12 Stunden Angst
Danny seltsam fragend an. »Was machen Sie wirklich hier?«, fragte er.
Danny lief ein Schauer über den Rücken. Warrens hohle Augen schienen plötzlich genau jenes Wissen zu enthalten, das Danny ihm um jeden Preis hatte verheimlichen wollen. Hatte er die Wahrheit irgendwie gespürt? Hatte die körperliche Nähe einen archaischen Reflex ausgelöst, irgendeine verborgene Sinneswahrnehmung, die sexuelle Botenstoffe zu entdecken imstande war?
»Müssen Sie immer der Held sein?«, fragte Warren.
»Ich bin kein Held. Es ist mir nur nicht egal, was mit dieser Familie passiert. Ich will nicht ihre Bilder auf der Titelseite des Chronicle von morgen früh sehen und darunter die Story einer schrecklichen Tragödie lesen. Und ich will nicht jedes Arschloch in dieser Stadt sagen hören: ›Da sieht man’s mal wieder, man steckt einfach nicht in den Leuten drin.‹«
Warrens Lippen lächelten, doch seine Augen nicht.
»Also schaffen wir die Kinder hier raus, okay?«
Das tote Lächeln verschwand.
»Das Baby, das ich in mir trage, ist von dir, Warren«, sagte Laurel, ohne Danny anzuschauen. »Ich weiß es. Das ist der einzige Lichtstrahl der Hoffnung in all der Dunkelheit, in der du dieses Jahr leben musstest.«
Warren blickte sie an, sah aber keinerlei Anzeichen, dass sie log.
»Ich habe es dir schon einmal gesagt«, widersprach er. »Das Kind kann nicht von mir sein.«
»Du hast gesagt, es wäre unwahrscheinlich. Nicht unmöglich.«
Warren sah zu Boden, dann auf seine Waffe. Laurel spielte ein gefährliches Spiel.
»Ist es möglich?«, fragte sie ihn eindringlich.
»Vielleicht«, flüsterte er fast unhörbar. »Aber wenn es so ist, weiß ich nicht, ob du das Kind behalten solltest. Wegen der Medikamente und Hormone wäre das Risiko eines angeborenen Schadens so groß …«
»Das ist mir egal!«, unterbrach Laurel ihn so entschieden, dass er ihr jedes Wort glaubte. »Wenn du stirbst, müssen wir das Risiko eingehen. Aber du wirst noch so lange am Leben bleiben, bis das Baby geboren ist.«
Danny wusste nicht, ob sie aus dem Herzen sprach, doch ihre Augen blitzten vor Überzeugung, und aus ihren Worten klang Wahrheit.
In Warrens Gesicht zuckte es. Er wischte sich die Augen; dann blickte er Laurel an. »Ich möchte, dass du einen Bluttest machst.«
Sie nickte, doch Danny sah ihr an, dass ihr der Gedanke Angst machte.
»Einen DNA-Test?«, fragte Danny in der Annahme, dass nur ein Gentest Warren überzeugen konnte, Laurel am Leben zu lassen.
»Nein, das dauert zu lange. Mark Randall kann ins Haus kommen und eine Blutprobe nehmen. Sie können es im Krankenhaus innerhalb von dreißig Minuten bestimmen.«
»Sie meinen – jetzt? «, fragte Danny benommen.
»Sicher, warum nicht? Randall wohnt praktisch um die Ecke, in der Sagramore Street.«
»Warren … wir haben nicht mehr so viel Zeit.«
»Warum nicht?«
»Weil die Einsatzkräfte draußen jeden Moment das Haus stürmen. Glauben Sie, die sitzen tatenlos herum, während Sie eine Art häuslichen Vaterschaftstest durchführen?«
»Ich wüsste nicht, warum das zu viel verlangt sein sollte. Es könnte alles auflösen.«
»Wie weit ist sie?«, fragte Danny. »Wie kann man ohne Ultraschall oder was weiß ich eine Nadel in den Fötus einführen, geschweige denn, ihm Blut entnehmen?«
Laurel antwortete mit einer Inbrunst, die beide Männer aufhorchen ließ. »Würdest du mich wirklich lieben, wäre es dir egal, wessen Kind ich in mir trage.«
Warren starrte sie an.
Danny fragte sich, warum sie das gesagt hatte. Hegte sie einen heimlichen Todeswunsch? Einen Mann zu bitten, das ungeborene Kind eines anderen Mannes zu akzeptieren, ausgetragen von der eigenen Frau … das war ein Überschreiten sämtlicher Grenzen.
»Du hast keine Ahnung, was Liebe ist«, sagte Warren. »Das wird mir jetzt klar.«
»Ganz im Gegenteil«, widersprach Laurel. »Du bist derjenige, der keine Ahnung hat.«
Danny suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, sie von diesem Thema abzubringen, als eine körperlose Stimme meldete: »Merlin hat das Passwort gefunden. Es ist Magie!«
Danny zuckte erschrocken zusammen. Im ersten Moment dachte er, irgendjemand wäre unbemerkt ins Haus eingedrungen oder ein vergessener Weckalarm sei erklungen. Doch ein Blick in Laurels Gesicht belehrte ihn eines Besseren: Sie war zu Tode verängstigt.
Eine Fanfare hallte triumphierend durchs Haus, und die Stimme wiederholte: »Merlin hat das Passwort gefunden. Es ist Magie!«
Warrens Gesicht leuchtete auf,
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