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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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vielleicht seinen Ausweis hinterlassen hatte. Das einzig Merkwürdige war der Gesichtsausdruck des Toten, der seltsam friedlich wirkte. Bei einem derart schrecklichen Tod hätte man eigentlich mit schmerzverzerrten Zügen und weit aufgerissenen Augen gerechnet, aber schließlich ging, wie der Pathologe sehr wohl wusste, selbst bei unfallbe-dingten Todesfällen kaum etwas nach unumstößlichen Ge-555

    setzen zu. Es hätte wenig Sinn gehabt, eine gründlichere Untersuchung vorzunehmen. Wäre der Mann erschossen worden, hätten sie vielleicht eine Schusswunde finden können, aber zu dieser Vermutung bestand kein Anlass. Die Polizei hatte bereits mit 17 Augenzeugen gesprochen, die den Zwischenfall aus weniger als 30 Meter Entfernung beobachten konnten. Der amtliche Obduktionsbefund war letztlich nicht viel mehr als ein Formbrief.
    »Das ist ja vielleicht ein Ding!«, entfuhr es Granger. »Wie haben sie denn das hingekriegt?« Dann griff er zum Telefon. »Gerry? Kommen Sie mal runter. Nummer drei ist ausgeschaltet. Aber den Bericht müssen Sie sich unbedingt mal ansehen.« Nachdem er den Hörer wieder aufgelegt hatte, dachte er laut: »So, und wohin schicken wir sie jetzt als Nächstes?«
    Das wurde jedoch auf einer anderen Etage entschieden.
    Tony Wills kopierte gerade sämtliche Downloads von Jack, und der oberste Bericht in der Datei mit den Downloads, so kurz er auch war, hatte es wirklich in sich. Tony griff sofort zum Telefon, um Rick Bell anzurufen.
    Am schwersten war es für Max Weber. Es dauerte eine halbe Stunde, bis sich der erste Schock legte. Als ihm dann bewusst wurde, was geschehen war, musste er sich übergeben, und vor seinem inneren Auge lief die ganze Szene noch einmal ab: der seltsam verkrümmte Körper, der unter der Tram durchglitt, und dann das grausige Holpern. Es war nicht meine Schuld, versuchte er sich einzureden. Dieser Idiot war ihm direkt vor die Tram gestürzt, als wäre er be-soffen gewesen. Aber so viel Bier konnte doch um diese Tageszeit noch niemand intus haben… Weber war schon mehrmals in Unfälle verwickelt gewesen, aber hauptsächlich war es da um Blechschäden an Autos gegangen, die beim Linksabbiegen die Tram übersehen hatten. Von einem tödlichen Unfall mit einer Straßenbahn hatte er kaum je-556

    mals gehört, geschweige dass er selbst daran beteiligt gewesen wäre. Er hatte einen Menschen getötet. Er, Max Weber, hatte jemandem das Leben genommen. Aber es war nicht seine Schuld, wie er sich in den nächsten zwei Stunden fast minütlich sagte. Sein Vorgesetzter gab ihm den Rest des Tages frei. Weber setzte sich in seinen Audi und fuhr nach Hause, hielt jedoch einen Häuserblock vorher an, um in einem Gasthaus einzukehren – er mochte an diesem Tag nicht allein trinken.
    Jack ging die Downloads vom Campus durch, während sich Dom und Brian auf dem Zimmer ein spätes Mittagessen und ein Bier genehmigten. Jack entdeckte zunächst nichts Ungewöhnliches, nur die übliche E-Mail-Korrespondenz von Leuten, die im Verdacht standen, ›Spieler‹ zu sein.
    Größtenteils handelte es sich allerdings um ganz normale Bürger aus den unterschiedlichsten Ländern, die ein oder zwei Mal zufällig eins der Schlüsselwörter getippt hatten, auf die das Echelon-Abfangsystem in Fort Meade programmiert war. Eine dieser harmlos wirkenden Nachrichten war allerdings an [email protected] adressiert.
    »Hört mal her, Jungs. Wie es aussieht, wollte sich unser Freund da draußen gerade mit einem anderen Kurier treffen. Und der hat jetzt unserem alten Bekannten MoHa ge-mailt und um Anweisungen gebeten.«
    »Oha.« Domimc stand auf und ging zu Jack hinüber, um selbst einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. »Was sagt uns das?«
    »Ich habe nur ein Internet-Handle von dem Burschen –
    auf AOL: [email protected]. Vielleicht erfahren wir mehr, wenn MoHa ihm antwortet. Wir halten diesen 56MoHa für einen von deren Einsatzleitern. Die NSA ist vor etwa sechs Monaten auf ihn aufmerksam geworden. Er verschlüsselt seinen Schriftverkehr zwar, aber sie können den Code knacken, sodass wir die meisten seiner Mails lesen können.«

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    »Wie lange dauert es, bis du die Antwort hast?«, wollte Dominic wissen.
    »Das hängt von Mr MoHa ab«, erwiderte Jack. »Wir können vorerst nur abwarten und Tee trinken.«
    »Soll mir recht sein«, sagte Brian, der am Fenster sitzen geblieben war.
    »Wie ich sehe, hat Jack jr. die Jungs nicht in ihrem Tatendrang gebremst«, stellte Hendley fest.
    »Haben Sie das etwa

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