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12 - Die Nadel der Götter

12 - Die Nadel der Götter

Titel: 12 - Die Nadel der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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zugerückt?
    Oder verhielt es sich anders herum? Kam etwa die Finsternis näher?
    Nun fiel es auch Maria Luisa auf. »Schau, dort!«
    Er blickte in die angegebene Richtung. Ein schwarzer Raucharm kroch langsam über den Boden. Auf sie zu! Jedes Gestell, das er passierte, erzitterte. Das flüssige Mondlicht versickerte im Nichts. Das Exponat erlosch.
    »Was ist das?«, keuchte McDevonshire.
    »Ich glaube, die Maschine zieht die Dunkelheit an. Und diese frisst die Ausstellungsstücke.«
    »Wie war das noch gleich? Die Archivare nicht verstimmen?«
    Tom hatte keine Ahnung, was sich hier abspielte. Aber er hatte das Gefühl, dass es den Herren dieses Raums nicht gefallen konnte. »Planänderung!«
    Mit ausgebreiteten Armen stellte er sich auf und drehte sich langsam um die eigene Achse. »Ich weiß nicht, wer ihr seid!«, brüllte er. »Und ich kann euch auch nicht sehen! Aber wenn ihr wisst, was diese Nadel der Götter ist, dann sagt es uns schnell! Denn vorher werde ich diesen Raum nicht verlassen!«
    Wieder geschah nichts, außer dass die Dunkelheit immer weiter auf sie zukroch.
    »Himmel noch mal! Jetzt stellt euch nicht so an!«, rief Tom. »Helft uns, unsere Welt zu retten. Bitte !«
    ***
    Plötzlich fühlte er sie nicht mehr!
    Der Mann in Weiß sprang von seiner Pritsche auf. Konzentrierte sich. Lauschte hinaus in die Welt.
    Doch die Weltuntergangsmaschine war verstummt. Als habe sie aufgehört zu existieren. Oder als habe jemand sie abgeschaltet.
    »Das ist unmöglich! Das kann er nicht geschafft haben!«
    »Was ist denn passiert?«, fragte Voltan.
    Der Mann in Weiß fuhr herum, packte den Indio am Kragen und drückte ihn gegen die Zellenwand. Er presste die Finger der Rechten gegen Voltans Stirn und beobachtete, wie sie bis zum zweiten Glied darin versanken. Mehr schaffte er noch nicht.
    Die Beine des Indios zuckten. Ein feuchter Fleck breitete sich im Schritt seiner Hose aus.
    »Ich will dir sagen, was passiert ist!«, brüllte der Mann in Weiß. »Die Maschine ist verschwunden.«
    Voltans Füße schlugen gegen die Zellenwand. Er verdrehte die Augen. Speichel rann aus seinem schmerzverzerrten Mund. Unkontrolliert stieß er Laute aus.
    Der Mann in Weiß wusste, dass er den Indio gerade tötete. Und er wusste, dass dies zu Lasten seiner eigenen Kraft ging. Aber er konnte nicht aufhören. Die Wut auf Tom Ericson loderte so grell in seinem Inneren, dass er sie nicht unter Kontrolle bekam.
    Ein Defekt in der Programmierung! Nichts weiter.
    Aber es fühlte sich so gut an. Zum ersten Mal konnte er Pauahtun verstehen, vermochte zu begreifen, wie es zu all seinen Fehlern gekommen war.
    Du musst zurück zu deinem Herrn. Musst dich neu konfigurieren lassen.
    Er zog die Finger aus Voltans Stirn und ließ ihn los. Der Indio fiel zu Boden, zuckte noch zweimal mit den Beinen und blieb dann ruhig liegen.
    Blut tropfte dem Mann in Weiß von den Fingerspitzen, obwohl die Haut seines Opfers keine Wunden zeigte.
    »Besser, ihr macht mich nicht wütend«, knurrte er mit Blick auf Huracan und Bolontiku. Die traurigen Reste der einstigen Loge saßen verschüchtert auf einer Pritsche, sahen ihn aus angsterfüllten Augen an und nickten.
    ***
    Zwischenspiel: Gespräch im Nichts
    »Warum hat er den Stein wieder zu uns gebracht? Hat er beim letzten Mal nicht verstanden, weshalb dieses schreckliche Ding nicht hierbleiben darf?«
    » Das hat er wohl nicht. Wie soll jemand wie er verstehen?«
    » Schon der Stein alleine hätte die Domäne vernichtet. Schleichend nur, aber unaufhaltbar. Doch nun, mit all den kraftfokussierenden Teilen um ihn herum …«
    » Du hörst, was er ruft!«
    » Er will seine Welt retten. Ein löblicher Vorsatz und ganz in unserem Sinne. Aber warum bringt er dann diese Maschine zu uns? Sieht er nicht, dass er mit ihr die Domäne und damit alle Welten zerstören kann?«
    » Ich glaube, in seiner Welt nennt man dieses Konzept Erpressung. «
    » Was sollen wir tun?«
    Schweigen.
    Langes Schweigen.
    Dann: » Öffnen wir ihnen das nächstgelegene Tor zu dem Ort, an den er gelangen will.«
    » Aber er wird die Nadel der Götter noch nicht sehen.«
    » Dann geben wir ihm das Wissen, das er braucht, sie zu erkennen, wenn die richtige Zeit gekommen ist. Das ist das Äußerste, was wir tun können – und schon mehr, als uns erlaubt ist.«
    ***
    Die Weltuntergangsmaschine gab Laute von sich, die an einen tollwütigen Hund erinnerten. Als ziehe sie die Finsternis des zeitlosen Raums zwar an, fürchte sich aber zugleich vor ihr.

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