    Ben Clemens brüllte plötzlich los. Er rannte weg. Er wollte dem flüchtenden Etwas nach und es wieder einfangen.
    Blitzartig zuckte das Licht auf ihn nieder. Es besaß noch eine gewisse Kraft, und ich wurde wieder daran erinnert, was ich auf dem Friedhof erlebt hatte.
    Auch hier schlug das Wesen zu.
    Auf einmal verschmolzen zwei Lichtfiguren ineinander. Einige Schritte vom Altar entfernt, aber für jeden sichtbar. Marga holte sich Ben Clemens.
    Er verwandelte sich zu einem Leuchtkörper ohne Feuer. Alles an ihm glänzte und strahlte hell. Aber er zerstrahlte zugleich. Die Haut trat zurück. Die Muskeln verschwanden, und wir alle sahen das helle Knochengestell, das nur noch für die Länge eines Schnaufers Kontakt mit dem Boden hatte.
    Dann fiel auch das Skelett zusammen, und der Mensch Ben Clemens wurde wieder zu dem, was er einmal gewesen war - zu Staub…
    Ein letzter Widerschein huschte durch die kleine Kirche, tanzte über die Wände, die Decke, den Boden und die Bänke.
    »Weg… ich bin weg. Nie mehr wieder… nie mehr… kein Wartesaal - nie mehr…«
    Schluss!
    Keine Stimme, kein Flackern, nur eben die bedrückende Stille, in der sich Menschen aufhielten, die viel Glück gehabt hatten, denn für sie gab es keinen Wartesaal zum Jenseits mehr…
    ***
    Tessa Tomlin saß in der Bank und weinte. Glenda stand bei ihr und tröstete sie. Suko und ich kümmerten uns um die Menschen, die in ihrem religiösen Wahn einen falschen Weg gegangen waren.
    Wir erfuhren auch, dass Ben Clemens kein richtiger Priester mehr gewesen war. Die offizielle Kirche hatte ihn vor Jahren ausgeschlossen. Dank seiner Beziehungen hatte er es allerdings geschafft, zusammen mit seiner kleinen Gemeinde in dieser Kirche hier seine Feiern abzuhalten.
    »Der Tod kann nie so schön sein, dass man ihn sich wünscht«, sagte ich zu den Leuten. »Das ist zumindest meine Meinung. Das Jenseits ist vorhanden, doch als Mensch sollte man sich davor hüten, es herauszufordern.«
    Wie sie über meine Worte dachten, bekam ich nicht zu hören, denn sie blieben stumm.
    Eine Person allerdings war erleichtert. Tessa Tomlin hatte inzwischen zusammen mit Glenda Perkins die Kirche verlassen. Beide Frauen standen jetzt vor der Tür und schauten in die anbrechende Dämmerung hinein.
    Als Suko und ich herauskamen, hörten wir Tessa sprechen. Sie hatte uns nicht gesehen, doch ihre Worte konnten wir beide dick unterstreichen.
    »Weißt du, Glenda, es geht mir jetzt sogar besser. Denn ich bin heilfroh darüber, dass meine Mutter endlich ihren Frieden gefunden hat. Und ich werde sie auch als Mensch und nicht als Geist in Erinnerung behalten.«
    »Einen besseren Ratschlag hätte ich dir auch nicht geben können, Tessa…«
    ENDE

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