1198 - Varunas Hexenreich
irgendwo ein Strauch hervorwuchs, dessen Wurzeln fest mit dem Boden verankert waren und wenn die Zweige dann noch fest genug waren, konnten wir uns möglicherweise festhalten und aus eigener Kraft aus dieser Schlammfalle hervorziehen.
Es gab ihn nicht.
Weder einen Strauch noch ein junger Baum. Nur alte Blätter lagen an den Hängen. Sie klebten dort fest wie rostige Eisenstücke. Nur wenn ich den Kopf anhob, sah ich über mir das Astwerk der Bäume. Für uns war es so weit weg wie der Mond.
Sehr langsam und doch unaufhörlich sackte ich tiefer. Da ich mich nicht bewegte, lief der Vorgang schleichend ab, und durch meinen Kopf schossen schreckliche Bilder.
Nicht zum ersten Mal befand ich mich in einem Sumpfgebiet, auch wenn dieses keines war und ich in einem Schlammloch steckte, das jedoch die gleiche Funktion erfüllte. Ich hatte gesehen, wie mancher Gegner im Sumpf verschwunden war. Ihm war es egal, ob er einen Menschen oder einen Dämon schluckte. Die Vorstellung, selbst einmal so zu sterben, hatte bei mir stets Angstzustände hinterlassen. Auch jetzt war mir längst der kalte Schweiß auf die Stirn getreten.
Mein Verstand meldete mir, dass ich keine Chance mehr hatte, aber daran wollte ich nicht glauben.
Ich wehrte mich, dachte daran, dass es bisher immer geklappt hatte.
Suko und ich hätten uns bei ausgestreckten Armen die Hände reichen können, so nahe waren wir beisammen. Daran dachte jedoch keiner von uns. Wir schauten uns nur an. Wenn ich ehrlich war, sah ich in Sukos Gesicht ebenfalls so etwas wie Hoffnungslosigkeit. Es war nicht mehr möglich, aus der weichen Masse herauszukommen.
»Wir sollten uns etwas einfallen lassen, John«, sagte er mit leiser Stimme.
»Klar. Nur was?«
»Wegbeamen!«
»Fang du an.«
Er grinste nur. Seine Augen befanden sich in Bewegung, es brachte nichts. Nirgendwo ragte ein Gewächs aus dem Boden, das uns als Rettungsanker hätte dienen können.
Und es war auch nicht möglich, die Beine wieder aus dem Schlamm zu ziehen. Dort unten mussten zahlreiche Hände sitzen, die uns umklammert hielten.
Wieder glitt ich ein Stück tiefer. Der Tod ließ sich Zeit. Er kam schleichend, aber er ließ sich nicht aufhalten. Er hatte auf uns gewartet. Er war es, der es bis zum bitteren Ende durchzog und uns keine Chance mehr ließ.
Wieder schaute ich nach vorn.
Da war die Böschung. Die Schräge, auf der das alte Laub vergangener Jahre klebte. Die Schicht war dick, aber sie war auch feucht. Wir würden nirgendwo einen Halt finden, der es uns erlaubte, unser Leben zu retten.
Die Angst baute sich langsam in mir auf. Sie war wie eine Klammer, die sich von unten nach oben schob und irgendwann mein Herz erreichen würde. Es gab keine Möglichkeit zur Flucht mehr. Wohin ich auch fasste, meine Hände rutschten auf dem feuchten Laub ab.
Letzte Möglichkeiten schossen mir durch den Kopf. Es war vielleicht eine Chance, wenn ich meinen Körper nach vorn drückte und mich auf die Fläche legte, um so mein Gewicht zu verteilen.
In der Theorie klappte das alles wunderbar, in der Praxis sah es anders aus. Ich traute mich nicht.
Ich fürchtete mich vor einer Bewegung, die mich noch tiefer in den Sumpf zerren würde.
Meine Angst wuchs und ich wusste, dass sie irgendwann in Panik umschlagen würde.
Ich würde ersticken, wenn die Masse über meinem Kopf zusammenklatschte. Jemand hatte mal behauptet, dass Ersticken kein so schlimmer Tod sei. Das konnte ich nicht glauben, denn die Person, die das geschrieben und behauptet hatte, war noch nicht erstickt. Ich jedenfalls wollte nicht die Probe aufs Exempel machen.
Und so sank ich tiefer.
Bis zum Gürtel steckte ich bereits im Schlamm. Ohne dass ich es wollte, hatte sich mein Gesicht verzogen, denn ich konnte die Gefühle nicht unter Kontrolle halten.
Suko erging es kaum anders. Er atmete sehr heftig, und seine Atemwolken vermischten sich mit den meinen.
Der Horror verstärkte sich von Sekunde zu Sekunde. Es wurde stiller zwischen uns. Die Gedanken arbeiteten fieberhaft. Das trotz der. Furcht, die sich immer mehr verstärkte.
Dann hörten wir, etwas.
Geräusche!
Suko schaute mich an. Er brauchte nichts zu sagen. Es war klar, dass er das Gleiche vernommen hatte wie ich. Innerhalb des Grabens waren die Geräusche nicht entstanden, und so schauten wir automatisch an den beiden Böschungshälften hoch.
Sie klangen von dort oben.
Und sie waren zu identifizieren Schritte!
Nicht besonders schnell, dafür raschelnd, wenn Füße das alte Laub in die
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