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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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bestem Cambridge-Englisch. Alkoholgenuss verstieß zwar gegen die Regeln des Islam, aber wenn er den Wein ablehnte, würde er sich womöglich verdächtig machen, und seine Mission war zu wichtig, als dass er dieses Risiko eingehen durfte. So argu-mentierte er jedenfalls immer wieder vor sich selbst, wenn auch nicht ganz ohne Gewissensbisse. Wenig später hatte er den Wein ausgetrunken und brachte seinen Sitz in eine bequemere Position. Mit dem Konsum von Wein brach man zwar die Gesetze des Islam, aber jedenfalls half er beim Einschlafen.
    »Michelle sagt, die Zwillinge seien für Anfänger recht kompetent«, teilte Rick Bell seinem Boss mit.
    »Die Beschattungsübung?«, fragte Hendley.
    »Ja.« Bell brauchte nicht darauf hinzuweisen, dass für ei-ne richtige Übung acht bis zehn Autos, zwei Helikopter und insgesamt 20 Agenten erforderlich gewesen wären – solche Mittel standen dem Campus bei weitem nicht zur Verfü-
    gung. Dafür hatte man hier weiter reichende Möglichkeiten im Umgang mit den Zielpersonen, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich brachte. »Alexander scheint sie zu mögen. Er sagt, sie verfugen über einen scharfen Verstand und geistige Flexibilität.«
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    »Gut zu wissen. Gibt es sonst noch was?«
    »Rick Pasternak sagt, er hat was Neues.«
    »Und das wäre?«, fragte Gerry.
    »Es handelt sich um eine Variante von Succinylcholin, ei-ne synthetische Form von Curare – lahmt die Skelettmusku-latur fast augenblicklich. Das Opfer bricht zusammen, und die Atmung setzt aus. Er sagt, es sei ein qualvoller Tod – als ob einem jemand ein Bajonett in die Brust gerammt hätte.«
    »Nachweisbar?«, fragte Hendley.
    »Das ist das Gute daran: Esterasen im Körper zersetzen das Gift in kürzester Zeit zu Acetylcholin. Dadurch ist es fast nicht nachweisbar – es sei denn, das Opfer kratzt direkt vor einem medizinischen Forschungsinstitut ab, und der Pathologe sucht gezielt nach etwas Ungewöhnlichem. Die Russen haben mal damit experimentiert – schon in den siebziger Jahren, kaum zu glauben. Sie dachten daran, es als Kampfstoff einzusetzen, aber das erwies sich als nicht prak-tikabel. Merkwürdig, dass der KGB keinen Gebrauch davon gemacht hat. Die Auswirkungen sind denen eines schweren Herzinfarkts täuschend ähnlich, selbst wenn der Pathologe das Opfer schon eine Stunde später auf dem Tisch hat.«
    »Wie ist Rick da drangekommen?«
    »Über einen russischen Kollegen, der an der Columbia University zu Gast war – ein Jude, wie sich herausstellte.
    Rick ist mit ihm ins Gespräch gekommen. Was der Mann ausgeplaudert hat, reichte Rick, um gleich an Ort und Stelle in seinem Labor ein System für die Herstellung zu entwickeln. Es wird derzeit optimiert.«
    »Wissen Sie, was mich erstaunt? Dass die Mafia nie auf den Trichter gekommen ist, einen Arzt anzuheuern, wenn sie jemanden umbringen will.«
    »Die meisten wären für so was nicht zu gewinnen – das verstößt gegen sämtliche ethischen Grundsätze ihres Standes.«
    Die meisten hatten allerdings auch keinen Bruder, der bei Cantor Fitzgerald gearbeitet hatte und eines Dienstagmor-153

    gens von der 97. Etage bis auf Meereshöhe hinabgestürzt war.
    »Ist diese Variante besser als das Zeug, das wir bisher haben?«
    »Besser als alles, was irgendwer bisher hat, Gerry. Rick sagt, bei richtiger Anwendung ist es beinahe hundertprozentig zuverlässig.«
    »Teuer?«
    Bell schüttelte den Kopf. »Durchaus nicht.«
    »Ist es erprobt? Ist sichergestellt, dass es tatsächlich wirkt?«
    »Rick sagt, sechs Hunde – allesamt große – sind geradezu schulbuchmäßig daran eingegangen.«
    »Okay, akzeptiert.«
    »Roger, Boss. Sollte in zwei Wochen zur Verfügung stehen.«
    »Was geht da draußen vor?«
    »Das wissen wir nicht«, gestand Bell mit gesenktem Blick.
    »Einer der Burschen in Langley schreibt in seinen Memos, wir hätten denen wohl einen Schlag versetzt, der ausreicht, sie zu bremsen, wenn nicht gar handlungsunfähig zu machen, aber ich werde immer skeptisch, wenn ich so was lese.
    So, wie es heißt, ›diesem Markt sind nach oben keine Grenzen gesetzt‹, und dann kommt der Fall ins Bodenlose. Hyb-ris ante nemesis. Fort Meade kann sie im Netz nicht aufspü-
    ren, aber das kann auch bedeuten, dass sie nun raffinierter vorgehen. Es sind eine Menge guter Verschlüsselungsprogramme auf dem Markt, und zwei davon hat die NSA noch nicht geknackt – jedenfalls nicht zuverlässig. Sie lassen täglich für ein paar Stunden ihre großen Mainframes daran

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