Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
überblicken. Sie kehrten aber bald wieder zu ihrem Verschlag zurück, dessen Tür ich mit meinen Augen beobachten konnte, obgleich ich diesmal im Vorderteil des Fahrzeuges lag.
    Halef schlief ungefähr fünf Schritte von mir entfernt. Als Mitternacht herankam, weckte ich ihn heimlich und flüsterte:
    „Hast du geschlafen?“
    „Ja, Sihdi. Jetzt schlafe du.“
    „Ich kann mich auf dich verlassen?“
    „Wie auf dich selbst!“
    „Wecke mich bei der geringsten Ursache zum Verdacht.“
    „Das werde ich tun, Sihdi!“
    Ich hüllte mich fester in den Teppich und schloß die Augen. Ich wollte schlafen, aber es gelang mir nicht. Ich sagte in Gedanken das Einmaleins auf – es half nicht. Da griff ich zu dem Mittel, welches sicher stets den Schlaf bringt. Ich verdrehte die geschlossenen Augen so, daß die Pupillen ganz nach oben zu stehen kamen, und bemühte mich, an gar nichts zu denken. Der Schlummer kam und – halt, was war das?
    Ich wickelte den Kopf aus der Decke und spähte zu Halef hinüber. Auch er mußte aufmerksam geworden sein, denn er hatte sich, wie horchend, halb emporgerichtet. Ich hörte jetzt nichts mehr, aber als ich das Ohr wieder auf das Deck legte, welches einen besseren Schalleiter als die Luft bildete, vernahm ich das seltsame Geräusch wieder, welches mich aufgeweckt hatte, trotzdem es überaus leise war.
    „Hörst du etwas, Halef?“ flüsterte ich.
    „Ja, Sihdi. Was ist es?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Ich auch nicht. Horch!“
    Ein leises, ganz leises Plätschern ertönte jetzt vom Hinterteil her. Draußen am Land war das Feuer erloschen.
    „Halef, ich gehe jetzt auf einige Minuten nach dem Hinterdeck; bewache meine Waffen und Kleider.“
    Von den drei Türken, welche wieder an Bord gekommen waren, lagen zwei schlafend am Boden; der dritte hatte sich niedergekauert und – schlief jedenfalls auch. Es war denkbar, daß ich von der Kajüte aus beobachtet wurde; daher mußte ich die möglichste Vorsicht anwenden. Ich ließ die Büchse und den Stutzen liegen und legte sowohl den Turban als auch den Haïk (Beduinischer Mantel) ab, welche mich durch ihre weiße Farbe verraten hätten. Dann schmiegte ich mich hart an den Boden, gewann den Rand des Decks und kroch langsam an demselben hin, bis ich die Stelle erreichte, wo am äußersten Backbord eine Art Hühnersteig auf die Decke des Verschlages und zum Steuerruder führte. Ich stieg hinauf, katzenartig leise, darauf kam's ja an.
    Es gelang, und nun kroch ich bis hinten an den Ruderwinkel. Ah – das sonderbare Geräusch war erklärt. Das Boot, welches die beiden Frauen gebracht, und welches der Sambuk in Schlepptau genommen hatte, war von dem Innern des Verschlages aus so scharf angeholt worden, daß es grad unter dem einen Fenster lag, welches sich am breiten Hinterteil des Fahrzeuges befand. Durch diese Fensterluke wurde soeben, als ich vorsichtig von oben herablugte, ein kleiner, aber nicht leichter Gegenstand an einem Seil herabgelassen, dessen Reibung an dem Lukenrand jenen Ton hervorbrachte, den man allerdings nur dann wahrnehmen konnte, wenn man das Ohr hart auf die Bretter des Verdeckes legte. Unten in dem Boot befanden sich drei Männer, welche den Gegenstand in Empfang nahmen und dann warteten, bis das Seil wieder emporgezogen und ein zweites Paket herabgelassen wurde.
    Die Sache war mir natürlich sofort klar. Was in dem Boot aufgestaut wurde, war das Geld des Wergi-Baschi, d.h. der Ertrag der Steuer, welche er eingesammelt hatte, und – – – ich hatte keine Zeit, weiter zu vermuten.
    „Alargha, iz chijanisch – aufgeschaut, wir sind verraten!“ rief eine tiefe Stimme vom hohen Ufer her, wo man das Verdeck überblicken konnte; zu gleicher Zeit krachte ein Schuß, und eine Kugel bohrte sich hart neben mir in die Planke. Ein zweiter Schuß blitzte drüben auf, ein dritter; die Kugeln flogen glücklicherweise an mir vorüber, und ich durfte mich ihnen nicht länger aussetzen. Ich sah nur noch, daß das Tau unten gekappt und das Boot fortgerudert wurde; dann sprang ich vom Verschlag gleich auf das Deck hinab.
    In demselben Augenblick öffnete sich die Tür der Kajüte, und ich bemerkte zweierlei, nämlich daß an der hinteren Seite derselben zwei Bretter entfernt und daß durch diese Lücke eine Anzahl Männer unbemerkt vom Wasser aus eingestiegen waren. Die Frauen sah ich nicht, aber neun Männer stürzten sofort auf mich los.
    „Halef, herbei!“ rief ich laut.
    Ich hatte gar keine Zeit gehabt, eine Waffe zu

Weitere Kostenlose Bücher