12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
ihn jesehen als Eenen, der die Bastonade kriegte, und weil es die erste Bastonade war, die ich jesehen habe, so habe ich mir sehr einjehend nach ihm erkundigt.“
„Nun, wer und was ist er?“
„Er war bei die persische Jesandtschaft Attascheh oder so etwas und hat een Jeheimnis verraten oder so unjefähr. Er hat tot jemacht werden sollen, aber weil er Gönner jehabt hat, so ist es bei der Absetzung mit Bastonade jeblieben. Sein Name ist Dawuhd Arafim.“
Daß der Barbier aus Jüterbogk diesen Mann kannte, war ein ganz staunenswerter Zufall, und nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte ihn gesehen, und zwar in Ispahan auf dem Almeiden-Shah, wo er auf ein Kamel gebunden wurde, um als Gefangener nach Konstantinopel geschafft zu werden. Mein Weg führte mich damals eine kurze Strecke mit derselben Karawane, und so kam es, daß er auch mich gesehen und sich jetzt wieder meiner erinnert hatte.
„Ich danke dir, Hamsad, für diese Mitteilung, behalte sie aber jetzt noch für dich.“
Nun war mir nicht im mindestens mehr bange bei dem Gedanken, daß Abrahim mich verklagen werde. Ich weiß nicht, wie es kam, aber ich konnte die Vermutung nicht zurückweisen, daß er mit Barud el Amasat, welcher Senitza an ihn verkauft hatte, nicht erst durch das Mädchen bekannt geworden war. Abrahim war ein degradierter Beamter, ein Gefangener gewesen und hatte sogar die Bastonade erhalten – jetzt trat er als Mamur auf und besaß ein Vermögen – dies waren Umstände, welche mir sehr zu denken gaben.
Ich zog es vor, die Mitteilung des Barbiers jetzt noch niemand zu sagen, damit Abrahim nicht merke, daß er durchschaut worden sei.
Am nächsten Landeplatz mußten die oberhalb der Stromschnelle auf die Dahabïe genommenen Schiffer wieder an das Land gesetzt werden. Unser Fahrzeug wandte sich daher dem Ufer zu.
„Werden wir Anker werfen oder nicht?“ frage ich den Reïs.
„Nein, ich lenke sofort um, wenn die Männer das Schiff verlassen haben.“
„Warum?“
„Um die Polizei zu vermeiden.“
„Und Abrahim?“
„Wird mit den Schiffern an das Ufer gebracht.“
„Ich fürchte die Polizei nicht.“
„Du bist ein Fremdling im Land und stehst unter deinem Konsul. Man kann dir also nichts tun. Ah!“
Dieser letzte Ausruf galt einem Boot, welches mit bewaffneten, finster blickenden Männern besetzt war. Es waren Khawassen – Polizisten.
„Du wirst wohl nicht sofort umlenken“, meinte ich zu Hassan.
„Und doch, wenn du es befiehlst. Ich habe nur dir zu gehorchen.“
„Ich befehle es nicht; ich möchte im Gegenteil die hiesige Polizei einmal kennenlernen.“
Das Boot legte bei uns an, und alle seine Insassen stiegen an Bord, noch ehe wir das Ufer erreicht hatten. Die Bemannung des Sandal war hier auch gelandet, hatte erzählt, daß Abrahim im Schellahl ertrunken sei, und auch von dem Frauenraub berichtet. Sodann war, wie wir später erfuhren, der alte Reïs Chalid Ben Mustapha eilenden Fußes zum Richter gelaufen und hatte eine so wohlgesetzte Rede gehalten über mich, den ungläubigen Mörder, Aufrührer, Räuber und Empörer, daß ich eigentlich sehr zufrieden sein mußte, nur mit dem Hängen oder Säcken davonzukommen.
Da die Gerechtigkeit jener Länder von der wichtigen Erfindung der Aktenstöße noch keine Notiz genommen hat, so wird in Rechtsfällen überaus schnell und summarisch verfahren.
„Wer ist der Reïs dieses Schiffes“, fragte der Anführer der Khawassen.
„Ich“, antwortete Hassan.
„Wie heißt du?“
„Hassan Abu el Reïsahn.“
„Hast du auf deinem Schiff einen Effendi, einen Hekim, der ein Ungläubiger ist?“
„Da steht er und heißt Kara Ben Nemsi.“
„Und ist hier auf deinem Schiff auch ein Weib, Namens Güzela?“
„Sie ist in der Kajüte.“
„Wohlan, ihr seid meine Gefangenen allesamt und folgt mir zum Richter, während ich das Schiff von meinen Leuten bewachen lasse!“
Die Dahabïe legte an, und ihre ganze Bemannung nebst sämtlichen Passagieren wurde ‚sofort anhero transportiert‘. Senitza, tief verschleiert, ward in eine bereitstehende Sänfte gehoben und mußte unserem Zug folgen, der bei jedem weiteren Schritt größer wurde, weil jung und alt, groß und klein sich ihm anschloß. Hamsad al Dscherbaja, der Ex-Barbier, schritt hinter mir her und pfiff nach dem Takt seiner Beine munter sein ‚‘Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus!‘
Der Sahbeth-Bei oder Polizeidirektor saß mit seinem Sekretär bereits unserer Ankunft gewärtig.
Er
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