12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)
Wollt ihr sie sehen?«
»Bitte, ja!«, riefen die Jungen im Chor.
»Dann los«, sagte Brett.
Er schlenderte mit den beiden Jungen und Toby voran, aber Annelise hielt mich am Arm fest, bis sie hinter dem Haus verschwunden waren.
»Mal im Ernst, Lori«, schalt sie. »Hast du nicht gemerkt, wie peinlich das Ganze dem armen Mann war? Du hast sogar auf ihn gezeigt!«
»Aber …«, begann ich.
»Kein Aber«, unterbrach Annelise mich streng. »Ab jetzt wird niemand mehr angestarrt. Und auch Kit Smith wird nicht mehr erwähnt. Der arme Kerl kann Kit nicht von einem Loch im Boden unterscheiden, also Schluss damit. Er wird denken, du hättest den Verstand verloren.«
Sie ließ meinen Arm los und folgte der Gruppe.
Ich dachte über die Szene nach und musste Annelise zustimmen. Sie hatte gut daran getan, mich zusammenzustauchen. Langsam ging ich ihr hinterher. Ich hatte weniger Brett als mich selbst in eine peinliche Lage gebracht. Kit Smith, dessen Manieren makellos waren, hätte sich für mich geschämt. Ich beschloss, ihn Brett gegenüber nicht mehr zu erwähnen.
Ein Holzzaun umgab die Reitkoppel. Brett und die Zwillinge standen in der Koppel, bei dem Schwingtor aus Metall. Dort warteten zwei Ponys. Annelise und Toby hatten sich auf die kleine Tribüne auf der anderen Seite der Koppel gesetzt, wo einige Pappeln Schatten spendeten.
Ein halbes Dutzend halbwüchsiger Jungs mit schmuddeligen Cowboyhüten auf dem Kopf hatten sich an den Zaun gestellt, um das Spektakel zu beobachten. Zweifellos hatte die Reitkleidung meiner Söhne sie angelockt. Ich drückte mich an ihnen vorbei und stellte mich wenige Schritte entfernt von Brett, den Zwillingen und den Ponys auf.
Brett hatte zwei Palomino-Ponys ausgesucht. Sie hießen Nip und Tuck und wirkten nicht allzu wild. Während Brett die Regeln der Reiterkoppel erklärte, begutachteten die Zwillinge ihre zukünftigen Reittiere mit fachmännischen Blicken.
»Am Anfang kommt einer nach dem anderen dran«, sagte Brett schließlich. »Und nicht losreiten, bevor ich es sage.«
Er zog Nips Sattelgurt fester an und half Rob in den Sattel. Dann justierte er die Zügel und wollte das Führungsseil ergreifen, um Nip um die Koppel zu führen, aber Rob protestierte.
»Ich weiß, wie das geht«, sagte er ungeduldig.
Brett warf mir einen fragenden Blick zu. Ich nickte bestätigend, und er ließ das Führseil los. Rob ließ Nip einmal im Schritt um den Ring gehen und ließ ihn dann die verschiedenen Gangarten zeigen, vom langsamen Schritt über den Trab bis zum leichten Galopp, bevor er ihn wieder in den Schritt brachte und genau neben Tuck stehen blieb. Will bedachte Brett mit einem Wir-haben’s-doch-gesagt-Blick, und ohne große Umschweife half Brett nun auch Will in den Sattel.
»Ihre Jungs sind sehr gut unterrichtet worden«, meinte Brett zu mir, nachdem er über den Zaun geklettert war. »Mein lange verloren geglaubter Zwillingsbruder muss ein guter Lehrer sein.«
Mein Gesicht nahm die Farbe einer Himbeere an.
»Du hast ’nen Zwillingsbruder, Brett?«, fragte einer der Zuschauer.
»So heißt es«, sagte Brett grinsend und stellte mich den jungen Männern vor. »Lori Shephard, das sind Dusty, Lefty, Happy, Sneezy, Dopey und Doc.«
Beinahe hätte ich »Guten Morgen« gesagt. Erst in letzter Sekunde wurde mir klar, dass ich hier auf den Arm genommen wurde, und ich verzog das Gesicht und stimmte in das allgemeine Gelächter ein. Nachdem die jugendlichen Helfer sich wieder eingekriegt hatten, stellten sie sich mir auf korrekte Weise vor und hießen mich auf der Brockman willkommen. Dann gingen sie zu Annelise hinüber. Ich fragte mich, ob sie den gleichen Trick noch einmal ausprobieren würden.
Annelise hatte die Videokamera, ich bediente den Fotoapparat. Während sie die Action filmte, machte ich Schnappschüsse von den Zwillingen. Schließlich stellte ich mich zu Brett und sah den Jungs bei ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung zu.
»Wie gefällt’s Ihnen da oben im Aerie?« Brett legte seine Arme auf den obersten Balken. »Macht Toby sich gut?«
»Toby ist großartig«, antwortete ich. »Er tut alles für uns. Wenn ich ihn nicht aufhalten würde, würde er neben allem anderen auch die Wäsche waschen und kochen. Und in das Aerie habe ich mich schon verliebt. Wenn es mir gehören würde und der Weg nicht so weit wäre, würde ich jedes Wochenende hier verbringen. Ich kann kaum glauben, dass es die Auerbachs seit Weihnachten nicht mehr genutzt haben.«
»Ich auch nicht.«
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