12 - Im Auge des Tigers
erwartet, Gerry?«, fragte Granger, der insgeheim bereits ein Dankesgebet zum Himmel geschickt hatte. »Ich habe es Ihnen doch gleich gesagt – aber lassen wir das. Die Jungs wollen neue Anweisungen.«
»Geplant war, zunächst vier Personen auszuschalten«, warf der Ex-Senator ein. »Wer ist Nummer vier?«
Diese Frage brachte Granger in Verlegenheit. »Das weiß ich noch nicht. Ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet, dass sie so zügig vorgehen würden. Ich hatte gewissermaßen gehofft, dass sich aus den bisherigen Anschlägen von selbst ein weiteres Angriffsziel ergeben würde, aber bisher hat noch kein Murmeltier den Kopf aus dem Bau gesteckt. Gegenwärtig habe ich noch mehrere Leute in der Auswahl. Geben Sie mir bis heute Nachmittag Zeit, damit ich die Liste noch mal durchgehen kann.« Das Telefon läutete. »Klar, kommen Sie rüber, Rick.« Er legte auf. »Rick Bell hat etwas Interessantes.«
Keine zwei Minuten später ging die Tür auf. »Oh, hallo Gerry. Gut, dass Sie hier sind. Sam« – Bell wandte sich Granger zu – »das ist gerade reingekommen.« Er reichte ihm einen Ausdruck der E-Mail.
Granger überflog die Nachricht. »Diesen Kerl kennen wir doch…«
»Allerdings. Er ist ein Planungs- und Einsatzleiter. Wir sind bisher davon ausgegangen, dass er in Rom stationiert ist. Und wie es aussieht, hatten wir Recht.«
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Wie alle Bürokraten – und ganz besonders hochrangige –
klopfte sich Bell gern mal selbst auf die Schulter.
Granger gab das Blatt an Hendley weiter. »Okay, Gerry, hier hätten wir Nummer vier.«
»Zufälle sind mir suspekt.«
»Mir auch, Gerry«, sagte Granger. »Aber wenn man im Lotto gewinnt, gibt man das Geld auch nicht zurück.« Unwillkürlich musste er an Coach Darreil Royal denken. Der Mann hatte völlig Recht gehabt: Das Glück suchte sich keinen Idioten aus. »Ist dieser Kerl es wert, dass wir ihn aus dem Verkehr ziehen, Rick?«
»Ja, auf jeden Fall.« Bell nickte enthusiastisch. »Allzu viel wissen wir zwar nicht über ihn, aber was wir wissen, spricht deutlich gegen ihn. Er ist jemand, der Operationen plant und in Gang bringt – das steht hundertprozentig fest, Gerry. Und es passt einfach alles zusammen. Einer seiner Leute bekommt mit, dass ein anderer ausfällt, und meldet es diesem Typen hier. Der erhält die Nachricht und antwortet darauf. Also, wenn ich jemals dem Burschen begegne, der das Echelon-Programm entwickelt hat, dann geb ich ihm einen aus.«
»Unser Plan, mal kräftig auf den Busch zu klopfen, scheint sich also bestens zu bewähren«, bemerkte Granger mit einer gehörigen Portion Eigenlob. »Wusste ich doch, dass es funktionieren würde. Wenn man in einem Hornis-sennest herumstochert, kommen zwangsläufig ein paar von den Viechern raus.«
»Man muss nur Acht geben, dass man nicht gestochen wird!«, warnte Hendley. »Also schön, und wie soll es nun weitergehen?«
»Lassen Sie sie von der Leine, bevor sich der Fuchs wieder in seinen Bau verkriecht«, antwortete Granger sofort.
»Wenn es uns gelingt, diesen Kerl zu erledigen, schütteln wir vielleicht was wirklich Brauchbares vom Baum.«
Hendley wandte sich an Bell. »Rick?«
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»Keine Einwände«, sagte dieser. »Von mir aus können wir die Mission starten.«
»Okay, dann wird die Mission gestartet«, verkündete Hendley. »Erteilen Sie entsprechende Anweisungen.«
Das Schöne an elektronischer Kommunikation war, dass sie so schnell über die Bühne ging. Jack las gerade die neuen Anweisungen durch.
»Hört mal her, Jungs. 56MoHa heißt mit Vornamen Mohammed – keine sensationelle Info, ich weiß, Mohammed ist der häufigste Vorname der Welt –, und er hält sich angeblich in Rom auf, im Hotel Excelsior in der Via Vittorio Veneto, Zimmer 125.«
»Vom Excelsior habe ich schon gehört«, äußerte sich Brian. »Teuer, ziemlich nobel. Unsere Freunde scheinen eine Vorliebe für gute Hotels zu haben.«
»Er hat sich unter dem Namen Nigel Hawkins ein Zimmer genommen. Klingt sehr englisch. Glaubt ihr, er ist britischer Staatsbürger?«
»Wenn er mit Vornamen Mohammed heißt?« Das kam von Dominic.
»Könnte ein Deckname sein, Enzo«, bemerkte Jack und versetzte Doms FBI-Ego damit einen versteckten Seitenhieb.
»Ohne Foto können wir über seine Herkunft keine Vermutungen anstellen. Jedenfalls hat dieser Mohammed ein Handy, was Mahmoud – das ist der Typ, der heute Morgen Zeuge des Unfalls geworden ist – doch eigentlich gewusst haben muss.« Jack hielt inne. »Da fragt man
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