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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ausgegeben. Es gibt keine Spuren mehr. Garantiert nicht.«
    »Aber wenn sie aussagen …«
    »Das werden sie nicht. Was hätten die Leute davon? Von uns bekommen sie Bargeld und freie ärztliche Versorgung. Von der Regierung kriegen sie einen Scheißdreck. Und wenn irgendjemand Schwierigkeiten macht, kaufen wir ihn.«
    »Und wenn jemand plötzlich Gewissensbisse hat?«
    »Keine Bange. Ich habe keine Chorknaben ausgesucht, sondern ausschließlich kompromittierbare Weiße. Das Einzige,weswegen wir uns Sorgen machen müssen, ist ein Patient, den du vielleicht verärgert hast. Jemand, der aus Rache gegen uns aussagt. Beispielsweise eine Frau.«
    Austers Gedanken schweiften zurück zu einer Reihe attraktiver Patientinnen. Eine davon hatte Biegler namentlich genannt. Wie die Dinge standen, hatten die Frauen ihm gewisse sexuelle Gefälligkeiten angeboten als Gegenleistung für bestimmte Verschreibungen, und er hatte nicht widerstanden. Wie hätte er sollen? Als ihre Forderungen außer Kontrolle gerieten, hatte er sie fallen lassen – ohne Rücksicht auf ihre Angebote. Besonders eine Frau konnte zum Problem werden, insbesondere, wenn die Regierung sie mit Anklagen wegen Verstoßes gegen die Rauschgiftgesetze in der Hand hatte.
    »Ich sehe, wir haben ein Problem«, sagte Vida schroff. »Wer ist sie?«
    »Niemand. Ich bin nur in Gedanken alle Patientinnen durchgegangen.«
    »Blödsinn. Komm schon, Kyle, spuck’s aus.«
    Paul Biegler hätte jemanden wie Vida gebrauchen können. Sie war unerbittlich. Auster seufzte tief. »Quinesha Washington.«
    Vida wurde blass. »Diese drogensüchtige Schlampe? Du hast dich mit Quinesha Washington eingelassen?«
    »Nur ein Blowjob. Ich habe sie sonst nicht angerührt.«
    Vida erschauerte vor Abscheu. »Ich hoffe, es war wenigstens ein guter. Sie wird uns eine Menge Geld kosten.«
    Ein guter? Eher ein Dutzend. »Es tut mir leid.«
    »Du gehst sofort zu JaNel und lässt dir Blut für einen AIDS-Test abnehmen.«
    »Hör mal, Vida …«
    »Sofort! Du hast weniger Verstand im Kopf als ein räudiger Kater!«
    Auster hob resignierend die Hände. »Schon gut, schon gut. Ich mache es, sobald wir hier fertig sind.«
    »Zwischen uns läuft jedenfalls nichts mehr, bis du diesen Test gemacht hast. Ich gehe jetzt wieder nach vorn und versucheweiter, dich vor dir selbst zu retten.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und stürmte nach draußen.
    Auster lehnte sich im Stuhl zurück und wartete, bis sein Herzschlag sich beruhigt hatte. Ein paar heiße Bilder von Quinesha Washington auf den Knien vor ihm zuckten durch sein Hirn und verschwanden gleich wieder, als die Erinnerung an Paul Bieglers Drohungen zurückkehrte. Das Eigenartige war – nicht die Patienten und die Unterlagen machten Kyle Auster Sorgen, sondern sein Partner.
    Warren Shields aufzunehmen war ein Fehler gewesen. Auster hatte angenommen, dass Shields – wie alle jungen Ärzte – hungrig nach Geld war. Er hatte auch definitiv nichts dagegen, Geld zu verdienen. Doch er überprüfte sein Verhalten ständig anhand eines moralischen Kodes, der zu einer älteren Generation von Ärzten gehörte – einer Generation, die noch älter war als Auster. Es war zum Verrücktwerden. Auf der anderen Seite liebten die wohlhabenden Patienten in der Stadt diesen Burschen, und so war Shields trotz allem gut für die Praxis.
    Dann war er – wie ein Geschenk des Himmels – plötzlich von sich aus auf das Geld zu sprechen gekommen. Vor ungefähr einem Jahr war er nach der Arbeit in Austers Privatbüro marschiert und hatte rundheraus gesagt, er brauche mehr Geld. Kein Problem, hatte Auster geantwortet. Er wusste nicht, was den plötzlichen Sinneswandel bei Shields hervorgerufen hatte – eine Geliebte, Drogensucht, ein kostspieliges Hobby –, und es war ihm auch egal. Kurze Zeit später hatte er Vida von einem Tag zum anderen mit Shields’ Abrechnungen betraut. Anstatt Warren die Abrechnung nach einem Patientenbesuch selbst ausfüllen zu lassen, stellte Vida ihm eine Reihe von Fragen und kreuzte die entsprechenden Kästchen an. Ein vielbeschäftigter Arzt wie Shields hatte nicht die Zeit, sich mit den Details einer Stufe-Fünf-Diagnostik abzugeben.
    Innerhalb eines Monats hatte Warren Shields’ Einkommen sich fast verdoppelt.
    Dieser abrupte Anstieg mochte es gewesen sein, der dieAufmerksamkeit der Betrugsabteilung von Medicaid geweckt hatte. Doch Warren Shields besaß einen makellosen Ruf. Er war der Letzte, von dem man vermuten würde, dass er seine

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