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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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mehr genügend Anstand, um mir diese Bitte zu gewähren?«
    Endlich hob er den Kopf und blickte sie an. »Sag mir dein Passwort für deinen Hotmail-Account, und du kannst gehen.«
    Also schön, dachte Laurel wütend. Du hast es so gewollt, du sollst es haben. Sie schloss die Augen und entspannte ihren Harnröhrenschließmuskel. Innerhalb von Sekunden war ihr Schritt durchnässt, dann ihre Oberschenkel und ihr Gesäß. Eine Minute später würde Warren den Geruch bemerken, und es war unwahrscheinlich, dass er seine stoische Fassade aufrechterhielt. Das Sofa, auf dem Laurel lag, war ein echtes, lederbezogenes, siebzehntausend Dollar teures Roche Bobois, importiert aus Frankreich durch eine kleine Boutique in West Palm Beach. Sie urinierte immer noch, als Warren sich plötzlich auf dem Polsterschemel kerzengerade aufrichtete.
    »Scheiße!«, brüllte er. »Du hast doch wohl nicht auf das Sofa gepinkelt?«
    »Ich hab dir gesagt, dass ich dringend muss.«
    »Runter von dem verdammten Sofa!«
    »Wie denn? Schneide mich los, und ich stehe auf.«
    Er starrte sie an, als wollte er sie schlagen, doch Laurel saß so stoisch da wie ein Buddha, glückselig vom Gefühl der Erleichterung, das ihr die frisch geleerte Blase verschaffte.
    »Du bist ekelhaft«, sagte Warren.
    »Du hast darum gebettelt, du hast es bekommen.«
    Warren ging in die Küche und kehrte mit einem rasiermesserscharfen Steakmesser zurück. Er kniete sich vor ihr hin und schnitt das Gewebeband durch, mit dem er sie an den Knöcheln gefesselt hatte. Ihre Beine brannten wie Feuer, als die Blutzirkulation endlich wieder einsetzte. Sie streckte ihm die Hände hin, damit er die Fesseln ebenfalls durchschneiden konnte, doch er schüttelte den Kopf.
    »Vergiss es. Zieh deine Hose aus und wirf sie in die Waschmaschine. Anschließend holen wir dir eine neue.«
    Das Ausziehen der Hose stellte Laurel vor ein Problem, weil sie ihr geheimes Handy darin versteckt hatte. Vorsichtig wickelte sie die Beine um die Tasche mit dem Razr; dann ging sie zum Waschraum. Der durchdringende Geruch ihres Urins rief Erinnerungen an jene frühen Jahre in ihr wach, als Grant und Beth noch Windeln getragen hatten. Unvermittelt brachen sich längst vergessene Mutterinstinkte Bahn. Auf dem Weg durch die Küche warf sie einen Blick auf die Wanduhr. Elf Minuten nach zwei. Fünfzig Minuten noch, höchstens, bis die Kinder durch die Tür ins Haus platzten. Fünfzig Minuten, um aus dem Haus zu fliehen oder Warren so schwer zu verletzen, dass sie tun konnte, was sie wollte, ohne seine Rache fürchten zu müssen.
    Er schien ihre zunehmende Entschlossenheit zu spüren, denn er hielt sich keine drei Meter hinter ihr, als er ihr in den Waschraum folgte. Die ganze Zeit hielt er die Waffe in der Hand. Die Entfernung ermöglichte es Laurel, das Razr unauffällig aus derHosentasche zu ziehen und in der Handfläche zu verbergen, bevor sie die Hose in die Waschmaschine steckte. Doch jetzt stand sie vor einem neuen Problem. Wenn sie versuchte, nackt von der Hüfte abwärts das Handy an Warren vorbei ins Schlafzimmer zu schmuggeln, würde er es unweigerlich bemerken. Sie überlegte, ob sie es in die Achselhöhle schieben sollte, doch sie spürte seine brennenden Blicke im Rücken.
    »Los, beweg dich«, sagte er. »Weiter.«
    »Eine Sekunde, ja?« Laurel wollte nachsehen, ob eine SMS eingegangen war, doch sie wagte es nicht. Als sie die große Flasche Flüssigwaschmittel vom Regal nahm, schob sie das Handy in das Fach und ließ es dort. Unmittelbar, bevor es außer Sicht verschwand, sah sie auf dem winzigen äußeren Display die Meldung: 2 NEUE NACHRICHTEN. Ihr Herz machte einen Sprung: Die Nachrichten konnten nur von Danny sein. Doch sie dachte gar nicht daran, das Handy aufzuklappen und sie zu lesen. Das musste warten.
    Nachdem sie die Wäsche aufgesetzt hatte, ließ sie das Waschmittel auf dem Trockner stehen und ging halb nackt ins Elternschlafzimmer, wobei sie darauf vertraute, dass Warren es vorzog, ihr auf den Hintern zu starren, anstatt den Waschraum noch einmal zu kontrollieren.
    Sie stieg unter die Dusche und säuberte sich, so gut es mit den gefesselten Händen ging. Anstatt sich unter dem Wasserstrahl zu lockern, zog sich das Gewebeband noch straffer zusammen, eine klebrige graue Masse. Zu ihrer Überraschung warf Warren ein Handtuch über die Tür der Kabine, während sie sich schrubbte. Sie trocknete sich damit ab, nahm einen frischen Schlüpfer aus ihrer Schublade und eine schwarze Yogahose aus einem

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