12 Stunden Angst
solch eine Wahl getroffen? Schließlich hatte sie zu diesem Zeitpunkt noch Grund zur Hoffnung auf ein anderes Ergebnis gehabt.
Laurel starrte zu der Tür, die den Eingang zum Panikraumverbarg, und dachte an Geschichten von Tankstellenräubern, die die Angestellten in die Toiletten geschickt und gezwungen hatten, sich dort auf den Boden zu legen. Ich werde nicht reingehen, nahm sie sich fest vor. Ich werde hier kämpfen und sterben, aber ich werde nicht passiv da drin liegen. Vielleicht hilft mir Grant.
Sie wandte sich zur Vordertür. Auf der anderen Seite wartete die Polizei, doch Warren hatte sämtliche Türen abgesperrt und die Schlüssel versteckt. Laurel drehte sich um und blickte durchs Foyer in Richtung der Küche, die jetzt im Dunkeln lag. Warren begleitete Beth zur Treppe. Es sah ganz normal aus – ein Vater, der mit seiner Tochter die Treppe hinaufwollte, um ihr vor dem Schlafengehen noch eine Geschichte vorzulesen … wäre da nicht der Revolver in Warrens Hand gewesen.
Etwas hat sich verändert, dachte Laurel, und ihr Puls beschleunigte sich.
Sie musterte das Gesicht ihres Mannes, das ausgezehrt und geschwollen war. Einzig die Augen strahlten noch Leben aus – das Leben eines religiösen Eiferers. Er wird uns töten, wurde ihr klar. Das ist das Ende.
Eine unvorstellbar machtvolle Panik durchströmte sie und verlieh ihr die Kraft und den Mut der Verzweiflung. Ihre Hände bebten vor Energie, als wüssten sie, dass sie jeden Moment dazu benutzt werden konnten, einen sehr viel stärkeren Feind zu töten.
Mein Handy, dachte Laurel unvermittelt. Soll ich Danny anrufen und ihm sagen, dass sie das Haus stürmen sollen? Warren wird versuchen, mich daran zu hindern. Ich könnte einfach Dannys Nummer wählen und die Leitung offen lassen …
Hinter Warren war eine Bewegung, und Laurel war schlagartig hellwach. War es nur ein Schatten? Nein, es hat Substanz …
Da! Ein dunklerer Umriss in der dunklen Küche …
Laurel zwang sich, ihren Blick auf Warren zu fokussieren, ihm in die Augen zu starren und ihn von dem Eindringling abzulenken. In der Dunkelheit hinter Warren glitt der Schatten nach vorn, geschmeidig und fließend und irgendwie viel gefährlicher als Warrens Waffe. Einen Moment lang hatte LaurelSchuldgefühle, weil sie Warren nicht warnte, doch dann durchbrach Grants Stimme die Stille:
»Coach Trace! Coach Trace!«
Der Schatten wirbelte in Richtung des Schreis herum, und Warren tat es ihm gleich. Noch in der Drehung riss er seine Waffe hoch, und Laurel sah, dass der Schatten einen fatalen Fehler gemacht hatte – einen Fehler, den Grant vorausberechnet haben musste. Indem er sich zu Grant umwandte, drehte er Warren den Rücken zu. Ehe er Zeit fand, seinen Fehler zu korrigieren, hatte Warren bereits gefeuert. Seine Kugel schien den Eindringling schwer getroffen zu haben, denn Laurel hörte einen dumpfen Aufprall. Grant kam aus der Pantry gestürmt und riss dem Eindringling eine Pistole aus der reglosen Hand.
»Du hast ihn erwischt, Dad! Du hast ihn erwischt!«
Er sprang seinem Vater in die Arme. Warren drückte den Jungen fest an sich.
»Was war das?« , brüllte Sheriff Ellis in das Mikrofon seines Headsets.
»Ein Schuss«, antwortete Danny voller Angst, Warren könnte soeben Laurel getötet haben. »Es hörte sich nach einem Pistolenschuss an. Aber was hat der Junge geschrien?«
»Wir müssen rein, sofort!«, rief Ray Breen über Funk. »Geben Sie den Befehl, Sheriff!«
»Negativ!«, brüllte Ellis zurück. »Jemand hat Trace gerufen. Trace, waren Sie das? Was ist los da unten bei Ihnen? Hat jemand geschossen?«
Der Kommunikationsoffizier antwortete nicht.
Danny neigte den Helikopter zur Seite, um einen besseren Blick auf das Haus werfen zu können. Noch immer prasselte Regen gegen die Kanzel und machte jede klare Sicht unmöglich.
»Trace!«, brüllte Ellis. »Schaffen Sie mir Dr. Shields ans Funkgerät!«
»Wir können nicht warten, Sheriff!«, rief Ray Breen. »Wir müssen stürmen!«
»Halten Sie den Mund, Deputy!«, befahl Ellis. »Bewahren Sie Funkdisziplin!«
Im Funk knisterte und knackte es. Dann erklang eine Frauenstimme in Dannys Headset. »Sheriff, wir haben ein Problem.«
»Wer spricht da?«
»Deputy Sandra Souther, Sheriff. Ich bin im mobilen Kommandoposten.«
»Wo ist Trace?«
»Äh … ich glaube, Deputy Breen ist ins Haus eingedrungen.«
Ellis wurde blass. »Er ist was? «
»Dr. Shields hat gerade hier angerufen. Niemand hat abgehoben, deshalb bin ich in
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