Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1195 - Der Engelskerker

1195 - Der Engelskerker

Titel: 1195 - Der Engelskerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
wurde. Aber warum sperrt man Engel ein? Kannst du mir das sagen? Warum baut man für Engel einen Kerker?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Es ist nicht normal, da gebe ich dir schon Recht. Aber es kommt auf die Engel an. So frage ich dich. Müssen sie alle positiv sein? Haben wir nicht schon von düsteren Engeln oder von Höllenengeln oder Engeln der Finsternis gehört? Es kann auch ein böser, ein negativer Engel sein, der hier in den Kerker geworfen wurde. Egal, wo wir ihn finden. Die Menschen damals können durchaus gewusst haben, was das für ein Engel gewesen ist. Einer, der sich aufgemacht hat, um dem Teufel zu dienen.«
    »Und der jetzt freikommen will nach all den Jahren in seinem verdammten Kerker.«
    »Genauso sehe ich das.«
    Sie gingen weiter. Nicht mehr weit von ihnen entfernt lag schon die Seitenfassade des Lokals, in dem sie gegessen und zum ersten Mal mit dem Engelskerker in Berührung gekommen waren. Hinter den Seitenfenstern schimmerte noch Licht. Da es Butzenscheiben waren, wirkte das Licht nicht so hell, sondern mehr gelblichtrübe.
    Dagmar Hansen änderte ihre Gehrichtung. Sie brauchte nur wenige Schritte, um an die Scheibe eines Fensters heranzutreten und dort einen Blick in das Innere zu werfen. Um nicht abgelenkt zu werden, hielt sie beide Hände rechts und links neben ihr Gesicht.
    Harry blieb hinter ihr stehen. »Siehst du was?«
    »Ja… etwas«, erwiderte sie. »Es ist noch jemand da.«
    »Der Wirt?«
    »Kann sein.«
    »Dann gehen wir noch mal rein und…«
    Durch Dagmars »Verdammt« wurde er mitten im Satz unterbrochen. Sie fuhr herum, stieß bei dieser Bewegung gegen Harry, sodass dieser fast zu Boden gefallen wäre, weil er auf einem Eisstück beinahe ins Rutschen gekommen wäre.
    Seine Partnerin war nicht zu halten. Im Nu war sie um die Hausecke verschwunden. Er hörte ihre harten und knirschenden Schritte an der breiten Front des Lokals und sah, als er die Ecke ebenfalls überwunden hatte, dass sie die Tür aufstieß.
    Sehr schnell war er bei ihr.
    Dagmar kämpfte noch mit dem Vorhang, hielt ihn aber für Harry offen, sodass er das Lokal ebenfalls betreten konnte. Direkt neben der Tür lag die Holztreppe nach oben. Um die Theke zu erreichen, mussten sie sich nach links wenden.
    Dort lag ein Mann.
    Bäuchlings lag er über der Theke. Seine Arme baumelten nach vorn, der Kopf ebenfalls. Er hatte ihn zur Seite gedreht, schaute zur Tür hin, und beide sahen in das von Entsetzen gezeichnete Gesicht.
    Der Mund war nicht geschlossen, und daraus strömte das dicke Blut wie ein zäher Wasserfall…
    ***
    Weder Dagmar noch Harry wussten, ob der Mann noch lebte. Sie hörten auch sein Stöhnen nicht, und als sie auf ihn zugingen, schritten sie mit so leisen Bewegungen wie möglich, als wollten sie auf keinen Fall den- oder diejenigen stören, die sich noch im Lokal aufhielten.
    Es war tatsächlich der Wirt, den es erwischt hatte und der jetzt leise röchelte. Die Luft stank noch immer nach dem Rauch zahlreicher Zigaretten und Zigarren oder Pfeifen. Dagmar nahm den Geruch sehr intensiv wahr, denn ihre Sinne waren beim Eintreten in den Engelskerker geschärft worden.
    Vor der Theke blieben sie stehen. Es rann kein Blut mehr aus dem offenen Mund. Das lag als Lache auf dem Boden, aber sie sahen auch das Blut auf dem Holz der Theke. Es hatte sich unter dem Körper des Mannes ausbreiten können.
    Harry und Dagmar fassten behutsam zu. Der Mann jammerte wieder. Sie schoben ihn zur Seite und drehten ihn dann sehr vorsichtig auf den Rücken. Im Licht einer Thekenlampe war seine Brust zu sehen, und den beiden Ankömmlingen stockte der Atem.
    Die Wunde war riesig. Es grenzte an ein Wunder, dass der Mann noch lebte. Welche Waffe sie ihm beigebracht hatte, konnte auf die Schnelle nicht festgestellt werden, aber sie hatte die Brust aufgerissen wie die Zinken einer großen Forke, die aus irgendeinem Heuhaufen gezogen worden war.
    »Wer kann das tun?«, flüsterte Dagmar.
    »Die Monster aus dem Nebel.«
    »Vielleicht.«
    »Hast du sie denn gesehen, als du durch das Fenster geschaut hast?«
    »Nein.«
    »Nur den Wirt?«
    »Genau.«
    »War er da noch unverletzt?«
    Dagmar wusste, dass ihr Freund die Fragen stellen musste. Sie rief sich die Szene ins Gedächtnis zurück und murmelte dann: »Zuerst schon, Harry. Bis ich dann diesen verdammten Schatten sah, der urplötzlich auftauchte. Ich bekam noch mit, wie der Mann attackiert wurde. Ich sah ihn zusammenbrechen, dann bin ich ja losgelaufen und du mit mir. Was

Weitere Kostenlose Bücher