12 Stunden Angst
Kabel zu einem DAT-Rekorder und drei kleinen Lautsprechern in einem Gestell an der Wand.
»Wenn diese Lautsprecher an sind«, sagte Danny, »drehen Sie sie ganz runter. Ich will, dass Shields denkt, wir würden uns unter vier Augen unterhalten, ohne weitere Zuhörer.«
Sheriff Ellis nickte Trace zu, und dieser drehte die Lautstärke herunter.
Danny rief sich ins Gedächtnis, was er über Warren Shields wusste. Die Nachricht, dass Shields seit fast einem Jahr unheilbar an Krebs erkrankt war, hatte ihn zutiefst geschockt. Es schien unglaublich, dass Laurel eine so schwere Erkrankung übersehen haben sollte. Hatte sie es gewusst und vor Danny verborgen? Falls ja, hatte er sich in ihr getäuscht. Dann war sie nicht der Mensch, den er zu lieben glaubte. Was habe ich diesem armen Mann angetan, ging es ihm durch den Kopf. Was habe ich seiner Familie angetan! Als Danny sich in Laurel verliebt hatte, hatte er sich anfangs mit aller Kraft gegen diese Gefühle gewehrt. Laurel hatte das Gleiche getan, zumindest war es ihm so vorgekommen. Selbst nachdem sie beide diese Schlacht verloren hatten, war ihre Beziehung noch eine ganze Weile von Schuldgefühlen überschattet gewesen. Doch schließlich waren sie verblasst – in der zunehmenden Gewissheit, dass sie beide füreinander geschaffen waren. Und jetzt war diese alte Schuld durch den dunklen Boden am Grund von Dannys Herz gebrochen, wo er sie vergraben hatte – wie eine giftige Blume nach einem schweren Regen …
»Danny?«, riss Sheriff Ellis ihn aus seinen Gedanken. »Sind Sie noch bei uns?«
»Ich brauche einen Stift und Papier«, sagte Danny. »Um Notizen zu machen.«
»Ich glaube nicht, dass wir so was hier haben«, sagte Trace Breen.
»Was denn, in einem Kommandoposten?«
»Hier«, sagte eine tiefe Stimme.
Hinter Danny entstand Bewegung; dann reichte Carl ihm ein kleines Notizbuch und einen wasserfesten Stift. »Mein Logbuch«, sagte Carl. »Alle Scharfschützen haben eins bei sich.«
»Danke, Sergeant«, sagte Danny, indem er Carls früheren militärischen Rang benutzte.
Carl zog sich in den Hintergrund des Wagens zurück.
Danny streifte das Headset über. Wenn Warren wusste, dass er der Liebhaber seiner Frau war, würde das hier wahrscheinlich die kürzeste Geiselverhandlung aller Zeiten werden. Nacheinander blickte er dem Sheriff und Agent Biegler in die Augen. »Falls jemand einen Vorschlag machen möchte, soll er ihn jetzt machen. Wenn ich erst zu reden anfange, schaue ich auf die Wand, um nicht abgelenkt zu werden. Ich bin kein ausgebildeter Geiselunterhändler. Ich werde nach Gefühl vorgehen. Wenn Sie nicht wollen, dass ich die Sache übernehme, lasse ich Ihnen mit Freuden den Vortritt. Aber wenn ich erst angefangen habe, halten Sie sich bitte raus. Keine Besserwisserei während der Unterhaltung, okay?«
Sheriff Ellis nickte, doch Agent Biegler trat vor und blickte Danny an. »Erwähnen Sie nicht, dass wir von seiner Krankheit wissen, wenn es sich vermeiden lässt. Aus irgendeinem Grund vertraut dieser Mann Ihnen. Sie sollten dieses Vertrauen nicht erschüttern und ihn friedlich da rausholen, wenn es geht. Lassen Sie alle Themen außen vor, bei denen es zu sehr um Gefühle gehen könnte.«
»Und worüber soll ich mit ihm reden? Vielleicht über das Wetter?«
»Das können Sie nicht wissen, bevor Shields nicht zu reden anfängt. Trotzdem, bleiben Sie ruhig. Tun Sie alles, um ihn zu beschwichtigen. Und bieten Sie ihm nichts an ohne eine Gegenleistung von seiner Seite. Keine Nahrung, keine Medikamente, erst recht keine strafmildernden Umstände. Das darf nur ich allein, und auch nur nach Rücksprache mit dem Generalbundesanwalt. Alles, was Shields von uns will, verschafft uns einen Hebel, und wir wollen dafür ein Zugeständnis seinerseits.«
Danny hatte das Gefühl, als hätte Biegler einen Wochenendkurs in Geiselverhandlung in Quantico besucht. »Ich glaube nicht, dass er über Dinge wie Strafbarkeit nachdenkt, Agent Biegler. Und ich glaube auch nicht, dass wir irgendetwas haben, daser braucht.« Es sei denn, er will mich. »Aber ich werde Ihren Rat im Hinterkopf behalten.«
»Ich muss wissen, ob Auster tot ist oder nicht«, fügte Biegler hinzu.
Auster ist so tot, wie jemand nur sein kann, dachte Danny. »Verstanden.«
»Schaffen Sie das kleine Mädchen da raus«, sagte Sheriff Ellis. »Wir wollen sie nicht in der Schusslinie, wenn wir das Haus stürmen müssen.«
»Okay, ich habe verstanden«, sagte Danny. »Fangen wir an.«
»Ich wähle die
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