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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Mordpläne gegen andere Menschen schmiedeten, denen er ebenfalls niemals begegnen würde, und die Informationen an andere weiterzugeben, die daraufhin etwas unternahmen oder auch nicht. Was genau sie unternahmen, wusste er nicht, auch wenn er seine Vermutungen hatte… und zwar Vermutungen übelster Sorte. Herumwälzen, das Kissen aufschütteln, 256

    versuchen, eine kühle Stelle darauf zu finden, wieder hinle-gen, endlich Schlaf finden…
    … er fand keinen. Irgendwann würde er schließlich doch einschlafen, so wie immer. Allerdings – so kam es ihm jedes Mal vor – erst eine halbe Sekunde bevor der Radiowecker anging.
    Verdammt noch mal!, fluchte er zur Decke gewandt.
    Er machte Jagd auf Terroristen. Die meisten davon hielten sich für gut – nein, für heldenhaft –, wenn sie ihre Verbrechen verübten. In ihren Augen waren es gar keine Verbrechen. Muslimische Terroristen lebten in der Illusion, Gottes Werk zu tun. Im Koran stand jedoch nichts davon. Im Gegenteil, der Koran verurteilte es ausdrücklich, Unschuldige, unbeteiligte Zivilisten zu töten. Wie stellten sich diese Leute das eigentlich vor? Dachten sie, Allah würde Selbstmordattentäter lächelnd in die Arme schließen? Im Katholizismus stand das Gewissen des Einzelnen über allem. Wenn man aufrichtig daran glaubte, das Richtige zu tun, konnte Gott einen dafür nicht bestrafen. Herrschten im Islam die gleichen Gesetze? Vielleicht waren die Gesetze ohnehin für alle gleich – womöglich gab es ja nur einen Gott. Das Problem war nur, zu entscheiden, welches Regelwerk Gottes eigentlichen Absichten am nächsten kam. Aber wie zum Teufel sollte man das rausfinden? Die Kreuzritter hatten sich einige ziemlich schändliche Sachen geleistet. Allerdings waren gerade die Kreuzzüge ein klassisches Beispiel dafür, wie Menschen unter dem Deckmantel der Religion einen Krieg führten, in dem es in Wirklichkeit um wirtschaftliche Vorteile und um Macht ging. Ein Edelmann wollte eben nicht, dass es so aussah, als kämpfe er um Geld – und wenn man Gott auf seiner Seite hatte, durfte man sich buchstäblich alles erlauben. Man konnte das Schwert schwingen, und egal, wem man den Kopf abschlug, es traf immer den Richtigen. Wenn der Bischof es doch sagte…
    Genau das brachte es auf den Punkt. Das eigentliche Problem war diese beschissene Verquickung von Religion 257

    und politischer Macht, und die sprach besonders die Jungen und die Eiferer an, die sich in Abenteuer stürzten, wo sich welche boten. Sein Vater hatte manchmal darüber gesprochen, beim Dinner in der Wohnetage des Weißen Hauses. Er erklärte, zu den Dingen, die man jungen Soldaten und Rekruten der Marines beibringen müsse, gehöre die Tatsache, dass auch im Krieg Regeln herrschten und dass es einen teuer zu stehen kommen könne, sie zu brechen. Amerikanische Soldaten lernten das recht leicht, sagte Jack sen.
    zu seinem Sohn, weil sie in einer Gesellschaft aufgewachsen waren, in der zügellose Gewalt streng bestraft wurde. Auf diese Weise lernte man leichter Richtig und Falsch zu unterscheiden als anhand abstrakter Prinzipien. Wer ein- oder zweimal was auf die Fresse gekriegt hatte, schrieb sich die Lehre hinter die Ohren.
    Jack seufzte und wälzte sich wieder herum. Er war wirklich noch zu jung, um sich über die großen Fragen des Lebens Gedanken zu machen, auch wenn der Abschluss, den er in Georgetown erworben hatte, etwas anderes vermuten ließ. Auf dem College wurde einem in der Regel nicht gesagt, dass man 90 Prozent der eigentlichen Lektion erst lernte, nachdem man sich sein Diplom an die Wand ge-hängt hatte. Am Ende hätte noch jemand sein Geld zurück-gefordert.
    Es war nach Feierabend auf dem Campus. Gerry Hendley saß in seinem Büro in der obersten Etage und ging Material durch, wofür er während des regulären Arbeitstages keine Zeit gefunden hatte. Tom Davis ging es genauso. Ihm lagen Berichte von Pete Alexander vor.
    »Probleme?«, fragte Hendley.
    »Die Zwillinge denken immer noch etwas zu viel, Gerry.
    Damit hätten wir rechnen müssen. Beide haben was auf dem Kasten, und beide sind Menschen, die sich an die Spielregeln halten – jedenfalls meistens. Natürlich machen sie sich ihre Gedanken, wenn man sie dazu ausbilden will, 258

    diese Regeln zu verletzen. Das Komische ist nur, dass der Marine derjenige ist, der so viel grübelt, wie Pete erzählt.
    Der vom FBI schluckt es wesentlich besser.«
    »Ich hätte erwartet, dass es andersrum wäre.«
    »Eben, ich auch. Und Pete genauso.«

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