12 - Tod Bei Vollmond
Goll?« wollte Fidelma zunächst von ihm wissen.
»Dem alten Hügel da? Gutes Holz wächst dort, Eichen und Erlen.«
Fidelma lächelte. »So spricht ein Holzfäller. Sonst weißt du nichts?«
Goll zuckte mit der Schulter. »Früher, in alten Zeiten, so erzählt man, lebte eine Herde von Wildschweinen, angeführt von einem großen Eber, auf dem Hügel. Sie gehörten alle unserer irischen Göttin Brigid. Falls jemand eines der Tiere fing, tötete und aß, so erschien es trotzdem am nächsten Tag gesund und lebendig wieder dort. Daher rührt der Name des Hügels.«
»Das wissen wir schon«, murmelte Eadulf.
»Gehst du oft dorthin?« fragte Fidelma plötzlich.
Es war nicht zu übersehen, daß Goll nun errötete.
»Was meinst du damit?« entgegnete er.
»Ich dachte, du hättest mich verstanden.«
»Höchst selten.«
»Dann wollen wir mal genauer werden, Goll. Also war dein gestriger Ausflug auf den Hügel ungewöhnlich für dich. Stimmt das?«
Goll schwieg eine Weile. »Das war er wirklich.«
»Was hattest du dort zu tun?«
Als Goll immer noch zögerte, sagte Eadulf: »Es hat keinen Sinn, etwas zu verheimlichen. Ich habe dich dort gesehen, wie du jemanden beobachtet hast.«
»Hast du gesehen, wem ich gefolgt bin?«
»Ja.«
»Dann solltest du auch wissen, warum ich ihnen gefolgt bin.«
»Die Geschichte will ich aus deinem Munde hören, Goll«, sagte Fidelma kurz angebunden. »Ich will keine Zeit damit verschwenden, Namen zu erraten.«
»Aus welchem Grund sollte ich es getan haben, wenn nicht aus dem gleichen wie du, Schwester. Ich weiß, Lesrens Vorwürfe treffen auf meinen Sohn nicht zu. Doch Beccnat, Escrach und auch Ballgel sind tot. Da fiel mein Verdacht auf die Fremden, insbesondere auf deren Anführer. Ich weiß nicht, wie er heißt. Aber ich sah ihn nicht das erstemal über den Hügel schleichen. Je länger ich Broccs Erklärungen überdenke, desto sinnvoller erscheinen sie mir.«
»Willst du damit sagen, du machst die Fremden für die Morde an den drei Mädchen verantwortlich und bist gestern ihrem Anführer gefolgt, um Beweise dafür zu finden?«
»So ist es. Ich wußte, daß du diesen Gedanken verworfen hattest …«
»Da wußtest du mehr als ich«, entgegnete ihm Fidelma schnippisch. »Doch ich gehe nicht ohne Beweise vor. Brocc würde einen Menschen auch ohne Indizien vor Gericht stellen und verurteilen. Das entspricht aber nicht der Vorgehensweise eines Brehon.«
Goll beugte sich vor. »Richtig. Ich war auf Beweissuche.«
»Und hast du welche gefunden?«
Goll schüttelte zögernd den Kopf.
»Wie ich die Sache einschätze, bist du wohl eher deinem Sohn hinterhergeschlichen«, warf Eadulf ein.
»Gabrán war auch auf dem Hügel, das stimmt. Ich dachte, daß ihm der große Fremde folgte, doch der verschwand dann schnurstracks in einer Höhle.«
»Du bist also einfach dem Fremden hinterhergeschlichen in der Hoffnung, daß sich dir dadurch etwas offenbaren würde? Und was hast du herausgefunden?«
»Nur daß er mit Gobnuid etwas zu schaffen hat und sie beide an der alten Höhle interessiert sind, dem Zugang zu einer alten Bergmine, die schon vor langem stillgelegt wurde.«
Auf einmal stand Fidelma auf. »Vielen Dank, Goll. Doch in Zukunft überlaß die Spurensuche lieber uns.«
Fidelma beschloß, sofort zur Festung zurückzukehren, um zu erfahren, ob sich Accobrán schon gemeldet hatte.
Tatsächlich gab es Neuigkeiten. Als sie in den Hof einritten, rief ihnen einer der Krieger am Tor zu, daß Accobrán und seine Männer wieder da seien. Fidelma und Eadulf gingen sofort in die Halle des Fürsten.
Dort thronte Becc lächelnd auf seinem Amtssessel, während Accobrán ihm zur Seite saß und erzählte. Adag und ein paar andere Mitglieder des fürstlichen Gefolges waren auch anwesend. Als Fidelma und Eadulf eintraten, schauten alle auf. Accobrán strahlte sie an.
»Wie schön, dich gesund und munter zu sehen, Fidelma von Cashel. Wir hörten, daß du dich während des Überfalls in Suanachs Keller verborgen hast. Auf dem Rückweg haben wir dort nachgeschaut und dich nicht gefunden. Wir haben dann vermutet, daß du den Flammen entkommen bist. Gerade hat uns Becc von deiner Flucht berichtet.«
»Und Suanach? Ist sie in Sicherheit?« fragte Fidelma.
»Ja, sie ist mit Menma im forus tuaithe , wo man sich um sie kümmert.« Das forus tuaithe oder »Haus des Gebietes« war eine Einrichtung, in der man Alte, Kranke und Verletzte aufnahm und sie medizinisch betreute.
»Mach dir keine Sorgen,
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