12 Stunden Angst
nicht glauben. »Ist dir nie aufgefallen, dass ich noch mehr will, nachdem du gekommen bist?«
»Nein. Du hast es jedenfalls nie gesagt.«
»Weil ich deine Gefühle nicht verletzen will, für den Fall, dass du nicht gleich noch einmal kannst. Aber ich habe versucht, es dir zu zeigen.«
»Kein Mann kann zweimal hintereinander. Weißt du das nicht?«
»Doch, ja.« Sie nickte, obwohl sie wusste, dass es nicht stimmte. »Wahrscheinlich hast du recht.«
Warrens Blick wurde hart und misstrauisch. »Wahrscheinlich?«
»Ich habe nicht viele Vergleichsmöglichkeiten, wie du weißt.«
»Das hast du jedenfalls erzählt. Um die Wahrheit zu sagen, ich habe nie wirklich geglaubt, was du mir erzählt hast. Mit wie vielen Männern hast du vor mir wirklich geschlafen?«
Jetzt geht’s los. »Siehst du, warum ich nicht über diese Dinge rede, Warren? Ich versuche ehrlich zu dir zu sein, und du beschuldigst mich, ich hätte dich schon vor unserer Hochzeit belogen.«
Er starrte sie an. »Willst du mich für dumm verkaufen?«
»Vor dir hatte ich nur einen einzigen Liebhaber«, sagte sie tonlos.
O Gott, lass mich wegen dieser Lüge nicht tot umfallen, dachte sie, während Warren sich wieder dem Bildschirm zuwandte und mit dem Touchpad durch den Ordner navigierte. Stöhnen und Schreie drangen aus den winzigen Lautsprechern des Notebooks, als würden im Innern des Kohlefasergehäuses hemmungslose Miniaturmenschen kopulieren.
Es machte Warren schrecklich zu schaffen, dass nicht er es gewesen war, der Laurel die Unschuld genommen hatte. Er hatte genau wissen wollen, wie oft sie mit ihrem ersten Freund Sex gehabt hatte, wollte jede Stellung geschildert bekommen, die sie ausprobiert hatten. Laurel hatte ihre Phantasie bemüht, um eine fade, rein körperliche, sechs Monate währende Beziehung mit einem College-Jungen zu erfinden, einem Typen aus den Nordstaaten, dem sie bestimmt nie wieder über den Weg laufen würde. Doch nachdem sie Warrens Reaktion auf diese harmlose »Enthüllung« erlebt hatte, konnte sie sich leicht ausrechnen, dass esam besten war, ihre restlichen Partner in das weibliche Bermuda-Dreieck des »Nie-Gewesen« zu verbannen. Es war schließlich nicht so, als hätte sie herumgehurt. Sie hatte ihre Unschuld bewahrt, bis sie achtzehn gewesen war – ein Rekord in ihrer Highschool-Klasse. Doch während der Zeit am College hatte sie unter dem Einfluss von Alkohol eine Reihe von Bekanntschaften gemacht, die weiter gegangen waren, als sie ursprünglich beabsichtigt hatte. Attraktive junge Kerle, mit denen sie gleich bei der ersten Verabredung ins Bett gesprungen war, aus keinem anderen Grund als dem, dass sie einsam gewesen war und diese Jungs ihr ein gutes Gefühl gegeben hatten … und sie hatte verdammt noch Mal Sex gewollt.
Dann war da der verheiratete Architekturprofessor, mit dem sie acht Monate lang ein heimliches Verhältnis gehabt hatte. Warren wäre durchgedreht, hätte er davon gewusst. Die Affäre war Laurels eigentliche Einführung in den Sex gewesen, und wenn es irgendeine unerforscht gebliebene Stelle ihres Körpers oder ihrer Psyche gab, dann bestimmt nicht deswegen, weil sie sich nicht bemüht hatte. Einiges von dem, was sie in dieser Beziehung gelernt hatte, hatte sie auch mit Warren ausprobiert, und manchmal hatte es sogar funktioniert. Doch alles wirklich Ausgefallene rief regelmäßig misstrauische postkoitale Fragen hervor; deshalb hatte sie irgendwann die Experimente eingestellt. Sie hatte irrtümlich angenommen, Warren würde sich über die Abwechslung freuen, doch er war anders als die meisten anderen Männer – oder die meisten anderen Männer waren Warren in Wirklichkeit ähnlicher, als Laurel wusste. Zwölf Jahre treuen Ehelebens hatten sie gründlich von ihrem diesbezüglichen Forschungspool entfernt.
Danny hingegen hätte nicht die geringsten Probleme mit ihrer sexuellen Vergangenheit. Er würde sich nicht daran stören, hätte sie vor ihm mit einem halben Dutzend oder mehr Männern geschlafen, solange es bei ihm endete. Bei Danny war Laurel selbst der unsichere Partner. Danny hatte auf der ganzen Welt mit Frauen geschlafen – und egal, was er sagte, um ihrSelbstvertrauen zu stärken: Laurel war sich sicher, die exotischen Kurtisanen, die ihre Phantasie bevölkerten, niemals übertreffen zu können. Auf der anderen Seite machte es Spaß, es zu versuchen.
»Das ist ja widerlich!«, rief Warren und riss Laurel aus ihren Gedanken. »Manche dieser Schweinereien sind pervers! «
Laurel
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