1196 - Die Macht der Druidin
verschwunden…
***
Ärger und Wut stiegen in Suko hoch. Es war Wut auf sich selbst, weil er nicht Acht gegeben hatte.
Um sich Vorwürfe zu machen, war es zu spät. Der angebliche Tote hatte es geschafft, die Flucht anzutreten, und Suko hatte das Nachsehen.
Er wollte trotzdem auf Nummer sicher gehen und durchsuchte den Wagen von vorn bis hinten.
Nein, es gab die Gestalt nicht mehr. Nur noch den leeren Sarg. Er ging auch um den Van herum.
Auf dem Boden waren keine Spuren zu sehen. Die Härte ließ keine Abdrücke zu, und so konnte Suko darüber nachgrübeln, wohin sich der seltsame Tote gewandt haben könnte. Er glaubte nicht daran, dass er zu den anderen Häusern hin geflohen war. Das Haus mit dem Licht war seine beste Chance. Dort fand er möglicherweise Unterstützung.
Suko wollte nicht zu lange warten.
Es konnte durchaus sein, dass das Verschwinden des ersten Mannes in Grau schon aufgefallen war und sich die übrigen etwas einfallen ließen.
Suko huschte so leise wie möglich in die Nähe der Tür. Er ging nicht in das Haus hinein, sondern blieb außerhalb des Lichtscheins an der kalten Mauer stehen.
Wieder blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Ohren zu spitzen. Es musste sich dort etwas tun. Es war verdammt still. Niemand sprach, auch nicht flüsternd. Suko spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken rann.
Seine Lampe brauchte er nicht mehr und ließ sie wieder verschwinden. Dafür zog er seine Beretta und behielt die Dämonenpeitsche ebenfalls schlagbereit in der Linken.
Wie ein Dieb schlich er über die Schwelle. Damit war er hinein in das Licht getreten und verletzbar.
Es konnte aus dem Dunkel auf ihn geschossen werden, denn dies lag jenseits des Lichts, das nur durch einen kurzen Flur fiel.
Es war keiner da, der auf ihn lauerte. Und so wurde er auch nicht angegriffen. Keine Falle, kein Hindernis.
Aber auch vor ihm tat sich nichts.
Er hütete sich davor, den Namen seines Freundes zu rufen, obwohl ihm der Wunsch auf der Seele brannte. Als er den kleinen Flur endlich hinter sich hatte, stoppte er.
Vor ihm lag ein Raum.
Deckenlicht verbreitete zahlreiche Schattenmuster, die sich auf dem Boden verteilten.
Suko schaute sich um.
In seinem direkten Blickfeld lag der Stein. Er stand auf dem Boden und erinnerte ihn an einen großen Mühlstein. Für Suko völlig sinnlos, dass man ihn hier in den großen Raum gestellt hatte.
Doch es hatte alles einen Sinn.
Wenn jemand den Stein da hinstellte, musste das eine besondere Bedeutung haben. Er war wichtig.
Er war so etwas wie ein Altar, auf dem Opfer gebracht wurden.
Suko ging noch nicht näher. Er sah die vier Leuchten, die den Stein umrahmten, doch in keiner von ihnen brannte Licht. Sie standen da wie tote Wesen, die jemand vergessen hatte.
Hier war nichts vorhanden, trotzdem war etwas da, das er genau spürte.
Erklären konnte er das nicht. Es schwebte zwischen den Wänden. Es war irgendwie unheimlich. Ein Hauch einer fremden Welt oder Zeit, der von dem Haus Besitz ergriffen hatte.
Suko ging weiter. Kleine, möglichst leise Schritte. Nur nicht zu viel auffallen.
Sein Ziel war der Stein. So harmlos er auch aussah, Suko konnte schlecht daran glauben, dass man ihn einfach nur als Dekorationsstück hingestellt hatte.
Und dann fiel ihm doch etwas auf. Das heißt, Suko hatte es bereits bei seinem Eintreten registriert, doch nicht so sehr darauf geachtet.
Es war der Geruch!
Auf halber Strecke blieb der Inspektor stehen und schnüffelte. Der Geruch war nicht mit einem alten oder modrigen Gestank zu vergleichen, aber er gefiel Suko trotzdem nicht, denn dass jemand ein derartiges Parfüm benutzte, war ihm einfach fremd. Er nahm den Duft als widerlich wahr. So süß, so schwer. Die Luft war mit ihm regelrecht geschwängert worden. Nur zeigte sich niemand, der ihn hinterlassen hätte. Es war einfach nur abstoßend.
Aber es hatte jemanden gegeben. Also war das Haus nicht leer gewesen. John parfümierte sich nicht, und der Geruch nahm an Intensität zu, je näher Suko seinem Ziel kam. Er schien eine Heimat innerhalb des braungrauen Steins gefunden zu haben.
Suko blieb vor dem Rundling stehen. Er stieg auch nicht auf ihn, sondern beugte sich ihm entgegen.
Mühlsteine besaßen in der Mitte eine Öffnung. Das war bei diesem Stein nicht der Fall. Er sah völlig normal aus, abgesehen von diesem ungewöhnlichen Parfümgeruch, bei dem sich Suko schon der Magen leicht umdrehte. Er fragte sich, wer ein derartiges Duftwasser heute noch herstellte.
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