1193 - Gestern ist heute
überrumpeln und anschließend die Flucht zu ergreifen, so mußten wir bald erkennen, daß wir die Sicherheitsvorkehrungen der Posbis bei weitem unterschätzten. Das Tor nämlich blieb verschlossen -es wäre wohl auch zu einfach gewesen! Der Übergabe von Nahrung diente eine Vorrichtung in einer der Längswände, die das persönliche Erscheinen derer, die uns gefangen hielten, überflüssig machte. Es war eine Nische, ein Kubus von einem Meter Kantenlänge, der sich dreimal in 24 Stunden auf tat und in dessen Innerem jeweils drei hohe, mit rötlicher Flüssigkeit gefüllte Schüsseln standen. Man konnte sie herausnehmen und geleert zurück stellen. Dann war der Durst gelöscht, man fühlte sich gesättigt und gestärkt und sah verdrossen zu, wie sich die .Wand vor der Nische wieder schloß. Danach erst - logischerweise - wurden die Behälter von der anderen Seite her entfernt und später durch neue ersetzt.
Kein Gedanke daran, aus der „Fütterung" könnte sich eine Fluchtmöglichkeit ergeben.
Natürlich nahmen wir auch die Decke in Augenschein. Das Resultat war nicht weniger frustrierend. Erstens befand sie sich gut und gerne acht Meter über dem Boden - es hätte schon wahrhaft akrobatischer Künste bedurft, sie überhaupt zu erreichen. Zweitens erkannten wir neben den Beleuchtungsplatten lediglich vier winzige Lüftungsschlitze, die entschieden zu klein waren, um selbst dem körperlich dünnsten Gefangenen einen Durchschlupf zu ermöglichen.
Derart ernüchtert, blieb uns keine andere Wahl, als von unseren spontanen Ausbruchsplänen abzurücken.
Die Zeit verstrich ereignislos. Wir schliefen auf dem Boden, der aus einem begrenzt elastischen Material bestand und eine gewisse Nachgiebigkeit besaß. Hierin erschöpfte sich jedoch bereits der geringe Umfang an Bequemlichkeit, den uns die Posbis zugestanden.
In allen anderen Belangen begann die Gefangenschaft sehr schnell unsere Nerven anzukratzen. Es gab nur diesen einen, abgeschlossenen Raum. Die Notdurft mußten wir in Gegenwart der anderen in ein kuhlenförmiges Becken im Boden verrichten, wo sie durch eine schmale Röhre abgesaugt wurde und wo anschließend ein unter hohem Druck stehender, mit Desinfektionsmitteln angereicherter Flüssigkeitsstrahl für Hygiene sorgte. Andere Sanitäreinrichtungen fehlten. An Körperpflege war nicht zu denken, was schon bald zu physischem Unbehagen führte. Der eingeschränkte Bewegungsspielraum schaffte ebenfalls Probleme: Es gab nichts, womit wir uns hätten beschäftigen können, der Gesprächsstoff versiegte, und erste Aggressionen begannen in der Seele zu wühlen. Zusätzlich belastete uns die Frage, was draußen inzwischen geschah, wie sich die Ereignisse weiter entwickelten und wie lange man gedachte, uns hier schmoren zu lassen.
Zu allem Überdruß schien unserem gatasischen Freund die dargereichte Kost nicht zu bekommen. Wen wollte es wundern! Wer jemals in die Verlegenheit kam, Bekanntschaft mit der bluesschen Küche zu machen, dem wurde schnell klar, durch welch sonderbare Speisen dieses Volk seine Nährstoffzufuhr sicherte. Was ihnen als Delikatesse galt, gereichte denen, deren Stammbaum zu Terranern zurückführte, zu Übelkeit und Erbrechen. Umgekehrt verhielt es sich naturgemäß genauso. Die rötliche Flüssigkeit, für Stalion Dove und mich durchaus wohlschmeckend, war für G'irp ekelerregende Brühe.
Er trank sie mit sichtlichem Widerwillen, und nach der vierten Mahlzeit begann er über Unwohlsein und Magenkrämpfe zu klagen.
„Du mußt einfach versuchen, Aussehen und Geschmack zu ignorieren", war Doves gut gemeinter Ratschlag. „Ich bin sicher, daß dieses Zeug nicht wirklich schädlich für deinen Metabolismus ist.
Die Grundstoffe, die du zum Leben brauchst, unterscheiden sich kaum von denen, die wir benötigen. In dem Saft sind sie enthalten.
Deine Übelkeit ist rein psychischer Natur."
„Iß ein paar von meinen Würmern", entgegnete G'irp gequält. „Die sind auch voll von Nährstoffen, die keinerlei Schaden bei dir anrichten. Trotzdem wirst du kotzen."
Das war derb, aber deutlich. Wenn er sich einer solch offenherzigen Ausdrucksweise befleißigte, mußte er sich wirklich elend fühlen.
Womit die Frage auftauchte, wie ihm zu helfen war. Wir besaßen weder Medikamente, noch hatten wir die Möglichkeit, einen Posbi herbeizurufen, der sich um den Gataser kümmern konnte. G'irp jammerte von Stunde zu Stunde mehr, sein Zustand verschlechterte sich offenbar rapide. Schließlich grub er stöhnend die
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