12 - Die Nadel der Götter
Schalter der Notverriegelung. Gerade noch rechtzeitig. Da hat uns das Navi ja in die beste Gegend gelotst. Ob es überall in Paris so aussieht?
Tom blickte von links nach rechts, doch da gab es keine Querstraßen, in die er ausweichen konnte.
Der ohrenbetäubende Schlag, das Splittern von Glas und Maria Luisas Schreien ließen ihn zusammenfahren. Der Kerl, der versucht hatte, die Tür zu öffnen, hatte eine andere Möglichkeit gefunden. Sein Arm ragte durch das Loch im Verbundglas und tastete nach der Spanierin. Ein nietenbewehrter Schlagring umspannte seine Hand. Blut rann ihm zwischen den Fingern hindurch.
Maria Luisa wich wimmernd zurück.
»Schnapp dir das Vögelchen!«, brüllte einer seiner Kumpane. Der Schläger bekam die Haare der Spanierin zu fassen und zerrte daran. Sie kreischte.
McDevonshire zog die SIG Sauer aus dem Schulterhalfter und zielte zwischen den Sitzen hindurch.
Der Schuss zerriss Tom beinahe das Trommelfell. Doch er zeigte Wirkung. Der Kerl mit dem Schlagring wurde herumgeschleudert und ging zu Boden. Das Fenster barst vollständig und regnete auf ihn herab.
Tom wartete nicht, bis das Klingeln in seinen Ohren nachließ. Er gab Gas. Und hielt genau auf die drei Kerle zu.
Der Archäologe traute seinen Augen nicht, als der Linke aus einer Rückenscheide ein japanisches Schwert zog. Ein Schwert, um Himmels willen! War die Welt denn völlig durchgeknallt?
»Festhalten!«, rief er.
Er hatte nicht vor, den Dreckskerlen auszuweichen. Leider nahm er auf der kurzen Strecke nicht mehr genügend Geschwindigkeit auf, um ihnen gefährlich zu werden.
Mühelos wichen sie aus. McDevonshire winkte drohend mit der Pistole. Der Kerl mit dem Schwert warf sich zu Boden. Zuerst dachte Tom, er wolle sich vor einer Kugel in Sicherheit bringen. Doch plötzlich gehorchte ihm der Wagen nicht mehr und brach zur Seite aus.
»Shit!«
Der verhinderte Samurai hatte ihnen mit dem Katana mindestens einen Reifen zerfetzt! Nur mit Mühe bekam Tom den Renault unter Kontrolle. Und auch danach war es fast unmöglich, ihn in der Spur zu halten.
»Sie kommen uns hinterher!« Maria Luisa klang schon wieder erstaunlich gefasst.
Tom umkurvte eine auf der Straße liegende Parkbank und musste aufpassen, den Wagen nicht gegen einen Baum zu setzen. »Das hat keinen Sinn«, sagte er. »Wir müssen zu Fuß weiter.«
Niemand widersprach. McDevonshire fummelte in weiser Voraussicht das Smartphone aus der Halterung an der Windschutzscheibe.
»Kommst du an die Maschine ran?«, rief Tom nach hinten.
Maria Luisa kniete sich auf die Rückbank und riss die Heckablage aus den Scharnieren. Sie bugsierte sie in den Fußraum, dann beugte sie sich über die Lehne.
Tom hörte sie ächzen. »Nein.«
»Festhalten!«, sagte er.
Er trat kurz auf die Bremse. Vor seinem geistigen Auge sah er, wie die Umhängetasche der Trägheit folgte und auf Maria Luisa zurutschte.
»Hab sie!«, kam ihr Ruf.
Sofort gab Tom wieder Gas. Doch diesmal geschah, was er schon längst befürchtet hatte: Der Wagen brach aus und er bekam ihn nicht wieder unter Kontrolle.
Er fuhr geradewegs gegen eine Ampel. Die Airbags lösten aus und verschafften ihnen einen halbwegs schmerzfreien Aufprall. Zumindest vorne.
O Gott! Maria! Sie ist nicht angeschnallt!
Tom befreite sich von dem Stoff des Airbags und drehte sich um. Ein unangenehmer Schmerz zuckte ihm durch die Schulter. Eine Folge der Kollision?
Durch die Heckscheibe entdeckte er in einiger Entfernung die Schläger auf sie zurennen. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit!
Zu seiner Erleichterung tauchte vor ihm das Gesicht von Maria Luisa auf. Sie war etwas zerzaust, aber sonst schien ihr nichts zu fehlen.
»Alles klar?«
Sie nickte nur. Offenbar konnte sie es selbst nicht fassen, unverletzt geblieben zu sein. Die Umhängetasche hielt sie gegen die Brust gepresst. Als erinnerte sie sich in diesem Augenblick an deren Inhalt, reckte sie den Behälter Tom mit angewidertem Gesichtsausdruck entgegen.
»Raus hier!«, rief er.
McDevonshire war schon draußen und feuerte zwei Schüsse in Richtung der Kerle ab. Er traf niemanden, aber darauf schien er es auch nicht angelegt zu haben. Die Schläger verharrten einen Augenblick, liefen dann aber weiter. Vorsichtiger jetzt.
»Hier entlang!« McDevonshire deutete in die Richtung, in der auch Tom den Eiffelturm vermutete. Hinter den Häusern war er jedoch nicht zu sehen.
Tom nahm Maria Luisa die Tasche ab, dann folgten sie dem Ex-Commissioner.
Erstaunlicherweise versuchten
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