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12 – Das Raetsel von Chail

12 – Das Raetsel von Chail

Titel: 12 – Das Raetsel von Chail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Atlan
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aus, Amodar!«
    Der Chailide zuckte zusammen. »Das ist nicht wahr«, sagte er dann ruhig. »Vielleicht entsprach das vor 160 Jahren der Wahrheit – aber jetzt stimmt es ganz sicher nicht mehr. Es gibt genug Beweise, und sie sind eindeutig genug, um auch die Roxharen zu überzeugen. Akitar hat sich geirrt.«
    »Was sind das für Beweise?«, erkundigte sich Atlan.
    Amodar bewegte rastlos die Hände. »Wir versetzen uns in fremde Lebewesen hinein«, murmelte er. »So vollständig, dass wir mit ihren Augen sehen, mit ihren Ohren hören und mit ihren Nerven fühlen. Auf diese Weise erleben wir die Welten, auf denen diese Wesen leben. Bei entsprechender Übung kann ein Meditierender die betreffende Welt immer wieder aufsuchen, er bekommt feste Kontakte zu ihren Bewohnern, und es kommt zu einem Gedankenaustausch. Wir können die Entwicklung dieser Völker über Jahrzehnte hinweg verfolgen. Und manchmal begegnen wir einander dort draußen, oder einige von uns schicken ihre Gedanken gemeinsam auf die Reise zu einem solchen Volk. Es hat auch bei uns Zweifler gegeben, die meinten, dass wir lediglich Träume erleben. Aber einen Traum kann man nicht gemeinsam träumen, und man kann ihn nicht willkürlich herbeirufen.«
    Amodar sprach mit solchem Ernst, und er war so überzeugt von der Richtigkeit dessen, was er sagte, dass Atlan seine Einwände lieber für sich behielt. Er durfte es sich nicht mit dem Chailiden verscherzen. Offenbar war die Meditation mehr als nur eine philosophische Angelegenheit. Für die Chailiden schien es sich gleichzeitig um ein Glaubensbekenntnis zu handeln.
    Amodar stand auf.
    »Ich werde euch die Zimmer zeigen, in denen ihr wohnen könnt«, sagte er. »Ich hoffe, dass es euch bei uns gefallen wird. Viel können wir euch nicht bieten, wir sind einfache Leute.«
    »Wir wissen deine Gastfreundschaft zu schätzen«, versicherte Atlan. »Sie ist ein großes und wertvolles Geschenk für uns.«
    Er winkte Bjo Breiskoll und Wajsto Kolsch heran. Die Jäger verabschiedeten sich und zogen davon. Atlan und die zwei Solaner folgten Amodar ins Haus.

4.
     
    Die Zimmer waren klein, aber hell und sauber. Die Einrichtung war denkbar einfach: Ein niedriges Lager, mit Fellen und gewebten Decken belegt, ein kleiner Tisch, drei Stühle, und eine Truhe mit geschnitztem Deckel. Regale in unterschiedlicher Breite zogen sich an den Wänden entlang und ersetzten die Schränke. Es gab je eine Tür zur äußeren Veranda und zum Hof hin, wobei der obere Teil der Türen gleichzeitig als Fenster diente. Zu Atlans Verwunderung waren die Fenster verglast.
    »Ich muss euch für kurze Zeit alleinlassen«, erklärte Amodar. »Wenn ihr etwas braucht oder Fragen habt – ihr könnt euch an jeden wenden, der gerade in der Nähe ist.«
    Sie sahen ihm nach. Er war hochgewachsen und ein wenig hager, aber er bewegte sich so geschmeidig wie ein Raubtier. Atlan versuchte sich vorzustellen, dass dieser Chailide stundenlang still da saß und seinen Geist auf eine unendlich weite Reise schickte – es gelang ihm nicht.
    »Er ist mir zu freundlich!«, murmelte Wajsto Kolsch. »Sie sind mir alle zu freundlich. So nimmt man doch keine Wildfremden bei sich auf!«
    »So würdest du keine Wildfremden bei dir aufnehmen«, erwiderte Atlan. »Wir werden trotzdem vorsichtig sein.« Er legte den Raumanzug auf das Lager in seinem Zimmer. Ein Kind erschien und brachte eine Tonvase mit einem Blumenstrauß darin. Atlan glaubte in dem Kind jenen kleinen Chailiden wiederzuerkennen, der ihn vorhin beim Festmahl so ausdauernd angestarrt hatte.
    »Das ist sehr nett von dir«, sagte er freundlich. »Ich danke dir.«
    Das Kind lächelte.
    »Verrätst du mir, wie du heißt?«, fuhr der Arkonide fort.
    »Chessam.«
    Chessam war im Gegensatz zu den meisten anderen Kindern immerhin mit einem Lendenschurz und einer offenen Felljacke bekleidet. In seinem stahlblauen Haar steckte eine Feder.
    »Ich danke dir, dass du meinem Bruder nicht weh getan hast.«
    Dem Arkoniden ging plötzlich ein Licht auf. »Dein Bruder – das ist Pejunk?«, fragte er.
    »Ja«, sagte Chessam.
    Der Arkonide musste lächeln. Chessam trug offensichtlich die für Chailiden seines Alters ungewöhnliche Kleidung, weil er seinem Vorbild Pejunk in jeder Hinsicht nacheiferte.
    »Es tut mir leid, dass Wajsto ihn gelähmt hat«, versicherte der Arkonide.
    »Pejunk ist sehr froh darüber«, versicherte Chessam ernsthaft. »Immerhin hat dein Freund meinen Bruder am Leben gelassen.«
    »So kann man es auch

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