12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
ganz ungestört eine Annexion vornehmen können.
Der Sandal lag nicht mehr am Ufer; er war verschwunden. Jedenfalls hatte der würdige Chalid Ben Mustapha noch eher als wir die Absicht des Richters begriffen und sich mit Schiff und Bemannung davongemacht.
Wo aber befand sich Abrahim-Mamur?
Dies zu erfahren wäre uns nicht gleichgültig gewesen; denn es war nicht nur möglich, sondern sehr wahrscheinlich, daß er uns im Auge behalten werde. Ich wenigstens hatte die Ahnung, ihn früher oder später wieder einmal zu treffen.
Die Dahabïe lichtete den Anker, und wir setzten unsere unterbrochene Fahrt fort mit dem wohltuenden Bewußtsein, einer sehr schlimmen Lage glücklich entronnen zu sein. – – –
FÜNFTES KAPITEL
Abu-Seïf
Und es erhob sich der Engel Gottes, der vor dem Heere Israels herzog, und ging hinter dasselbe, und die Wolkensäule wich auch von vorn weg und stand nun von hinten zwischen dem Heere der Ägypter und dem Heere Israels. Sie war aber dorthin eine finstere Wolke und hierhin erleuchtete sie die Nacht, so daß diese und jene die ganze Nacht nicht zusammenkommen konnten.
Als nun Moses seine Hand ausstreckte über das Meer, nahm es der Herr durch einen starken Ostwind hinweg während der Nacht und machte das Meer trocken, und die Wasser teilten sich voneinander.
Und die Kinder Israels gingen hinein mitten in das Meer auf dem Trockenen, und das Wasser stand wie Mauern ihnen zur Rechten und zur Linken.
Und die Ägypter folgten und gingen hinein, ihnen nach, alle Rosse des Pharao und Wagen und Reiter, mitten in das Meer.
Als nun die Morgenwache kam, blickte der Herr auf das Heer der Ägypter aus der Feuersäule und aus der Wolke, und machte einen Schrecken in ihrem Heer.
Und stieß die Räder von ihren Streitwagen und stürzte sie um mit Ungestüm. Da sprachen die Ägypter: Lasset uns fliehen vor Israel; der Herr streitet für sie wider die Ägypter!
Aber der Herr sprach zu Moses: Strecke deine Hand aus über das Meer, damit das Wasser wieder herfalle über die Ägypter, über ihre Wagen und über ihre Reiter.
Da streckte Moses seine Hand aus über das Meer, und das Meer kam wieder vor morgens in seinen Strom, und die Ägypter flohen ihm entgegen. Also stürzte sie der Herr mitten in das Meer.
Daß das Wasser wiederkam und bedeckte Wagen und Reiter und alle Macht des Pharao, die ihnen nachgezogen war in das Meer, so daß kein einziger von ihnen übrig blieb.
Die Kinder Israels aber gingen trocken durch das Meer, und das Wasser stand ihnen gleich Mauern zur Rechten und zur Linken.
Also half der Herr Israel an diesem Tag von der Hand der Ägypter, und sie erblickten die Ägypter tot an dem Ufer des Meeres.
Und die Hand des Herrn war mächtig, die er den Ägyptern gezeigt hatte, und das Volk Israel fürchtete den Herrn und glaubte an ihn und an seinen Knecht Moses. – – –
An diese Stelle im zweiten Buch Mosis (Kap. 14, V. 19-31) mußte ich denken, als ich im ‚Tale Hiroth, gegen Baal Zephon‘, mein Kamel anhielt, um das Auge über die glitzernden Fluten des Roten Meeres schweifen zu lassen. Es kam auch über mich etwas von jener Furcht, welche sein Anblick in den Herzen der Kinder Israels erweckt hatte. Ich fühlte nicht ein Grauen vor jenem Element, welches leider noch immer ‚keine Balken‘ hat, sondern es überlief mich jene heilige, andächtige Scheu, welche jeder Gläubige fühlt, sobald er einen Ort betritt, von dem ihm die biblische Geschichte erzählt, daß hier der Fuß des Ewigen gerastet und hier die Hand des Unendlichen gewaltet habe. Es war mir, als höre ich jene Stimme, welche einst dem Sohn des Amram und der Jochebeth zugerufen hatte: „Mose, Mose, tritt nicht herzu, sondern ziehe deine Schuhe aus, denn der Ort, darauf du stehest, ist ein heiliges Land!“
Hinter mir also lag das Land des Osiris und der Isis, das Land der Pyramiden und der Sphinxe, das Land, in welchem das Volk Gottes das Joch der Knechtschaft getragen und die Felsen des Mokattam zum Bau jener Wunderwerke zusammengeschleppt hatte, welche noch heute das Staunen des Nilreisenden erregen. Im Schilf des altehrwürdigen Stromes dort hatte die Königstochter das Knäblein gefunden, welches berufen war, ein Volk von Sklaven zu befreien und ihm in den zehn göttlichen Geboten ein Gesetz zu geben, welches noch nach Jahrtausenden die Grundlage aller Gesetze und Gebote bildet.
Vor mir, da zu meinen Füßen, funkelten die Fluten des Arabischen Golfs im glühenden Strahl der Sonne. Diese Fluten
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