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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ihn. Ich habe Sie auch schon einmal gesehen – er hat Ihre Diensttauglichkeitsuntersuchung gemacht. Meine Schwester wurde bei der Explosion in der Praxis beinahe getötet. Ich warte schon eine ganze Weile darauf, mit Ihnen zu reden, aber dieser Agent Biegler hat die Straßensperre beobachtet. Er ist gerade weggefahren, da bin ich sofort hergekommen. Wir müssen uns beeilen. Wenn Agent Biegler mich sieht, wird er mich bestimmt verhaften.«
    Willie überlegte, ob er Ray Breen anfunken und dessen Genehmigung einholen sollte; dann aber wurde ihm bewusst, dass er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen konnte. »He, Louis!«, rief er und winkte einem der Deputys, die damit beschäftigt waren, die Neugierigen abzuweisen, die mit einem Wagen gekommen waren. »Komm her und übernimm die Barrikade.«
    Sobald Louis sich in Bewegung setzte, nahm Willie die Frau beim Arm und führte sie zu seinem Streifenwagen.
    Danny fand Carl Sims auf einem Campinghocker unter einem Pavillonzelt, das jemand vor dem mobilen Kommandostand aufgestellt hatte. Der Scharfschütze ölte sein Gewehr, ein Remington 700 mit einem speziell angefertigten Schaft. Die Luft hier draußen fühlte sich fünfzehn Grad kühler an als in dem stickigen Wohnwagen.
    »Der Regen ist fast da«, sagte Carl. »Man muss seine Ausrüstung pflegen.«
    »Amen«, pflichtete Danny ihm mit einem Blick auf den Heli bei, der auf dem freien Rasenstück hinter dem Wohnwagen stand. Einmal mehr dankte er den Sternen für die Vietnam-Erfahrungen seines Mechanikers.
    Während Carl den Lauf seiner Waffe polierte, spielten die Muskeln seiner langen, dunklen Arme. Er sah aus wie ein Teenager, der sich in der Morgendämmerung auf eine Jagd vorbereitet. Danny hatte im Lauf der Jahre Hunderte junger Männer wie Carl gesehen, scheinbar zu jung für die Jobs, die von ihnen verlangt wurden, und doch vielleicht die Einzigen, die belastbar genug waren, um genau diese Jobs zu erledigen und zu überleben.
    »Sie waren im Dreck, Major, stimmt’s?«, fragte Carl. »In Übersee, meine ich.«
    »Ich war an ein paar Orten, an die ich lieber nicht zurückkehren möchte.«
    Carl lächelte. Seine Zähne leuchteten weiß in der falschen Dämmerung. »Ich weiß, was Sie meinen, Sir.«
    Danny bückte sich und nahm eine Dose Dr Pepper aus einer Kühlbox. »Drückt irgendwo der Schuh, Carl?«, fragte er.
    Sims hielt das Gewehr von sich und spähte aus zusammengekniffenen Augen über den Lauf.
    »Der Typ in der Bank, Sie erinnern sich?«, sagte Carl. »Dem ich die Hand weggeschossen habe.«
    Der Bankräuber, auf den der Sheriff vorhin angespielt hat, dachte Danny. »Ja?«
    »Ich habe ihn gekannt. Wir waren zusammen in derGrundschule. Ich habe ihn gleich wiedererkannt, als ich sein Gesicht im Zielfernrohr gesehen habe.«
    »Ich dachte mir, dass es so etwas sein müsste.«
    Carl senkte das Gewehr und nahm seine Arbeit wieder auf. »Das allein war es nicht.« Er blickte sich um, um sicherzugehen, dass sie allein waren; dann redete er mit gesenkter Stimme weiter. »Ich habe im Irak eine Menge Leute erschossen, Major. Viel mehr als die siebenundzwanzig, die sie mir zugeschrieben haben.«
    Danny wartete auf das, was da kommen mochte.
    »Ich wusste, warum ich diese Leute erschossen habe, verstehen sie? Die meisten jedenfalls. Aber das hier … ich weiß es nicht. In ein paar Minuten habe ich den Hausarzt meiner Mutter im Fadenkreuz. Und das ist einfach nicht richtig.«
    »Ich weiß.«
    Carl blickte ihn verwirrt an. »Aber im Kommandostand vorhin … Sie haben so geredet, als wollten Sie, dass ich den Mann erschieße.«
    Danny seufzte tief. »Ich habe hier nicht das Kommando, Carl. Wäre es an mir, würde das FBI den Befehl übernehmen, und Sie und ich würden irgendwo im Trockenen abwarten. Aber das wird nicht geschehen. Nicht mit diesen Cowboys hier.«
    Der Scharfschütze nickte mutlos. »Das ist mir auch klar.«
    »Es gibt genau zwei richtige Soldaten hier vor Ort«, fuhr Danny in stiller Überzeugung fort. »Und sie sitzen beide unter diesem Dach. Wenn der Sheriff den Sturm auf das Haus befiehlt, sind Sie die größte Hoffnung, die Mrs. Shields und ihre Tochter haben, diese Nacht zu überleben. Sie allein. Verstehen Sie?«
    Carl hielt mit dem Wischen des Gewehrlaufs inne. »Sie meinen, ich soll den Doktor ausschalten, bevor Ray und seine Kumpane ein Blutbad anrichten?«
    Danny trat einen Schritt näher und ging vor Carl in die Hocke, sodass sie beide auf Augenhöhe waren. »Sie wollen meine Meinung hören?

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