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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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nähern, stürmen wir sofort. Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    Du lieber Gott, dachte Danny. Shields denkt vielleicht darüber nach aufzugeben, und Ray Breen pustet ihm ohne Vorwarnung den Schädel weg. Sheriff Ellis’ Strategie war vernünftig. Einem Mann, der so sehr aus dem inneren Gleichgewicht geraten warwie Shields, ein Ultimatum zu stellen, konnte leicht dazu führen, dass er seine Geiseln erschoss. Trotzdem konnte Danny sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie nicht alles getan hatten, um Warren Shields zur Aufgabe zu bewegen. Oder waren das nur Schuldgefühle? Gab es überhaupt Hoffnung, dass Shields sich ergab? Er war überzeugt, sich gegen einen Eindringling gewehrt zu haben, der versucht hatte, ihn hinterrücks zu ermorden. Shields fühlte sich wie ein Belagerter. Und er war unheilbar krank. Spielte es für ihn überhaupt noch eine Rolle, wann oder wo er starb?
    »Bringen Sie uns noch ein Stück höher, Danny«, sagte Sheriff Ellis.
    Danny kam der Aufforderung nach. Wo ist Laurel jetzt?, fragte er sich. Was wird sie tun, wenn sie die Türen einschlagen? Wird sie sich zu Boden werfen oder dastehen wie ein Reh im Scheinwerferlicht, während Kugeln das Haus durchsieben? Versucht sie vielleicht sogar, ihren Mann zu schützen? Danny hielt es nicht für sehr wahrscheinlich, doch allein der Gedanke machte ihm Angst. Er zweifelte nicht einen Moment daran, dass Ray Breen fest entschlossen war, Shields zu töten, koste es, was es wolle.
    »Fünfunddreißig Sekunden«, sagte Ellis, die Augen auf der Armbanduhr. »Bereithalten, Ray. Alle sehen auf ihre Uhren. Dreißig Sekunden …«
    Eine Wand aus Regen prallte gegen die Kanzel, und Danny fiel durch ein Schwarzes Loch direkt nach Afghanistan. Zweiundvierzig Marines saßen auf einem Berg im schlimmsten Sturm fest, den der Tajik-Führer der Kompanie jemals erlebt hatte. Scharen von Taliban unter dem Kommando von Mudschaheddin, die schon zwanzig Jahre zuvor gegen die Russen gekämpft hatten, kletterten an den steilen Felswänden hinauf wie Ameisen, fest entschlossen, den Amerikanern den Rest zu geben. Es war nur ein Nebenschauplatz der Schlacht von Tora Bora, doch für die auf dem Berg gestrandeten Marines war es das Ende der Welt. Ein Black Hawk der Army war bereits abgeschossen worden, als er einen Höhleneingang unter Feuer genommen hatte. Eine A-10der Air Force hatte die Taliban eine Zeit lang in Schach gehalten, doch in diesem Sturm war selbst die A-10 Warthog an den Boden gefesselt. Nach Einbruch der Dunkelheit gäbe es nichts mehr, das die Taliban aufhalten konnte. Sie hatten sich bereits zu dicht an die Stellungen der Marines vorgearbeitet, um sie mithilfe der Artillerie auszuschalten, und die wenigen Hubschrauber für Luftnahunterstützung wurden bei Tora Bora benötigt. Danny rechnete jeden Moment damit, dass die Marines Artilleriefeuer auf ihre eigenen Stellungen anforderten, wie der berühmte Jo Adams es in Korea auf der Höhe 385 getan hatte. Alles war besser, als von afghanischen Stammesfürsten gefangen genommen zu werden.
    Dann hatte sich ein Delta Force freiwillig gemeldet, über dem Berggipfel abzuspringen und einen Verteidigungsperimeter zu installieren, falls sich ein Helikopterpilot fand, der die Marines aus der Luft evakuierte. Das Unternehmen war glatter Selbstmord. Danny wollte nicht sterben. Er hatte keine Illusionen, was den Krieg anging. Er war dreiundvierzig Jahre alt, und er hatte dieses Alter nicht dadurch erreicht, dass er an Selbstmordeinsätzen teilnahm. Und doch hatte er das innere Verlangen gespürt, sich zu melden. Warum? Wollte er dem Vorbild seines Vaters folgen, der im Zweiten Weltkrieg gekämpft hatte? Er hielt sich ganz sicher nicht für unverwundbar, schon gar nicht in feindlichem Feuer. Doch der Grund war viel einfacher, wurde ihm klar. Wenn nicht jemand einen Vogel dort oben hinbrachte, würden die Marines sterben. Zweiundvierzig Ehemänner, Väter, Söhne. Das Schicksal hatte ihre Leben in Dannys Hände gelegt. Von den beiden anderen Piloten, die an jenem Tag dabei gewesen waren, hatte einer einen Sohn, den er noch nie gesehen hatte, und der andere schielte immer nach der großen Chance – was für ihn Routineflüge für Rockstars bedeutete, nicht den Tod in Afghanistan.
    Also hatte Danny, ohne lange nachzudenken, die Hand gehoben und gesagt: »Ich mach’s.« Die bedeutendste Auszeichnung, die er während seiner Zeit beim Militär erhalten hatte, war der Ausdruck in den Augen des Delta Force Operatives gewesen,

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