12 - Im Auge des Tigers
Doppelgarage führte. Die Garage gehörte zu einem mittelgroßen, zweistöckigen Haus mit weißer Aluminiumverkleidung. Dominic parkte seinen Wagen knapp hundert Meter vor der Einfahrt an der Straße und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Brian, der 30
Sekunden später auftauchte, hielt einen halben Block hinter ihm.
»Siehst du das Auto?«, fragte Dominic.
»Positiv, Enzo.« Der Marine schwieg einen Moment lang.
»Und was machen wir jetzt?«
»Sie kommen rein und trinken bei mir einen Kaffee«, schlug eine weibliche Stimme vor. »Ich bin die Tussi in dem Volvo«, fügte sie erklärend hinzu.
»O Scheiße«, flüsterte Dominic – wohlweislich nicht in das Mikrofon. Er stieg aus seinem Mercedes und gab seinem Bruder ein Zeichen, das Gleiche zu tun.
Gemeinsam steuerten die Caruso-Brüder auf das Haus Riding Hood Court Nummer 6 zu. Als sie die Auffahrt ent-langgingen, öffnete sich die Tür.
»Reingelegt, von Anfang an«, sagte Dominic trocken.
»Hätte ich mir gleich denken können.«
»Hm. Jetzt stehen wir ganz schön blöd da«, bemerkte Brian.
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»Nicht doch«, widersprach Mrs Peters, die in der Tür stand. »Aber meine Adresse bei der Zulassungsstelle zu erfragen, war wirklich geschummelt.«
»Niemand hat uns irgendwelche Regeln genannt, Ma’am«, verteidigte sich Dominic.
»Es gibt auch keine in dieser Branche – jedenfalls meistens nicht.«
»Sie haben also die ganze Zeit über unseren Funk mitgehört?«, fragte Brian.
Sie nickte und führte die beiden in die Küche. »Richtig.
Die Funkgeräte senden verschlüsselt. Niemand anders konnte wissen, worüber Sie sprechen. Was nehmen Sie in den Kaffee?«
»Dann wussten Sie auch die ganze Zeit lang, wo wir waren?« Diesmal kam die Frage von Dominic.
»Nein, das nicht. Ich habe das Funkgerät nicht zum Schummeln benutzt – na ja, jedenfalls kaum.« Sie hatte ein gewinnendes Lächeln, das den Schlag gegen das Ego ihrer Gäste abzufedern half. »Sie sind Enzo, nicht wahr?«
»Ja, Ma’am.«
»Sie kamen ein bisschen zu dicht ran, aber das wäre in solch kurzer Zeit nur einer besonders aufmerksamen Zielperson aufgefallen. Der Autotyp ist recht praktisch – diesen kleinen Benz gibt es hier in der Gegend massenhaft. Das geeignetste Fahrzeug wäre allerdings ein Pickup, und zwar ein schmutziger. Die meisten Bauerntölpel waschen ihre Autos nie, und viele von den Akademikern hier an der Uni haben sich gewissermaßen den Gepflogenheiten angepasst.
Draußen auf der Interstate 64 – tja, da nehmen Sie natürlich am besten einen Hubschrauber und ein Porta-Potti. Diskrete Überwachung kann der schwerste Job in diesem Gewerbe sein. Aber das wisst Ihr Jungs ja jetzt selbst.«
Dann öffnete sich die Tür, und Pete Alexander trat ein.
»Wie haben sie sich gemacht?«, fragte er Michelle.
»Ganz gut – ich gebe ihnen ein B.«
Dominic fand das sehr großzügig.
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»Und vergessen Sie, was ich vorhin gesagt habe – beim FBI anzurufen, um mein Kennzeichen überprüfen zu lassen, war ganz schön clever.«
»Keine Schummelei?«, fragte Brian.
Alexander mischte sich ein. »Es gibt nur eine einzige Regel: Sie müssen Ihre Mission erfüllen, ohne aufzufliegen.
Haltungspunkte werden auf dem Campus nicht vergeben.«
»Wir zählen nur die Toten«, bestätigte Mrs Peters zu Alexanders offenkundiger Verärgerung.
Als Brian das hörte, krampfte sich sein Magen ein wenig zusammen. »Ähm, Leute, ich weiß, ich hab diese Frage schon mal gestellt, aber – wozu genau werden wir denn nun ausgebildet?« Dominic brannte sichtlich dasselbe unter den Nägeln.
»Geduld, Jungs«, bremste Peters die beiden.
»Okay.« Dominic nickte ergeben. »Diesmal werd ich mich noch gedulden.« Unnötig hinzuzufügen, was er nicht aussprach: aber nicht mehr sehr lange.
»Sie werden das also nicht verwerten?«, fragte Jack bei Bü-
roschluss.
»Wir könnten, aber es würde kaum den Zeitaufwand lohnen. Da springen für uns bestenfalls ein paar Hunderttausend raus, eher weniger. Aber gut, dass Sie es entdeckt haben«, räumte Granger ein.
»Wie viele Informationen dieser Art kommen hier wö-
chentlich rein?«
»Ein bis zwei – wenn besonders viel los ist, auch mal vier in einer Woche.«
»Und bei wie vielen werden Sie aktiv und veranlassen einen Einsatz?«, wollte der Junior wissen.
»In einem von fünf Fällen. Wir können noch so vorsichtig handeln – im Endeffekt laufen wir jedes Mal Gefahr aufzufallen. Wenn die Europäer spitzkriegten, dass wir ihnen in die Karten
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